3D Visualisierung von Notfallkarten am Beispiel der Software „TerraExplorer“

Betreuer: Prof. Dr. M. Becht, Dr. T. Andresen

Diplomand: Sascha Woditsch

Diplomarbeit in Kooperation mit dem DLR (Abteilung: Wissenschaftskommunikation und Visualisierung)

Video des 3D Notfallmodells: http://www.youtube.com/watch?v=TIwBqwKGhro

Das Ausmaß von Opferzahlen und die Folgeschäden von Naturkatastrophen und „Man-made hazards“ sind zumeist direkt abhängig von Geschwindigkeit und Effektivität der Katastrophenhilfe. Als wichtiges Instrument einer effektiven Katastrophenhilfe hat sich die Notfallkartierung erwiesen. Dabei gilt es, aus aktuellsten Satellitendaten, welche die Situation NACH der Katastrophe zeigen, in möglichst kurzer Zeit, eine Karte zu erstellen. Eine Notfallkarte bietet eine Übersicht über das Katastrophengebiet und beinhaltet zentrale Informationen für eine effektive Katastrophenhilfe. Je nach Art der Katastrophe sind dies unterschiedliche Informationen, z.B. Überschwemmungsflächen, beschädigte Infrastruktur, mögliche Lagerflächen etc. Beispiele für verschiedene Notfallkarten finden sich auf der Webseite des Zentrums für Kriseninformationen (ZKI) des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) (http://www.zki.dlr.de/intro_en.html).

Forschungen im Bereich der Notfallkartierung konzentrieren sich häufig auf technische Verbesserung verschiedener Bildanalyseverfahren. Wie Voigt schreibt gilt es jedoch zu beachten, dass „ [...], in addition to the expertise in image analysis, an equally important task is the generation of comprehensive and easy-to-use map products.” (Voigt et al. 2007, S.1522). Bisher wurden Notfallkarten vorwiegend als Papierkarten oder als digitale Bilddateien ausgeliefert. Mit dem Aufkommen leistungsfähiger, portabler Computer, sowie ausgereifter und fortschrittlicher GIS-Systeme bietet sich die Möglichkeit, Notfallkarten als digitale Karten zu erstellen und diese auch als solche – d.h. im digitalen Format -  zu nutzen. Der größte Vorteil digitaler Karten ist die Interaktivität, so dass es möglich ist, die Karte mit wenigen Mausklicks für verschiedenen Situationen, Umstände und Nutzer anzupassen. Eine weitere Option, welche digitale Karten heutzutage ermöglichen, ist die Dreidimensionalität. 3D Karten bieten einen Vorteil für Aufgaben, bei welchen Orientierung und ein schnelles Verständnis für die räumliche Anordnung von Objekten gefragt sind. (vgl. Wastl, Rudolf (2000).) Eines der größten „Probleme“ für das Verständnis von visuellen Information der physischen Umwelt ist nach Tufte die 2D Darstellung. So schreibt er:

„Even though we navigate daily through a perceptual world of three spatial dimensions and reason occasionally about higher dimensional arenas with mathematical ease, the world portrayed on our informaiton displays is caught up in two-dimensionality of the endless flatlands of paper and video screen. All communication between the readers of an image and the makers of an image must now take place on a two-dimensional surface. Escaping this flatlands is the essential task of envisioning information - for all the interesting worlds (physical, biological, imaginary, human) that we seek to understand are inevitably and happily multivariate in nature. Not flatlands.“ (Tufte 2006, S.12)

Ziel der Arbeit war es, ein 3D Modell einer Notfallkarte zu erstellen. Dabei galt es zwei Schritte anzugehen:

  1. Die Entwicklung eines Prozesses zur Erstellung eines 3D Notfallmodells.
  2. Hierbei lautete die konkrete Fragestellung:
  3. Welcher konkreten Arbeitsschritte sind notwendig, um auf Grundlage einer 2D Notfallkarte ein digitales, interaktives 3D Notfallmodell mit der Software „TerraExplorer“, innerhalb eines begrenzten Zeitrahmens zu erstellen ?
  4. Die Visualisierung des 3D Notfallmodells.
  5. Hierbei lauteten die konkreten Fragestellungen:
  6. Welche Darstellungsrichtlinien ermöglichen eine schnelle und intuitive Erfassbarkeit
    der im 3D Notfallmodell enthaltenen Informationen?
  7. Welche Darstellungsrichtlinien eignen sich zur 3D Illustration von kartographischen Informationen?
  8. Welche Bedienungshilfen können dazu beitragen, die Software hinsichtlich der effektiven und einfachen Zugänglichkeit zu den Informationen im 3D Notfallmodell anzupassen?

Diesen Fragestellungen konnte ich sechs Monate lang als Werksstudent beim DLRin der Abteilung Wissenschaftskommunikation und Visualisierung nachgehen. Der große Vorteil bei der Beschäftigung beim DLR war die Möglichkeit, sich ganz und gar auf die wesentlichen Elemente der Arbeit fokussieren zu können, da alle Arbeitsmittel, z.B. Software, Hardware und alle Informationen, z.B. Satellitenbilder, Höhendaten, Vektordaten, mir zur Verfügung gestellt wurden.. Die Diplomarbeit wurde vor dem Hintergrund einer realen Notfallkarte, des Erdbebens 2005 in Pakistan, getätigt.

