Die Dialogkultur der Dialogtheorie

Wir laden herzlich zum Vortrag von Dialogkulturen Senior Fellow Prof. Dr. Dirk Uffelmann (JLU Gießen) am 17.12 ein

 

Der Vortrag projiziert die im Anschluss an Michail M. Bachtins (1895–1975) Dialogkonzept entwickelte Intertextualitätstheorie auf die Quellenreferenzpraxis in Bachtins eigenen Texten zurück, fragt also nach seiner Dialogkultur.

 

In der Auffassung einer poststrukturalistisch orientierten Lesart (Kristeva 1969; Lachmann 1990) führt die von Bachtin beschriebene Doppeltgerichtetheit des dialogischen Wortes zu einer potentiell unendlichen Kette an Verweisungen auf andere Wörter. Das Merkmal der Intertextualität gerät so zum Faktor massiver Komplizierung. Die Gegenthese wurde häufig unter marxistisch-pragmatischen Auspizien lanciert: Insbesondere die Vertreter der Warschauer „Poetyka pragmatyczna“ [„Pragmatische Poetik“] (Czaplejewicz/Kasperski 1977), aber auch Jenny (1976) begreifen den Verweischarakter des dialogischen Wortes als Chance zur Rekontextualisierung, zur Rekonstruktion einer „historisch gewesenen“ kommunikativen Disposition des künstlerischen Wortes, also als Werkzeug einer objektiven historischen Semantik.

 

Die beiden Pole der Fixierung von Textsinn durch Rekontextualisierung einerseits und der Komplizierung dieses Sinns durch unendliche intertextuelle Verweise kehren in der Rezeption Bachtins wieder: Die Rezipientinnen loten die intertextuelle Verfasstheit von Bachtins Texten selbst aus. Das Erkennen der historisch-kommunikativen Konstellation, in der seine Werke entstanden, seine Verortung im Kontext der Prätexte soll dem besseren Verständnis seiner Arbeiten dienen. Diese Operation wirft das Licht zurück auf die Sinnkonstitutionsstrategie von Bachtins eigenen Texten. Das in seinen Werken zu beobachtende Verfahren, sich explizit auf historische Materialien zu beziehen, Berührungen mit zeitgenössischer Theorie und Philosophie aber kaum zu markieren, ist als besondere Strategie der Sinnkonstitution in Bachtins Werken zu beschreiben. Das Projekt „Die Dialogkultur der Dialogtheorie“ widmet sich also der ketzerischen Frage, ob Bachtins gespaltene intertextuelle Dialogkultur nicht tendenziell – in seinen eigenen Begriffen – als monologisch zu kennzeichnen wäre.

Der Vortrag projiziert die im Anschluss an Michail M. Bachtins (1895–1975) Dialogkonzept entwickelte Intertextualitätstheorie auf die Quellenreferenzpraxis in Bachtins eigenen Texten zurück, fragt also nach seiner Dialogkultur.

In der Auffassung einer poststrukturalistisch orientierten Lesart (Kristeva 1969; Lachmann 1990) führt die von Bachtin beschriebene Doppeltgerichtetheit des dialogischen Wortes zu einer potentiell unendlichen Kette an Verweisungen auf andere Wörter. Das Merkmal der Intertextualität gerät so zum Faktor massiver Komplizierung. Die Gegenthese wurde häufig unter marxistisch-pragmatischen Auspizien lanciert: Insbesondere die Vertreter der Warschauer „Poetyka pragmatyczna“ [„Pragmatische Poetik“] (Czaplejewicz/Kasperski 1977), aber auch Jenny (1976) begreifen den Verweischarakter des dialogischen Wortes als Chance zur Rekontextualisierung, zur Rekonstruktion einer „historisch gewesenen“ kommunikativen Disposition des künstlerischen Wortes, also als Werkzeug einer objektiven historischen Semantik.

Die beiden Pole der Fixierung von Textsinn durch Rekontextualisierung einerseits und der Komplizierung dieses Sinns durch unendliche intertextuelle Verweise kehren in der Rezeption Bachtins wieder: Die Rezipientinnen loten die intertextuelle Verfasstheit von Bachtins Texten selbst aus. Das Erkennen der historisch-kommunikativen Konstellation, in der seine Werke entstanden, seine Verortung im Kontext der Prätexte soll dem besseren Verständnis seiner Arbeiten dienen. Diese Operation wirft das Licht zurück auf die Sinnkonstitutionsstrategie von Bachtins eigenen Texten. Das in seinen Werken zu beobachtende Verfahren, sich explizit auf historische Materialien zu beziehen, Berührungen mit zeitgenössischer Theorie und Philosophie aber kaum zu markieren, ist als besondere Strategie der Sinnkonstitution in Bachtins Werken zu beschreiben. Das Projekt „Die Dialogkultur der Dialogtheorie“ widmet sich also der ketzerischen Frage, ob Bachtins gespaltene intertextuelle Dialogkultur nicht tendenziell – in seinen eigenen Begriffen – als monologisch zu kennzeichnen wäre.