BESTFORCAN - Verbesserung der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen nach Gewalterfahrungen

Projekthintergrund

Kinder und Jugendliche, die körperliche oder sexuelle Gewalt oder Vernachlässigung erfahren haben, sind einem hohen Risiko für psychische Belastungen ausgesetzt. Wissenschaftlich fundierte Therapieansätze wie die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) können dabei helfen, diese Traumafolgestörungen wirksam zu behandeln. Dennoch erhalten in Deutschland bislang nur wenige betroffene Kinder und Jugendliche Zugang zu dieser spezialisierten Therapieform. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt BESTFORCAN („Bringing empirically supported treatments for child abuse and neglect“) hatte das Ziel, diese Versorgungslücke zu schließen und betroffenen Familien flächendeckend eine evidenzbasierte psychotherapeutische Behandlung zugänglich zu machen

 

Projektbeschreibung

Im Rahmen von BESTFORCAN wurden Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen sowie Therapeutinnen in Ausbildung kostenfrei in traumafokussierter kognitiver Verhaltenstherapie (TF-KVT) fortgebildet und wissenschaftlich begleitet. Das Angebot richtete sich speziell an traumatisierte Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 21 Jahren. Zusätzlich wurde ein regionales Hilfenetzwerk aufgebaut, das Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe sowie Kinderärzte und Kinderärztinnen einbezog. Diese erhielten Schulungen, um Traumafolgestörungen frühzeitig zu erkennen und Betroffene gezielt an therapeutische Angebote weiterzuleiten. Durch diese enge Verzahnung von Therapie, medizinischer Versorgung und Jugendhilfe sollte die psychotherapeutische Unterstützung für traumatisierte Kinder und Jugendliche nachhaltig verbessert werden. Genauere Informationen zum Ablauf der Studie finden Sie im Studienprotokoll und dem Update des Studienprotokolls.

Im Rahmen von BESTFORCAN entstanden zwei weitere Projekte:

  • Der StAR Online-Kurs wurde von Psychologinnen und Psychotherapeuten für Jugendliche und junge Erwachsene entwickelt, die eine extrem belastende Erfahrung gemacht haben und nun im Alltag damit zurechtkommen müssen.
  • Die Website Leben ohne Traumafolgen richtet sich speziell an Kinder und Jugendliche mit Gewalterfahrungen und bietet Betroffenen Videos mit hilfreichen Informationen rund um das Thema Trauma.

 

Projektergebnisse von BESTFORCAN

Rekrutierungszahlen der Patientinnen und Patienten

Rekrutierungszahlen der Therapeuten und Therapeutinnen

Therapeut:innen: 237

Anzahl Screenings

Insgesamt 775 Screenings durchgeführt; davon 500 Screenings von Therapeut*innen und über 200 Screenings von der Jugendhilfe.

Veröffentlichungen aus BESTFORCAN

Kulturübergreifende Anpassung und psychometrische Untersuchung der deutschen Version der Evidence-Based Practice Attitude Scale (EBPAS-36D) (Szota et al., 2021)

  • Hintergrund:
    Die Umsetzung evidenzbasierter Praxis (EBP) in der psychischen Gesundheitsversorgung bringt zahlreiche Vorteile für Patient:innen mit sich. Ein entscheidender Einflussfaktor für die Implementierung ist die Einstellung der Behandelnden gegenüber EBP. Das Evidence-Based Practice Attitude Scale (EBPAS-36) ist ein etabliertes Instrument zur Erfassung solcher Einstellungen – bislang jedoch nicht in deutscher Sprache verfügbar.
  • Zielsetzung:
    Ziel der Studie war die Übersetzung und Validierung einer deutschsprachigen Version des EBPAS-36, um die Einstellung deutschsprachiger Psychotherapeut*innen gegenüber EBP valide erfassen zu können.
  • Methode:
    Das EBPAS-36 wurde nach internationalen Standards übersetzt und rückübersetzt. N = 599 deutsche Psychotherapeut:innen nahmen an einer Online-Befragung teil, in der sie demografische sowie berufliche Angaben machten und neben dem EBPAS-36 auch die Implementation Climate Scale (ICS) und die Intention Scale for Providers (ISP) ausfüllten. Es wurden Item- und Reliabilitätsanalysen, exploratorische (EFA) und konfirmatorische Faktorenanalysen (CFA) sowie Korrelationsanalysen durchgeführt.
  • Ergebnisse:
    Die Itemanalysen zeigten gute psychometrische Eigenschaften (mittlere Itemschwierigkeit pᵢ = .64; mittlere Item-Interkorrelation r = .18; mittlere Trennschärfe rᵢₜc = .40). Die interne Konsistenz war für den Gesamtscore sehr gut (α = .89) und für die Subskalen ausreichend bis sehr gut (α = .65–.89). Die ursprüngliche 12-Faktoren-Struktur zeigte akzeptablen Modellfit, während eine aus der EFA abgeleitete Zweitordnungsstruktur einen noch besseren Modellfit aufwies. In einer hierarchischen Regressionsanalyse sagte das EBPAS-36 die Intention zur Nutzung von EBP signifikant vorher (ΔR² = .28, p < .001), auch über demografische Variablen hinaus.
  • Schlussfolgerung:
    Die Studie bestätigt die guten psychometrischen Eigenschaften und die Validität der deutschsprachigen Version des EBPAS-36 bei Psychotherapeut:innen. Das Instrument stellt somit ein verlässliches Messinstrument zur Erfassung von Einstellungen gegenüber evidenzbasierter Praxis im deutschsprachigen Raum dar.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1186/s12961-021-00736-8