Die Ergebnisse beziehen sich somit auf einen praktischen und konkreten und anschaulichen Fall. Die 2D Notfallkarte kann auf der Website des ZKI [ www.zki.dlr.de/article/871 ] eingesehen werden. Die Ergebnisse der Diplomarbeit lassen sich in 3 Bereiche aufteilen:

3D Visualisierung
- Die 3D Visualisierung von Notfallkarten am Beispiel der Software „TerraExplorer“. -

1. Workflow von der 2D Notfallkarte zum 3D Notfallmodell

Es wurde ein kompletter Workflow von der 2D Notfallkarte hin zur 3D Notfallmodell entworfen.  Dieser beinhaltet zum einen detailliert die notwendigen Arbeitsschritte sowie die notwendigen „Input-Daten“. Der komplette Workflow ist so ausgearbeitet, dass eine 3D Notfallkarte in ca. 7 Stunden erstellt werden kann.

2. 3D Notfallmodell

Der erste Schritt zur Darstellung eines 3D Notfallmodells war das Entwicklung von zentralen Gestaltungsgrundsätzen für ein 3D Modell anhand von allgemeinen kartographischen Gestaltungsgrundsätzen. Aufbauend auf diesen Gestaltungsgrundsätzen wurde ein digitales, interaktives 3D Notfallmodell von der 2D Notfallkarte um Muzaffarabad erstellt. In das 3D Notfallmodell wurden alle Informationen der 2D Notfallkarte, wie z.B. Straßen, Straßenschäden, Gebäudebeschädigungen etc., eingefügt. Da das Notfallmodell digital und 3D ist, konnten darüber hinaus zusätzliche Informationen, wie Bebauungsflächen, Straßennamen, „Vor-Ort“ Fotos, 3D Gebäudemodelle, Links zu „Vor-Ort“ Informationen etc. dargestellt werden. Die Abbildungen zeigen verschiedene Ansichten des 3D Notfallmodells.

Karte 3 D Notfallmodell

3. Entwicklung von Bedienungshilfen

Im Gegensatz zu einer 2D Notfallkarte sind in einem 3D Notfallmodell nicht alle Informationen auf einem Blick (in einer Bildschirmansicht) sichtbar. Um dennoch alle Informationen einfach zugänglich zu machen, galt es, mehrere Skripte zu entwerfen, welche zum einen die Bedienung des 3D Notfallmodells ganz allgemein vereinfachen und zum anderen die wichtigsten Information verknüpfen. Ein Beispiel für eine solche Bedienhilfe ist der „LocationManager“. Mit diesem lassen sich Kameraansichten („Locations“) auf das 3D Notfallmodell speichern Anschließen können diese mit nur einem Mausklick wieder angesteuert werden. So kann vorab vom Kartenersteller verschiedene Kameraansicht der wichtigsten Orte, z.B. beschädigte Straßen, gespeichert werden. Diese können anschließend vom Kartennutzer unkompliziert angesteuert werden. Aber auch der Kartennutzer selbst hat die Möglichkeit, eigene „Locations“ anzulegen bzw. abzurufen.

Andere entwickelte Bedienhilfen vereinfachen das An-/Abschalten der verschiedenen Layer, erlauben den schnellen Vergleich von „GoogleMaps“-Satellitenbildern mit denen des 3D Notfallmodell und vereinfachen die Kamerasteuerung.

Die Diplomarbeit hat aufgezeigt, dass mit den heutzutage technisch verfügbaren Möglichkeiten ein 3D Notfallmodell innerhalb weniger Stunden erstellt werden kann. Das erstellte 3D Notfallmodell gibt dabei ein Beispiel für das technische Mögliche. Auf dieser Basis kann nun im weiteren Verlauf, in Zusammenarbeit mit den Kartennutzern, dass technisch Mögliche vom praktisch Sinnvollen getrennt werden bzw. untersucht werden wo weitere Entwicklungen nötig sind.

Ein Video, welches das 3D Notfallmodell und verschiedene Funktionen davon vorstellt, ist auf Youtube unter http://www.youtube.com/watch?v=TIwBqwKGhro zu finden.

Tufte, Edward Rolf (2006): „Envisioning information“ ; 11. print. Cheshire, Conn.: Graphics Press.

Voigt, Stefan; Kemper, Thomas; Riedlinger, Torsten; Kiefl, Ralph; Scholte, Klaas; Mehl, Harald: „Satellite Image Analysis for Disaster and Crisis-Management Support.“ In: TRANSACTIONS ON GEOSCIENCE AND REMOTE SENSING, Jg. Juni 2007, H. 45, S. 1520–1528.

Wastl, Rudolf (2000): „Orientierung und Raumvorstellung. Evaluierung unterschiedlicher kartographischer Darstellungsarten“ ;Klagenfurt: Inst. für Geographie und Regionalforschung der Univ. (Klagenfurter geographische Schriften, 20).