Durch den großen russischen Angriffskrieg in der Ukraine erlebten und erleben viele Menschen, darunter auch viele Kinder und Jugendliche, traumatische Ereignisse. Traumatische Erlebnisse können zu Stresssymptomen und psychosozialer Funktionseinschränkung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen führen. Es bedarf eines Ausbaus der psychosozialen Versorgungsstruktur in der Ukraine, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden.
Zwischen 2022 und 2024 nahmen im ersten Teil des Projektes 243 Therapeuten und Therapeutinnen aus der Ukraine am Projekt teil und wurden in der evidenzbasierten Traumatherapie „Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie“ (TF-KVT, Cohen et al., 2016) geschult. Mehr als 300 ukrainische Kinder und Jugendliche hatten durch das Projekt Zugang zu Traumatherapie. Im zweiten Teil des Projektes werden 2025 entstandene internationale Netzwerke weiter ausgebaut, um so die psychosoziale Versorgungsstruktur in der Ukraine nachhaltig zu stärken.
Zwischen 2022 und 2024 erhielten ukrainische Therapeutinnen und Therapeuten innerhalb des Projekts die Möglichkeit, ein zertifiziertes TF-KVT Weiterbildungsprogramm zu durchlaufen. Sie erhielten Zugang zu notwendigen Selbstlernmaterialien (Web-training oder das ukrainische/ russische TF-KVT Manual), nahmen an einem dreitägigen digitalen Training teil und erhielten über ein Jahr hinweg monatliche Supervision durch erfahrene TF-KVT Trainerinnen und Trainer aus der ganzen Welt. Innerhalb dieses Jahres behandelten sie mindestens 3 Patientinnen bzw. Patienten unter Supervision. Außerdem wurden Therapiematerialien in ukrainischer und russischer Sprache bereitgestellt, welche für die Therapie der Kinder und Jugendlichen genutzt werden können. Zusätzlich erhielten die Therapeutinnen und Therapeuten Zugang zu ergänzenden Workshops zu angrenzenden Themen wie Trauer bei Kindern und Jugendlichen oder Traumadiagnostik und konnten an einem Selbstfürsorgeprogramm teilnehmen, da auch ein Großteil der Therapeutinnen und Therapeuten täglich Krieg erleben muss.
Insgesamt absolvierten 63 Therapeutinnen und Therapeuten alle Schritte des Weiterbildungsprogramms und konnten somit erfolgreich als TF-KVT Therapeutinnen und Therapeuten zertifiziert werden. Diese erhalten im zweiten Teil des Projekts, über das gesamte Jahr 2025 hinweg, weiterhin die Möglichkeit, Supervisionen und Workshops zu besuchen, die von internationalen Experten und Expertinnen geleitet und von professionellen Dolmetschenden übersetzt werden. Zudem werden bestehende Netzwerke zwischen lokalen Partnerinnen und Partnern (Nationale Psychologische Vereinigung der Ukraine, Gesundheitsministerium der Ukraine, Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Ukraine), internationalen Expertinnen und Experten (z. B. TF-CBT Therapeutinnen und Therapeuten, Trainerinnen und Trainern und Entwicklerinnen und Entwicklern) und Netzwerken (Europäisches EMDR-Netzwerk, CARES Institute (USA), Nationale Netzwerk für kindlichen traumatischen Stress (USA - NCTSN)) gestärkt. Durch regelmäßige Treffen, den Austausch von Therapiematerialien und gemeinsame Publikationen wird so ein kontinuierlicher Wissenstransfer und die nachhaltige Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren gefördert.
Studienergebnisse werden zudem auf verschiedenen Ebenen – in Politik, Praxis und Wissenschaft – verbreitet. So sollen nicht nur Fachkreise, sondern auch die breite Öffentlichkeit der ukrainischen Gesellschaft für die Bedeutung einer traumasensiblen Versorgung sensibilisiert werden. Beispielsweise werden Ergebnisse aus Fokusgruppen mit ukrainischen Therapeutinnen und Therapeuten wissenschaftlich ausgewertet und sollen so Hinweise über die Durchführung von TF-CBT in der Ukraine und in Kriegssituationen geben.
Dieser Artikel beschreibt die konkrete Umsetzung des Projektes „TF-CBT Ukraine“. Die Komponenten des Schulungsprogramms sowie die wissenschaftlichen Evaluationsebenen werden vorgestellt. Es handelt sich um das erste groß angelegte Implementierungsprojekt der evidenzbasierten traumafokussierten kognitiv-behavioralen Therapie (TF-KVT) in der Ukraine. Somit gibt der Artikel einen Ausblick, wie die gewonnenen Erkenntnisse helfen könnten, das Fachgebiet über Herausforderungen und Möglichkeiten zur Ausweitung vergleichbarer Maßnahmen zu informieren und generell Kindern helfen könnte, die negativen Folgen zu überwinden und Resilienz inmitten einer vom Krieg gezeichneten Nation zu erfahren.
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Diese Studie untersucht die Häufigkeit traumatischer Ereignisse sowie Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und komplexer PTBS (KPTBS) bei N = 200 ukrainischen Kindern und Jugendlichen (MAlter = 12.01, Range 4-21 Jahre, 62.0% weiblich), die im Rahmen des Projektes „TF-CBT Ukraine“ seit Beginn des Angriffskrieges trauma-fokussierte Psychotherapie (TF-KVT) von ukrainischen Therapeut*innen erhalten. Zudem wird die Übereinstimmung zwischen den Angaben der Kinder und ihrer Bezugspersonen zu Trauma, PTBS und KPTBS überprüft. PTBS und KPTBS Symptome wurden mithilfe des CATS-2 (Sachser et al., 2022) erhoben.
