Der aus fränkischem Adel stammende Albrecht von Eyb (1420-1475) ist eine der auch international bekanntesten Persönlichkeiten des Spätmittelalters. Seine Bekanntheit beruht dabei ausschließlich auf seiner Tätigkeit im Bereich des Humanismus. Auch wenn er als der wohl bekannteste deutsche Frühhumanist gelten kann, so ging er doch von Haus aus einer anderen Profession nach.

Albrecht von Eyb begab sich 1444, nachdem er in Erfurt sein Artes-Studium absolviert und in Rothenburg ob der Tauber die Lateinschule besucht hatte, für sein Studium der Jurisprudenz nach Italien, wie es zu dieser Zeit viele seiner Altersgenossen aus wohlhabenden Familien taten. Nach Aufenthalten in Padua, Bologna und Pavia und seiner Promotion zum Doktor beider Rechte kehrte er 1459 und somit erst fünfzehn Jahre später in seine fränkische Heimat zurück, um seine zuvor erworbenen Domkanonikate in Eichstätt und Bamberg in Besitz zu nehmen. Nach seiner Rückkehr ließ sich Albrecht von Eyb in Eichstätt nieder und wurde in ganz Franken als juristischer Gutachter und somit in einem typischen Arbeitsfeld des Juristen jener Zeit tätig. Die juristische Tätigkeit des Albrecht von Eyb stellt aber bis heute – mit Ausnahme vereinzelter Erwähnungen – ein Forschungsdesiderat dar. Das Dissertationsvorhaben untersucht die in zahlreichen Rechtsgutachten (consilia) handschriftlich überlieferte, jedoch bislang weitgehend unbeachtete juristische Tätigkeit des Albrecht von Eyb und widmet sich damit auch dem ursprünglichen Grund seines Italienaufenthaltes.

Die Grundlage der Untersuchung bildet dabei die Auswertung der erhaltenen consilia des Albrecht von Eyb. Diese Auswertung besteht aus einer Analyse der äußeren Merkmale der Gutachten, einer inhaltlich-hermeneutischen Untersuchung der juristischen Tätigkeit des Albrecht von Eyb, sowie einer Kontextualisierung seiner juristischen und humanistischen Tätigkeit als Teil eines umfassenden Kulturtransfers durch Vergleiche mit zeitgenössischen Gutachten.

Im Rahmen dieser Auswertung werden unterschiedliche Fragekomplexe behandelt. Zum einen steht die Biographie des Albrecht von Eyb im Fokus. Um sich dieser Thematik anzunähern wird nach dem Stellenwert der juristischen Arbeit im Lebensalltag des Albrecht von Eyb gefragt. Innerhalb einer prosopographischen Auswertung soll den gut bekannten Humanistenkontakten Albrechts die bislang unbekannten Personennetze seiner juristischen Tätigkeit gegenübergestellt werden. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Umfang seiner Studienkontakte und deren Bedeutung für seine beruflichen Tätigkeiten als Jurist wird ein Vergleich der juristischen Handschriften Albrechts mit denen seiner italienischen Lehrer sowie deutscher Autoren vorgenommen. Außerdem wird die Arbeitsweise des Juristen Albrecht von Eyb untersucht, um zu verstehen, wie ein in Italien ausgebildeter Jurist im Anschluss an seine Rückkehr nach Deutschland seiner beruflichen Tätigkeit nachging. Ebenso muss die Frage behandelt werden, welchen Zweck die Sammlung der handschriftlich überlieferten consilia des Albrecht von Eyb eigentlich erfüllte.

Eine Auswertung der consilia ermöglicht aber auch einen Zugang zu Albrecht von Eyb, der weit über die Erschließung der bislang noch weißen Flecken seiner Biographie hinausgeht. Aufgrund der langen Studienzeit des Albrecht von Eyb in Italien kann der Zugang zu seinen consilia auch über das Phänomen des Kulturtransfers erfolgen. Dabei wird nach der Praxis der an norditalienischen Universitäten ausgebildeten Juristen gefragt und untersucht, inwieweit die dort üblichen Arbeitstechniken durch Albrecht von Eyb in seine Heimat gelangten. Ebenso wird der Frage nachgegangen, inwieweit die consilia neben ihren Gattungsmerkmalen auch gesellschaftlich wirksame Konzepte transportieren, die vor allem im Bereich der Matrimonialrechtsprechung spezifische Auffassungen der italienischen Rechtslehrer des Albrecht von Eyb in eine nordalpine Gesellschaft hineintrugen. Gerade in Bezug auf Eybs großes Interesse am Humanismus muss nach dessen tatsächlicher Rolle in seiner juristischen Tätigkeit, speziell in seinen Gutachten, gefragt werden. Da sich ein Großteil der Gutachten mit der Thematik der Ehe zu befassen scheint, beschäftigt sich die Arbeit auch mit der Frage inwieweit uns die Gutachten Auskunft über die Praxis der Matrimonialrechtsprechung geistlicher Gerichte speziell im Tätigkeitsbereich Albrechts von Eyb das heißt in den Diözesen Eichstätt, Bamberg und Würzburg geben können. Eherechtsprechung gehörte in jenen Tagen zu den wichtigsten Tätigkeitsfeldern geistlicher Gerichte, von denen sich allerdings kaum Überlieferung erhalten hat.