Gewalterfahrungen und Traumafolgestörungen bei Kindern und Jugendlichen (Christiansen & Barke, 2021)

  • Hintergrund:
    Ein erheblicher Teil der Kinder und Jugendlichen ist in der Kindheit und Jugend von Gewalt betroffen, was ein schwerwiegendes Unrecht darstellt. Solche Gewalterfahrungen können langfristige und gravierende psychische Folgen, insbesondere eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), nach sich ziehen.
  • Zielsetzung:
    Der Themenschwerpunkt beleuchtet aktuelle Forschung zu diagnostischen und störungsspezifischen Grundlagen der PTBS bei Kindern und Jugendlichen, die Umsetzung von Behandlungsleitlinien in der Routineversorgung sowie die Einstellungen von Behandler*innen gegenüber der Traumabehandlung.
  • Methode:
    Im Rahmen dieses Überblicks werden verschiedene Forschungsarbeiten zu Diagnostik, Leitlinien, Versorgungspraxis und professionellen Einstellungen vorgestellt und diskutiert. Ziel ist es, bestehende Defizite und Verbesserungspotenziale in der Versorgung aufzuzeigen.
  • Ergebnisse:
    Die aktuelle Versorgung wird den komplexen Anforderungen nur unzureichend gerecht. Kinder und Jugendliche mit traumatischen Erfahrungen werden häufig nicht frühzeitig erkannt, und ihnen stehen nicht immer wirksame und schnell zugängliche Behandlungsangebote zur Verfügung. Zudem zeigen sich strukturelle Hürden in der Umsetzung der Leitlinien und in der alltäglichen Versorgungspraxis.
  • Schlussfolgerung:
    Zur Verbesserung der Situation bedarf es einer besseren Identifikation gefährdeter Kinder und Jugendlicher, der Bereitstellung wirksamer, niedrigschwelliger Behandlungsangebote sowie der Möglichkeit für junge Betroffene, diese selbstbestimmt und unkompliziert in Anspruch zu nehmen. Entscheidend ist zudem eine enge Zusammenarbeit mit Familien und allen beteiligten Hilfesystemen.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1026/0942-5403/a000341

Wie stehen approbierte Psychotherapeut:innen in Deutschland zur Behandlung von Patient:innen mit posttraumatischen Belastungssymptomen? – Eine experimentelle Studie anhand von Fallvignetten (Gossmann et al., 2021)

