Auf einem Rollwagen schiebt Dr. Heike Riedel die Archivschachtel mit dem kostbaren Buch aus dem gut gesicherten Magazin in den Lesesaal der Hofgartenbibliothek. Mit weißen Handschuhen hebt die Leiterin der Abteilung Historische Bestände das gewichtige Werk – jeder der drei Bände wiegt rund fünf Kilogramm und ist 54 mal 45 Zentimeter groß – vorsichtig aus der Schutzschachtel und legt es auf Keilen aus Schaumstoff ab. Oft wird das Eichstätter Exemplar des „Hortus Eystettensis“ aus konservatorischen Gründen nicht hervorgeholt. Es dürfte das wertvollste Buch im Bestand der Eichstätter Universitätsbibliothek sein. Vor einigen Jahren war eine ähnliche Original-Erstausgabe für umgerechnet 1,94 Millionen Euro bei einer Auktion von Christie's in London versteigert worden. Doch wie will man den Wert eines solchen historischen Schatzes überhaupt beziffern?
Fürstbischof Johann Konrad von Gemmingen hatte 1595 den Auftrag erteilt, die prächtigen Gärten auf den Bastionen der Willibaldsburg auszubauen. Die Aufgabe übernahm Anfang des 17. Jahrhunderts der Nürnberger Apotheker und Botaniker Basilius Besler. Neben der Umsetzung der Gartenanlage verfolgte Besler bald auch das Vorhaben, den „Hortus Eystettensis“ einem breiten Publikum durch eine Publikation bekannt zu machen. Mehrere Jahre dauerte die Arbeit, ehe das Werk 1613 – und somit erst nach dem Tod von Gemmingens – in Nürnberg erschien. Die Erstausgabe hatte den lateinischen Namen „Hortvs Eystettensis, Sive Diligens Et Accvrata Omnivm Plantarvm, Florvm, Stirpivm, Ex Variis Orbis Terrae Partibvs, Singvlari Stvdio Collectarvm Qvae In Celeberrimis Viridariis Arcem Episcopalem Ibidem Cingentibvs, Hoc Tempore Conspicivntvr Delineatio Et Ad Vivvm Repraesentatio“ (Der Garten von Eichstätt, oder sorgfältige und genaue Aufzeichnung und naturgetreue Darstellung aller jener mit einzigartigem Fleiß aus den verschiedenen Erdteilen zusammengetragenen Pflanzen, Blumen und Bäumen, die in den berühmten Gärten den Bischofssitz daselbst umgeben und dort betrachtet werden können).