Leitbild und Ziele

Leitbild & Ziele
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Das KU.Sustainability Research Lab (KU.SRL) versteht sich in erster Linie als Plattform für wissenschaftliche Vernetzung und gemeinsamen Austausch. Die gegenseitige Befruchtung disziplinärer Forschung durch disziplinüberschreitenden Austausch, die kreative Anregung neuer integrativer Denkansätze in der Forschung sowie die Entwicklung inter- und transdisziplinärer Forschungsprojektideen zur Nachhaltigen Entwicklung bilden den Kern des KU.SRL. Zentral erscheint es uns darüber hinaus, die eigenen, oftmals ambivalenten Rollen und die Verantwortung in der Wissensproduktion und der damit verbundenen Forschungsaktivitäten weiterzuentwickeln. Auch die etablierten Forschungsmodi der Mensch-Umwelt-Forschung sollen vor diesem Hintergrund kritisch reflektiert werden. Auf diesem Wege soll nicht nur ein transdisziplinärer wissenschaftlicher Beitrag zum Verständnis der komplexen Dynamiken und ganzheitlichen Zusammenhänge der Ko-Existenz von Mensch und Natur geleistet werden. Es gilt einen neuen Beitrag zur Entwicklung eines „Neuen Denkens“ mit Blick auf die Verwobenheit von Gesellschaft und Welt zu entwickeln.

Dazu muss sich auch das Denken über die Zusammenhänge zwischen Gesellschaft und Ökologie verändern. Die bisher dominierende und den wissenschaftlichen Fortschritt prägende mechanistische, reduktionistische und in nahezu unendlich viele disziplinäre Teilperspektiven zerfallende Zergliederung der Welt hat, so auch die Kritik des Club of Rome, den Blick für die ganzheitliche Verwobenheit des menschlichen Daseins mit ökologischen Belangen aus dem Blick verschwinden lassen. Die Natur wurde damit zunehmend für den Menschen zu einem Objekt, zu dem die Gesellschaft vorwiegend ein instrumentelles und nutzenorientiertes Verhältnis entwickelt hat. Carl Friedrich von Weizsäcker spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Machtförmigkeit“ der naturwissenschaftlichen Urteilsform. Im Rahmen der mechanistischen Zergliederung der Welt hat sich das gesellschaftliche Naturverhältnis zunehmend auf die Frage nach der Maximierung und Optimierung der Ausbeutung und des Managements natürlicher Ressourcen und Lebensgrundlagen reduziert. Aus dem Blick geraten ist dabei nicht nur die umweltethische Diskussion über den Eigenwert und die Daseinsberechtigung aller Elemente der Umwelt, sondern auch die Aufmerksamkeit für die komplexen Dynamiken und ganzheitlichen Zusammenhänge in der Ko-Existenz von Mensch und Umwelt. In der Umweltethikdebatte und auch in der Enzyklika Laudato si‘ findet man hierzu den Gedanken der „Mitwelt“, der die Natur nicht als etwas von uns Verschiedenes begreifen will, sondern betont, dass menschliche und nicht-menschliche Lebewesen und Entitäten die Welt teilen und miteinander in wechselseitiger Durchdringung existieren.

Die hier angedeuteten komplexen sozialökologischen Wirkungszusammenhänge besser zu verstehen als bisher, erfordert neue transdisziplinäre Theorieentwürfe. Dafür ist ein kooperatives, integratives und interdisziplinäres Wissenschaftsverständnis und ein aufrichtiges Interesse an den Perspektiven, Ideen und Fragestellungen anderer Wissenschaftsdisziplinen als der eigenen als Voraussetzung notwendig. Hierzu bedarf es einer geänderten Wissenschaft, die, wie Paul Feyerabend es ausgedrückt hat, die Vielfalt des Wissens eben nicht paradigmatisch verengt und auf diesem Wege „vernichtet“. Das KU.SRL soll somit auch ein Ort der Erneuerung von Wissenschaft sein. Damit ist das KU.SRL auch gedacht als „Denkfabrik“ für eine Transformation wissenschaftlicher Kultur, die von einer veränderten Epistemologie und damit verbundenen neuen integrativen Forschungsmodi geprägt sein muss, und die gemeinsamen Forschungszugänge besser möglich macht als bisher.

Diese besonders integrierende Form der Forschung bzw. des wissenschaftlichen Austausches trägt der holistischen Vernetztheit der Welt Rechnung und lässt separierende Perspektiven hinter sich. Sie führt einzelne disziplinäre Betrachtungsweisen integrierend zusammen. Durch diesen integralen Modus von Forschung und Wissensproduktion soll ein tiefergehendes Verständnis der Erfordernisse und der Praxis Nachhaltiger Entwicklung erreicht werden. Diesen anderen Modus Wissenschaft zu betreiben, bezeichnen die Initiatorinnen und Initiatoren des KU.SRL als „neue Wissenschaft für eine neue Welt“ bzw. als „Wissenschaft für die Zukunft“. Das KU.SRL fungiert somit auch als „Labor für Gedankenexperimente“ und schafft so den Raum für grundsätzliche Reflexion, die das wissenschaftliche Denken erweitern sollen.

In inhaltlicher Hinsicht will das KU.SRL insofern einen Beitrag für eine verantwortliche Wissenschaft leisten, die sich der Erforschung der drängenden und großen Fragen einer bedrohten Menschheitszukunft stellt und dabei den Schutz (und das gesellschaftliche Verhältnis zu) unserer (Um)(Mit)Welt mitdenkt. Die sozialökologisch drängenden Probleme unserer Zeit wie der Klimawandel, der Biodiversitätsverlust oder die Energiewende erfordern in unseren Augen eine Transformation unserer gesellschaftlichen Naturverhältnisse und der aus ihnen resultierenden gesellschaftlichen Praktiken im Umgang mit der Natur. Hierzu eine neue Art von Wissen zu generieren, das die normativen Setzungen, politischen Konflikte und gesellschaftlichen Praktiken im Umgang mit der Natur, d. h. die gesellschaftlichen Naturverhältnisse, kritisch reflektiert, verstehbar macht und hiervon ausgehend ggf. gesellschaftliche Handlungsoptionen aufzeigt, ist eine der Kernideen des KU.SRL. Die Psychologie ist sich heute einig, dass der Schlüssel zu Veränderung individuellen und sozialen Verhaltens in unseren Denkstrukturen und den sozial geteilten Weltbildern in unseren Köpfen zu suchen ist. Voraussetzung für eine nachhaltigkeitsorientierte Transformation unserer gesellschaftlichen Naturverhältnisse ist insofern die Entwicklung und Etablierung eines neuen Denkens, das uns die Zusammenhänge der Welt neu verstehbar macht. Das KU.SRL möchte dazu beitragen, der Entwicklung eines solchen Denkens einen Ort an der KU zu geben.