  • Hintergrund: Frühere Forschungsergebnisse zeigen, dass nicht alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit einer PTBS (posttraumatischen Belastungsstörung) eine Psychotherapie erhalten – und wenn doch, wird das Trauma nicht immer berücksichtigt. Ein möglicher Grund für diese Unterversorgung könnte eine begrenzte Bereitschaft approbierter Psychotherapeut:innen (LPTs – Licensed Psychotherapists) sein, Patient:innen mit Traumaerfahrungen und PTBS-Symptomen zu behandeln.
  • Ziel: Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen der Behandlungsbereitschaft von LPTs gegenüber Patient:innen mit PTBS-Symptomen und verschiedenen Merkmalen der Patient:innen sowie der Therapeut:innen, zu untersuchen
  • Methode: Mittels Fallvignetten wurde die Behandlungsbereitschaft von LPTs in einer deutschlandweiten Online-Umfrage erfasst (N = 768). Die Vignetten beschrieben Patient:innen mit PTBS und wurden an die jeweils vorwiegend behandelte Altersgruppe der Therapeut:innen angepasst (Kinder/Jugendliche vs. Erwachsene). In den sonst identischen Vignetten wurden das Geschlecht der Patient:innen (weiblich vs. männlich) und die Symptomatik (internalisierend vs. externalisierend) zufällig variiert. Die Behandlungsbereitschaft wurde über Bewertungsskalen erfasst. Zudem wurden Merkmale der Therapeut:innen wie Alter, traumaspezifische Weiterbildung, wahrgenommene Ängste/Zweifel sowie objektive Barrieren bei der Behandlung erhoben.
  • Ergebnisse: Die Merkmale der Patient:innen hatten keinen Einfluss auf die Behandlungsbereitschaft der LPTs. Hingegen zeigten LPTs, die hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiteten, sowie solche mit abgeschlossener traumaspezifischer Weiterbildung eine höhere Bereitschaft, die beschriebenen Patient:innen zu behandeln
  • Schlussfolgerungen: Für die Behandlungsbereitschaft von Therapeut:innen gegenüber Patient:innen mit PTBS-Symptomen spielen die Eigenschaften der Therapeut:innen eine größere Rolle als patientenbezogene Merkmale wie Alter oder Art der Symptomatik

 Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1080/20008198.2021.1995265

Berufliche Involviertheit und Arbeitszufriedenheit von Psychotherapeut:innen – Eine deutschlandweite Online-Umfrage unter psychotherapeutischen Fachkräften in Deutschland (Gossmann et al., 2022)

  • Hintergrund:
    Die berufliche Involviertheit und Arbeitszufriedenheit von Psychotherapeut:innen sind zentrale Aspekte für die Qualität der psychotherapeutischen Versorgung. Es besteht jedoch noch Forschungsbedarf hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen individuellen Therapeutinnenmerkmalen und diesen berufsbezogenen Faktoren.
  • Zielsetzung:
    Ziel der Studie war es, Merkmale von Psychotherapeut*innen zu identifizieren, die mit ihrer beruflichen Involviertheit und Arbeitszufriedenheit zusammenhängen.
  • Methode:
    An einer deutschlandweiten Online-Umfrage nahmen insgesamt N = 1358 Psychotherapeut:innen mit unterschiedlichen Ausbildungsständen teil. Die berufliche Involviertheit wurde mithilfe der Therapist Work Involvement Scale (TWIS) erfasst, differenziert nach Healing Involvement (HI), Stressful Involvement (SI) sowie Arbeitszufriedenheit (WS). Auf Basis von HI und SI wurden unterschiedliche Praxismuster gebildet.
  • Ergebnisse:
    Die Werte für HI und WS waren hoch, während SI niedrig ausfiel. Der Anteil an effektiven Praxismustern war höher und der Anteil an herausfordernden Mustern niedriger als in früheren Studien. HI, SI und WS zeigten Zusammenhänge mit Alter und Geschlecht: Männer und jüngere Teilnehmende berichteten mehr SI, aber weniger HI und WS. Psychodynamisch arbeitende Therapeut:innen wiesen mehr SI und WS auf. Die Anzahl der wöchentlichen Therapiesitzungen stand in Zusammenhang mit allen drei Dimensionen (HI, SI, WS). Zudem korrelierte HI positiv mit WS und negativ mit SI, während SI und WS negativ miteinander zusammenhingen.
  • Schlussfolgerung:
    Die Ergebnisse zeigen, dass bestimmte Therapeut:innenmerkmale die berufliche Involviertheit und Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Trainings- und Unterstützungsmaßnahmen sollten daher stärker individualisiert werden, um HI und WS zu fördern sowie SI zu verringern. Es besteht die Vermutung, dass Veränderungen in der psychotherapeutischen Ausbildung in den letzten Jahrzehnten bereits zu günstigeren Praxismustern beigetragen haben könnten.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1002/cpp.2772

Wie denken Psychotherapeut:innen in Deutschland über die Durchführung von Traumatherapie? (Gossmann et al., 2023)

