Preis der Sparkasse Eichstätt

Preisträgerin 2016 Natalie Schlirf, Geschichte

Natalie Schlirf

Die späte Römische Republik gehört zu den turbulenteren Abschnitten der Antike, war sie doch geprägt von Krisen, Revolution und einer Transformation des politischen Systems. Diese Ausgangslage sorgt für Dynamik in der Forschung und ermöglicht zudem Blicke auf subtilere historische Prozesse – so beispielsweise auf die Rolle von Frauen im Politikbetrieb der Nobilität und den Usus, mittels geschickter Eheallianzen Politik zu machen.

Die im September 2016 eingereichte und nun prämierte Masterarbeit von Natalie Schlirf greift dies auf unter dem Titel: „Bella gerant alii, tu felix Roma nube! Eheallianzen als Mittel der politischen Kommunikation am Ausgang der Römischen Republik“.

Eine von der Forschung diskutierte These ist, dass sich, einhergehend mit den schnell wechselnden politischen Konstellationen der Bürgerkriegszeit, auch die Zahl von Ehescheidungen und erneuten Heiraten erhöhte.  Hier setzt Schlirfs Masterarbeit an, die das Umfeld der großen Politiker Sulla, Pompeius und Caesar in den Fokus nimmt. Durch eine detaillierte Analyse des politischen Beziehungsgeflechts der „strategischen“ Eheschließungen innerhalb der römischen Oberschicht, der Nobilität, konnten neue strukturelle Einblicke in diese Politikform hervorgebracht werden: Tatsächlich herrschte in der Antike ein konkreter Widerspruch zwischen der ehelichen Idealvorstellung des „Univirats“ und dem damit verbundenen traditionellen Bild der römischen Ehefrau auf der einen und der gelebten, parteipolitischen Realität auf der anderen Seite.

Die römische Elite hatte aufgrund des zunehmenden persönlichen Wettbewerbs und des Ringens um Vorherrschaft ein klares Bedürfnis, politische Allianzen über Heiratsverbindungen mit noblen Gattinnen nach außen zu kommunizieren. Für die Zeit rund um die Eheschließung lassen sich aus jenen Verbindungen temporäre, tagesaktuelle und durchaus konkrete politische Erkenntnisse und sogar Standpunkte ableiten. Aus den Ehen akquirierten Frauen nobler Familien Betätigungsfelder für die politischen Akteure und in Einzelfällen konnten gar damit verbundene Wechsel politischer Lager nachgewiesen werden.

Der Umgang mit den Frauen, die bei aller zur Schau getragenen Wertschätzung letztlich Objekte maskuliner Akteure und somit politisches Werkzeug waren, ist es, der diese Geschehnisse für die Forschung so spannend macht. Durch die Eheallianzen werden politische Positionen manifestiert und auch für die Nachwelt dokumentiert. Wie eine Gesellschaft strukturell mit einzelnen Gruppen verfährt, sagt grundsätzlich viel über die soziopolitische Verfasstheit eben jener aus. Dies gilt besonders, wenn in einer Art Dichotomie zwei quantitativ etwa gleichstarke Gruppen keineswegs qualitativ gleichwertig in dieser Gesellschaft agieren können.

Die prämierte Arbeit konnte exemplarisch zeigen, wie in der turbulenten ausgehenden Römischen Republik Frauen der Oberschicht im öffentlichen Diskurs als Matronen überhöht wurden, in der realpolitischen Praxis aber letztlich nur eines waren: Humankapital ihrer mächtigen Familien.

Natalie Schlirf wurde 1991 in Ingolstadt geboren. Nach ihrem interdisziplinären Bachelorstudium der Geschichtswissenschaft an der KU folgte der Master mit den Fächern Alte Geschichte und Geschichtsdidaktik, den sie im September 2016 sehr erfolgreich abschloss. 

Neben dem Studium war Natalie Schlirf unter anderem als Museumspädagogin im Stadtmuseum Ingolstadt tätig und absolvierte Praktika bei der Archäologischen Staatssammlung und dem August Dreesbach Verlag in München. Im Rahmen der Bayerischen Landesausstellung 2015 „Napoleon und Bayern“ nahm sie einen Werkvertrag im Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg wahr.

Seit 2015 ist die Preisträgerin als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Alte Geschichte der KU tätig. In dieser Funktion bietet sie ein Tutorium für Erstsemester an und unterstützt die redaktionellen Arbeiten an der historischen Fachzeitschrift „Orbis Terrarum“. Aktuell hat Natalie Schlirf ein Promotionsvorhaben zur antiken Außenpolitik aufgenommen.