Die befragten Kinder und Jugendlichen berichteten im Durchschnitt über vier verschiedene traumatische Erlebnisse, am häufigsten über Krieg (n = 123; 68.7 %), Bedrohung durch Mobbing (n = 71; 39.7 %) und häusliche Gewalt (n = 68; 38.0 %). Fast 70 % (n = 123) erfüllten die DSM-5-Kriterien für PTBS, 31 % (n = 56) die ICD-11-Kriterien für PTBS und 21 % (n = 38) die Kriterien für KPTBS. Besonders hohe Raten von PTBS zeigten sich bei Vorschulkindern (95 %). Der Vergleich der Angaben von Kindern und Bezugspersonen zu traumatischen Erfahrungen und PTBS/KPTBS-Symptomschwere ergab mittlere bis hohe Übereinstimmungen (r = 0.710–0.767).
Die Studie zeigt, dass ukrainische Kinder und Jugendliche, die sich in Behandlung begeben, eine hohe Anzahl traumatischer Erlebnisse und entsprechende Symptome aufweisen. Diese können langfristig ihre sozial-emotionale Entwicklung und Lebensqualität beeinträchtigen. Die flächendeckende Umsetzung evidenzbasierter, traumaspezifischer Interventionen für diese Zielgruppe ist daher von entscheidender Bedeutung.
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Psychologische/Psychiatrische Fachkräfte, die im Kontext von Krieg arbeiten, sind mit einzigartigen und komplexen Herausforderungen im Zusammenhang mit Trauma, Stress und psychischer Belastung konfrontiert. Dennoch ist wenig über die berufliche Lebensqualität dieser Fachkräfte in der Ukraine seit der russischen Invasion bekannt. Ziel dieser Studie war es daher, das Ausmaß und mögliche Einflussfaktoren von Mitgefühlszufriedenheit, Burnout und sekundärer traumatischer Belastung (STS) bei ukrainischen psychologischen Fachkräften zu untersuchen.
Insgesamt füllten 137 ukrainische Fachkräfte zwischen Mai 2022 und Februar 2023 eine Online-Umfrage zur beruflichen Lebensqualität (ProQol) und zu ihren Einstellungen gegenüber evidenzbasierter Praxis (EBPAS) aus. Die Daten wurden deskriptiv sowie mittels multipler Regressionsanalysen ausgewertet.
Die Teilnehmenden berichteten über mittlere bis hohe Werte bei der Mitgefühlszufriedenheit (M = 40.63, SD = 4.13) sowie niedrige bis mittlere Werte bei Burnout (M = 19.74, SD = 3.69) und STS (M = 19.64, SD = 4.32). Eine positive Einstellung gegenüber evidenzbasierter Praxis stand in Zusammenhang mit höherer Mitgefühlszufriedenheit und geringeren Burnout- und STS-Werten.
Obwohl die Arbeit im Kontext eines andauernden Krieges stark belastend ist, berichteten die ukrainischen Fachkräfte über eine gute berufliche Lebensqualität, was auf eine starke Resilienz dieser Fachkräfte hindeutet. Die Verbreitung evidenzbasierter Behandlungsansätze sowie Fokussierung von Selbstfürsorge könnte jedoch dazu beitragen, das Wohlbefinden von Fachkräften in Kriegsgebieten weiter zu stärken.
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Burnout und sekundäre traumatische Belastung (STS) können sich negativ auf das berufliche und persönliche Leben von Therapeut*innen auswirken. Zur Unterstützung ihres Wohlbefindens wurde ukrainischen Therapeut*innen, die Teil des Projekts „TF-CBT Ukraine“ waren, ein achtteiliges evidenzbasiertes Selbstfürsorgekursprogramm angeboten. In diesem Kurs wenden die Therapeut*innen die in TF-KVT vermittelten PRACTICE-Fertigkeiten selbst an – sowohl zur persönlichen als auch zur professionellen Unterstützung. Ziel dieser Studie war es, erste Hinweise auf mögliche Effekte der Kursteilnahme bei ukrainischen TF-KVT-Therapeut*innen während des Krieges in der Ukraine zu sammeln. Untersucht wurde, ob die Kursteilnahme mit einer erhöhten Nutzung der PRACTICE-Coping-Fertigkeiten, reduziertem Burnout und STS, gesteigertem TF-KVT-Kompetenzgefühl sowie stärkerer Empathie gegenüber Klientinnen einhergeht.
Der virtuelle Kurs umfasste acht Sitzungen mit kulturellen Anpassungen zur besseren Passung in den ukrainischen Kontext. Zur Erhebung erster Erkenntnisse wurden 13 gepaarte Prä-Post-Befragungen analysiert. Zusätzlich wurden qualitative Daten zur Wirkung des Kurses auf das Bewältigungserleben, Wohlbefinden, TF-KVT-Kompetenzgefühl und Empathie erhoben.
Nach Kursabschluss nutzten die Therapeutinnen die PRACTICE-Coping-Fertigkeiten signifikant häufiger als zuvor (p = .010). Auch die durchschnittlichen Werte für Burnout und STS sanken, allerdings ohne statistische Signifikanz. Die große Mehrheit der Teilnehmenden (92.3 %) berichtete von beruflichen Vorteilen durch die Kursteilnahme, wie gesteigerter Kompetenz und Empathie gegenüber Klientinnen. Alle Teilnehmenden (100%) gaben einen persönlichen Benefit durch das Programm an, insbesondere eine gesteigerte Nutzung von Coping-Fertigkeiten. Die Ergebnisse deuten somit darauf hin, dass die Teilnehmenden sowohl beruflich als auch persönlich von der Kursteilnahme profitierten.
Nutzen Sie den folgenden Link, um den gesamten Artikel zu lesen: https://doi.org/10.1080/20008066.2025.2476898
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (VT)
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