  • Hintergrund:
    In der psychotherapeutischen Praxis besteht eine mangelhafte Umsetzung traumafokussierter Behandlungsrationalen. Ein möglicher Grund dafür könnte in der Einstellung der Behandelnden zur Durchführung von Traumatherapie liegen. Diese Studie untersucht daher die Einstellung von Psychotherapeut:innen und berücksichtigt mögliche Einflussfaktoren wie persönliche und berufliche Charakteristika.
  • Zielsetzung:
    Ziel ist es, die Einstellung gegenüber traumafokussierter Psychotherapie zu erfassen und den Einfluss therapeut*innenspezifischer Merkmale zu untersuchen.
  • Methode:
    Daten von 1326 approbierten oder sich in Ausbildung befindenden Psychotherapeut*innen aus Deutschland wurden im Rahmen einer Online-Umfrage analysiert. Erfasst wurden Fachrichtungen, Behandlungsschwerpunkte (Kinder und Jugendliche vs. Erwachsene) sowie die Einstellung gegenüber Traumatherapie mittels vier visuellen Analogskalen (Behandlungsbereitschaft, Kompetenzerleben, Befürchtungen, Wahrscheinlichkeit einer baldigen Durchführung).
  • Ergebnisse:
    Insgesamt wurde eine positive Einstellung gegenüber der Durchführung von Traumatherapie festgestellt. Einflussreiche Faktoren waren die Anzahl wöchentlicher Therapien, der Ausbildungsstatus, die Fachrichtung und vorhandene traumafokussierte Zusatzqualifikationen.
  • Schlussfolgerung:
    Die durchführungsbezogene Einstellung zu Traumatherapie hängt signifikant mit bestimmten Therapeut:innencharakteristika zusammen. Besonders hervorzuheben ist der Zusammenhang mit traumafokussierter Zusatzqualifikation. Dies unterstreicht die Bedeutung weiterer Forschung zu kausalen Zusammenhängen sowie die Relevanz von Disseminationsprojekten zur Förderung traumafokussierter Therapie.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1007/s00278-023-00689-z

Wie hängt Burnout mit täglichem arbeitsbezogenem Grübeln und dem Wohlbefinden von Psychotherapeut:innen zusammen? Eine Tagebuchstudie unter psychotherapeutisch tätigen Fachkräften (Gossmann, Rosner, et al., 2023)

  • Hintergrund:
    Burnout ist ein bedeutendes Risiko für Psychotherapeut:innen. Arbeitsbezogenes Grübeln (Work-Related Rumination, WRR) gilt als relevanter Risikofaktor für vermindertes Wohlbefinden, wurde aber bisher nicht in einem tagesbasierten Design in dieser Berufsgruppe untersucht.
  • Zielsetzung:
    Ziel der Studie war es, erstmals mithilfe eines Tagebuchdesigns den Zusammenhang zwischen täglichem arbeitsbezogenem Grübeln, täglichem Wohlbefinden und Burnoutsymptomen bei psychotherapeutisch tätigen Personen zu untersuchen.
  • Methode:
    An der Studie nahmen N = 58 Psychotherapeut:innen teil. Über einen Zeitraum von vier Wochen erhielten sie an Werktagen abends eine Abfrage zu ihrem täglichen WRR und Wohlbefinden. Burnoutsymptome wurden vor und nach dem Tagebuchzeitraum mittels Maslach Burnout Inventory (MBI) erhoben, das drei Subskalen umfasst: emotionale Erschöpfung (EE), Depersonalisation (DP) und persönliche Leistungsfähigkeit (PA). Es wurden zwei Hauptanalysen durchgeführt: (1) Hierarchische Modelle mit zufälligen Interzepten und Steigungen zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen täglichem WRR und Wohlbefinden sowie zwischen prä-Burnout und täglichem WRR/Mood. (2) Lineare Regressionsanalysen zur Vorhersage der post-MBI-Werte durch tägliche Tagebuchvariablen.
  • Ergebnisse:
    Die Teilnahmequote betrug 76,8 %. Tägliches WRR und prä-assessierte EE waren mit reduziertem täglichen Wohlbefinden (schlechtere Stimmung, erhöhte Nervosität und Müdigkeit nach der Arbeit) verbunden. Tägliche Müdigkeit und Nervosität zeigten zudem unterschiedliche Beiträge zur Vorhersage von post-Burnout-Werten.
  • Schlussfolgerung:
    Die Ergebnisse zeigen, dass tägliches Grübeln und emotionale Erschöpfung mit einem verminderten täglichen Wohlbefinden bei Psychotherapeut:innen einhergehen. Zudem bestätigt die Studie die Machbarkeit des Tagebuchdesigns und der ökologischen Momentaufnahme (EMA) in dieser Berufsgruppe. Die Teilnahmequote war mit anderen EMA-Studien vergleichbar, was auf die praktische Umsetzbarkeit solcher Verfahren im psychotherapeutischen Alltag hinweist.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.3389/fpsyt.2022.1003171


