MONDAU: Teilprojekt Fluviale Morphodynamik

Teilprojekt II der MONDAU- AG: Fluviale Morphodynamik, Bodenfeuchte und Grundwasser

Beteiligte Wissenschaftler: Dr. Peter Fischer & Prof. Dr. Bernd Cyffka

Fuviale Morphodynamik
Nur noch zu Zweit und mit Verlängerungsstange waren die Geschiebemessungen während der Spitzenabflüsse am 25.1.12 noch möglich. Wie viel Material an der Flusssohle transportiert wurde, werden die Auswertungen im Labor zeigen. Foto: Fischer (2012)

Zusammenfassung

Auen sind durch wechselnde Wasserstände und Abflüsse charakterisiert. Um die Wiedervernetzung von Fluss und Aue herzustellen, werden heute in vielen Renaturierungsprojekten alte Flussschlingen revitalisiert und/oder neue Umgehungsbäche angelegt. Dadurch ändern sich die vorherrschenden hydrologischen Bedingungen und auch Erosions- und Sedimentationsbereiche werden verlegt oder bilden sich neu aus. Die kontrollierte Einleitung des Wassers (in Zeit und Menge), in die oft noch instabilen Gerinnestrukturen eines neu angelegten Umgehungsgewässers ist als spannendes Freilandexperiment unter naturnahen Bedingungen zu verstehen. Über den in diesem Renaturierungsprojekt angewendeten Methodenmix werden möglichst viele Interaktionen und Auswirkungen eines permanenten Umgehungsgewässers und der ökologischen Flutungen erfasst. Die Analyse und Interpretation der gewonnenen Daten soll Wechselbeziehungen zwischen Abfluss und Morphologie herausstellen und die eigendynamische Entwicklung eines naturnahen Fließgewässers sowie den Renaturierungserfolg aus hydrogeomorphologischer Sicht beleuchten.

Einleitung

Untersuchungen zur fluvialen Morphodynamik und zu Sedimentationsvorgängen kommt hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das Auenökosystem eine besondere Bedeutung zu. Sie beeinflussen den ökologischen und auch qualitativen Zustand von Gewässern maßgeblich mit. So ist für eine ökologische Verbesserung einer Flusslandschaft auch ein ganzheitliches Management nötig, welches die hydrogeomorphologischen Prozesse mit berücksichtigt. Im Grunde ist die erfolgreiche Wiederherstellung naturähnlicher hydrogeomorphologischen Prozesse ein unabdingbares Desiderat (vgl. EU-WRRL) für viele Renaturierungsmaßnahmen.

Im Rahmen des E+E-Begleitvorhabens „Monitoring Auenökologischer Prozesse und Steuerung von Dynamisierungsmaßnahmen“ arbeiten seit 2009 acht Arbeitsgruppen (Teilprojekte) aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen. Neben hydrologischen und hydromorphologischen Prozessen, die Schwerpunkt des hier vorgestellten Beitrages sind, werden auch die Veränderungen der Vegetation sowie der Fauna beobachtet und analysiert. Ziel des Projektes ist es, die dynamischen Prozesse zur Förderung auentypischer Arten im bestehenden Auwald zu unterstützen oder ggf. neu anzuregen. Des Weiteren sollen Hinweise und Empfehlungen zur Steuerung der Ausleitung von Wassermenge und -dauer erarbeitet werden. Die Ausleitungsmenge entspricht dem Durchfluss des neuen Umgehungsgewässers und ist maßgeblich für die hydrologischen und morphologischen Prozesse verantwortlich. Daher kann sie als Motor im Auenökosystem betrachtet werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Basis für künftige Projekte an stauregulierten Flüssen landes- und europaweit zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt wird durch das Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.

Untersuchungsgebiet und Revitalisierungsmaßnahmen

Das Projektgebiet liegt an der bayerischen Donau zwischen Flusskilometer 2471 und 2465. Hier hat sich einer der größten zusammenhängenden Hartholz-Auwälder Mitteleuropas erhalten. Die Aue ist allerdings durch die Flussbegradigungen während des 19. Jh. und den Bau zweier Staustufen in den 70er Jahren weitgehend von der hydrologischen Dynamik des Stroms abgekoppelt, was eine Eigenentwicklung des Systems behindert oder maßgeblich einschränkt.

Durch diese Korrekturen wurden die Auen von ihren Lebensadern getrennt; mit weitreichenden Folgen. Die dadurch entstandene oft monotone Gewässerstruktur und die Vereinheitlichung der Strömungsverhältnisse haben neben der „hydrologischen Verarmung“ auch zur Degradierung des morphologischen Regimes geführt. Der Geschiebehaushalt ist seit dem aus dem Gleichgewicht geraten, denn eine Zufuhr neuen Materials von oberstrom wurde quasi vollständig unterbunden.

Ein Vorhaben zur Verbesserung des Zustandes wird nun durch das Projekt „Dynamisierung der Donauauen zwischen Neuburg und Ingolstadt“ vollzogen. In den südlichen Donauauen, mit einer Fläche von rund 1.200 ha, wurde der Auwald mit wasserbautechnischen Mitteln wieder an die natürliche Dynamik der Donau angeschlossen. Drei Maßnahmen sollen die eigenständige Entwicklung auentypischer Arten im bestehenden Auwald fördern: Ökologische Flutung, neues Auengewässer (Umgehungsbach) und Grundwasserabsenkung.

Häufigere Überschwemmungen, wechselnde Grundwasserstände, Abfluss- und Gewässerbettdynamik sind natürliche Vorgänge in Flusslandschaften und ihren angrenzenden Auen. Sie sind elementarer Bestandteil dieser Ökosysteme, und fördern die Biodiversität. Um auch nur einen Teil der Einflussfaktoren und Systemzusammenhänge zu erfassen, bedarf es eines entsprechend angepassten „dynamischen Methodenmixes“ der hier vorgestellt werden soll.

Methoden

Im hier präsentierten Beitrag werden ausgewählte Zwischenergebnisse aus dem Teilprojekt „Fluviale Morphodynamik, Bodenfeuchte & Grundwasser“ des Forschungsverbundes vorgestellt. Neben der variablen Ausleitung von etwa 0,5-5 m³/s werden durch gezielte ökologische Flutungen die vorherrschenden Verhältnisse und Gleichgewichte im Fließgewässersystem gestört. Es ändern sich Fließgeschwindigkeiten und Richtungen, Grenzen zwischen Wasser und Land werden durch schwankende Wasserstände und Erosions- und Akkumulationsprozesse ständig verändert und verschoben. Die übliche Dynamik eines Auenlebensraumes wurde wieder hergestellt.

Überflutungen und schwankende Wasserstände können weder in einem klar abgegrenzten Raum (ein Auengewässer oder Flussabschnitt) betrachtet werden, noch kann durch eine einmalige Beobachtung (Stichtagsmessung oder Momentaufnahme) ein ausreichendes Verständnis für die im Auenökosystem ablaufenden Prozesse und Formen entwickelt werden. Aus diesem Grund werden wichtige hydrologische Parameter wie Grundwasser, Bodenfeuchte und Wasserstand mit einem automatisierten dichten Messnetz beobachtet. Untersuchungen zur fluvialen Morphodynamik (Erosion, Akkumulation, Geschiebetransport, Schwebfracht etc.) und Hydrometrie ergänzen das Untersuchungsprogamm mit möglichst vielen Einzelmessungen. Das Untersuchungsprogramm wird je nach Wasserführung in der Donau (Niedrigwasser, Hochwasser, ökologische Flutung) entsprechend an die Verhältnisse angepasst.