Logo von Better care und Hände, die eine Pyramide aufspannen

Gestufte Versorgungsansätze

Betontreppe vor blauem Himmel
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Gestufte Versorgungsansätze (engl. „stepped care“) sind Versorgungssysteme, in denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedliche Behandlungsangebote erhalten – abhängig von der Schwere ihrer Symptome. Die Idee hinter gestufter Versorgung: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die Behandlung, die entsprechend ihrer Symptome am besten zu ihnen passen. Gleichzeitig sind gestufte Versorgungsansätze dabei in der Regel ressourcensparend und haben sich für unterschiedliche Störungsbilder als gut umsetzbare Alternativen herausgestellt.

Hände, die eine Pyramide aufspannen
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Unseren gestuften Versorgungsansatz für unbegleitete junge Geflüchtete mit psychischen Problemen nennen wir „BETTER CARE“. BETTER CARE besteht aus folgenden Stufen:

  1. Screening. Zunächst erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Diagnostik hinsichtlich psychischer Probleme und aktueller Lebensqualität. Je nach Behandlungsbedarf, der sich aus der Diagnostik ergibt, erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine entsprechende Behandlungsempfehlung.
  2. Prävention. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit milden bis moderaten psychischen Symptomen haben wir das Gruppen-Präventionsprogramm „Mein Weg“ entwickelt und implementiert.
  3. Psychotherapie. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die klinisch auffällige psychische Symptome zeigen, bieten wir die Einzeltherapie „Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie“ (TF-KVT) an.

Screening

Screening

Zwei Hände, die ein Tablet bedienen.
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Ein Screening stellt ein ökonomisches Diagnoseinstrument dar, das unkompliziert Anhaltspunkte zu einem psychotherapeutischen Behandlungsbedarf geben kann. Das Ergebnis eines Screenings kann zum Beispiel angeben, ob eine Psychotherapie notwendig ist.

Im Projekt BETTER CARE werden eine Reihe von Fragebögen verwendet, die feststellen sollen, zu welchem Grad posttraumatische Stresssymptome, Depressivität, Angstsymptome und Substanzgebrauch vorliegen, sowie Fragebögen, die die Lebensqualität und die allgemeine Gesundheit erfassen sollen. Im Anschluss erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Jugendhilfeeinrichtungen eine Rückmeldung, ob Behandlungsbedarf besteht.

Die Fragebögen werden in den zehn Sprachen, die unter den jungen Geflüchteten in Deutschland am meisten gesprochen werden, über Tablets angeboten. Es handelt sich um Fragebögen, die sich größtenteils bereits in der Arbeit mit jungen Geflüchteten bewährt haben. Zudem bieten wir unsere Screening-Fragebögen in unterschiedlichen Sprachen zum kostenfreien Download und zur freien Verwendung an.

Mein Weg

Das Programm "Mein Weg"

Hand die einen kleinen Globus hält
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Die Trauma-fokussierte pädagogische Gruppenprävention „Mein Weg“ für junge Geflüchtete gibt pädagogischen Fachkräften die Möglichkeit, jungen Geflüchteten bei der Verarbeitung ihrer traumatischen Erfahrungen zu helfen und sie im Umgang mit Alltagsbelastungen zu unterstützen. Die Prävention wurde von erfahrenen Forschern und Klinikern der Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie (KJPP) Ulm in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Jugendhilfe Anfang 2016 entwickelt. Die Inhalte wurden von evidenzbasierten Traumatherapien abgeleitet und sowohl an die Zielgruppe als auch an das Jugendhilfesetting sprachlich und inhaltlich angepasst.

Manual von "Mein Weg"

Hauptkomponenten umfassen Psychoedukation, Relaxation, Traumanarrativ (Exposition mit den Erlebnissen) und kognitive Umstrukturierung. In mehreren wissenschaftlichen Studien konnte bereits gezeigt werden, dass die Teilnahme an der Prävention bei jungen Geflüchteten zu einer Reduktion von psychischen Symptomen (posttraumatische Stresssymptome und Depression) führt. Nicht zuletzt durch eine Förderung der „World Childhood Foundation“ der Königin Silvia von Schweden wurden in insgesamt zweieinhalb Jahren im „Mein Weg“-Forschungsprojekt mehr als 350 junge Geflüchtete in Jugendhilfeeinrichtungen und Schulen auf ihre psychische Belastung hin untersucht. Über 150 Jugendliche haben an der Prävention teilgenommen, über 40 Gruppen wurden durchgeführt und mehr als 80 pädagogische Fachkräfte geschult. Die pädagogischen Fachkräfte berichten durch Schulung und Supervision zu „Mein Weg“ von einem erhöhten Fachwissen und einer höheren Selbstwirksamkeit im Umgang mit den Jugendlichen.

Ablauf

Menschen im Stuhlkreis
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Die Gruppenprävention umfasst 6-8 Gruppenstunden, die einmal pro Woche in der Jugendhilfe oder in Schulen stattfinden und 90 Minuten dauern. Es wird eine Gruppengröße von 3-5 Jugendlichen empfohlen. Angeleitet werden die Gruppen von einem Team aus zwei geschulten pädagogischen Fachkräften in der jeweiligen Einrichtung. Diese erhalten über die gesamte Durchführungsdauer eine engmaschige wöchentliche Supervision durch erfahrene Traumatherapeuteninnen und Traumatherapeuten der KJPP Ulm.

TF-KVT

Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie

Hand die vor blauem Himmel eine Glühbirne hält
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Die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) ist das weltweit am besten untersuchte Therapieverfahren für Kinder und Jugendliche mit posttraumatischen Stresssymptomen. Sie wurde mit Kindern und Jugendlichen von 3 bis 20 Jahren und in zahlreichen Ländern untersucht (u.a. Deutschland, USA, Kambodscha oder Sambia). Die TF-KVT ist eine Einzeltherapie und setzt einen Schwerpunkt auf eine intensive Bezugspersonenarbeit, so dass neben Sitzungen mit dem Kind oder Jugendlichen auch Sitzungen mit einer vertrauten erwachsenen Person (Eltern, Betreuerinnen und Betreuer) stattfinden.

Ein Therpeut, der einen Patienten interviewt
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Deshalb ist die TF-KVT gut geeignet für die Arbeit mit jungen Geflüchteten:

  • Sie ist kultursensibel und flexibel anwendbar.
  • Das sprachliche Niveau kann angepasst oder Dolmetscherinnen und Dolmetscher hinzugezogen werden.
  • Die TF-KVT ist ressourcenorientiert und fördert das soziale Netz der unbegleiteten Geflüchteten (Bezugspersonen).
  • Sie hat eine kurze Therapiedauer mit 15 bis 20 Doppelsitzungen (ca. ein halbes Jahr).
  • Die TF-KVT zeigte bereits sehr vielversprechende Befunde in Vorstudien mit jungen Geflüchteten.

Ablauf

Logo TV-KVT

Interessierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können unter https://tfkvt.ku.de ein Online Lerntraining zur TF-KVT absolvieren. Schritt für Schritt können Sie die TF-KVT mithilfe von Beschreibungen und Videos kennenlernen. Zusätzlich sind Arbeitsblätter und weitere hilfreiche Materialien zum Download verfügbar. Hier erfahren Sie, wie Sie bei BETTER CARE teilnehmen können. Falls Sie an unserem Projekt teilnehmen, werden Sie im Laufe des Projekts dazu aufgefordert, das Training durchzuführen. Bitte warten Sie mit der Durchführung bis dahin, falls Sie bei BETTER CARE teilnehmen möchten.