Klima für die Implementierung evidenzbasierter psychischer Gesundheitsversorgung in Deutschland: Psychometrische Untersuchung der Implementation Climate Scale (ICS) (Szota et al., 2023)

  • Hintergrund:
    Das organisationale Implementierungsklima ist ein zentrales Konstrukt in der Implementierungsforschung. Es beschreibt, inwieweit die Umsetzung evidenzbasierter Praxis (EBP) in einer Organisation erwartet, unterstützt und belohnt wird. Die Berücksichtigung dieses Klimas kann helfen, die Kluft zwischen Forschung und Praxis zu überbrücken. Die Implementation Climate Scale (ICS) ist ein psychometrisch fundiertes Instrument zur Erfassung der Wahrnehmung dieses Klimas durch Mitarbeitende.
  • Zielsetzung:
    Ziel der vorliegenden Querschnittsstudie war es, eine deutsche Version der ICS zu erstellen und ihre psychometrischen Eigenschaften zu untersuchen.
  • Methode:
    Die Übersetzung der ICS erfolgte nach etablierten Standards für psychometrische Instrumente. Insgesamt N = 425 deutsche Psychotherapeut:innen nahmen online teil und füllten neben der ICS auch die Evidence Based Practice Attitude Scale (EBPAS-36D) und die Intention Scale for Providers (ISP) aus. Es wurden Item- und Reliabilitätsanalysen durchgeführt. Die faktorenanalytische Validität wurde mithilfe mehrerer Modelle geprüft: ICM-CFA, Bifaktor-CFA, Second-order-CFA sowie (Bifaktor-)ESEM. Zusätzlich wurde die Messinvarianz über Geschlecht und Approbationsstatus hinweg getestet sowie konvergente Validität mittels Korrelation mit der ISP-Subskala „subjektive Norm“ (ISP-D-SN) analysiert.
  • Ergebnisse:
    Die mittlere Itemschwierigkeit lag bei pᵢ = .47, die mittlere Item-Interkorrelation bei r = .34 und die mittlere Trennschärfe bei rᵢₜc = .55. Die interne Konsistenz war für die Gesamtskala sehr hoch (ω = .91) und für die Subskalen akzeptabel bis hoch (ω = .79–.92). Die Modellfit-Indizes für alle getesteten Strukturen waren vergleichbar und akzeptabel (z. B. Second-order CFA: RMSEA = .077, SRMR = .078, CFI = .93). Die Messinvarianz war über Geschlecht und Approbationsstatus gegeben. Psychotherapeutinnen in Ausbildung berichteten signifikant mehr wahrgenommene Bildungsunterstützung für EBP als approbierte Kolleg:innen (T = 2.09, p = .037, d = 0.25). Die erwartete hohe Korrelation zwischen ICS und ISP-D-SN wurde bestätigt (r = .59, p < .001).
  • Schlussfolgerung:
    Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsche Version der ICS gute psychometrische Eigenschaften aufweist, einschließlich guter Reliabilität, faktorieller und konvergenter Validität. Sie eignet sich damit als valides Instrument zur Erfassung des Implementierungsklimas in psychotherapeutischen Kontexten im deutschsprachigen Raum.

Vollständiger Artikel unter: doi.org/10.1038/s41598-023-32282-4

Projektleitung und Verbundpartner

Projektleitung

Apl. Prof. Dr. Regina Steil, Prof. Dr. Hanna Christiansen, Prof. Dr. Rita Rosner, Prof. Dr. Anna-Carlotta Zarski und Prof. Dr. David Daniel Ebert 

Verbundpartner

Die regionalen Zentren von BESTFORCAN befinden sich bereits in vielen Regionen innerhalb Deutschlands. Insgesamt werden unsere Standorte über drei Studienzentren koordiniert. Bei Fragen zu unserem Angebot wenden Sie sich gerne an unser Team von Psychologinnen und Psychologen in einem unserer Zentren. Diese informieren Sie gerne über unser Projekt!

Hier geht es zu unseren Ansprechpartnern in...

 

... Frankfurt (zuständig vor allem für niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten): Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt am Main

... Marburg (zuständig vor allem für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung): Kinder- und Jugendlichen Institut für Psychotherapie-Ausbildung (KJ-PAM) an der Philipps-Universität Marburg

... Eichstätt-Ingolstadt (zuständig vor allem für Supervisorinnen und Supervisoren): Psychotherapeutische Hochschulambulanz an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt 

... München  (zuständig für das Datenmanagement, die Internetbasierte Therapie sowie die technische Ausstattung im Rahmen des Projekts): Arbeitsgruppe der Universität München