Eichstätt weltberühmt gemacht

Festvortrag von Wolfgang Jean Stock

Nun haben Sie ja schon Einiges über Karljosef Schattner gehört, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Universitätspräsidentin hat den Architekten der Hochschule gewürdigt, der Bischof den Diözesanbaumeister und der Oberbürgermeister den Ehrenbürger der Stadt. Bei meiner Vorbereitung auf diesen Vortrag hatte ich fast die Befürchtung, dass mich als letzten Referenten die Hunde beißen würden, wie eine Redensart lautet. Doch weil ich Schattner nicht nur gekannt, sondern auch öfters mit ihm gesprochen habe, werde ich versuchen, Ihnen den schöpferischen Architekten und damit den Kulturmenschen näher zu bringen.

Es geht mir um drei Schwerpunkte: Erstens möchte ich Ihnen die besondere Arbeitsweise von Schattner vermitteln, seine Tätigkeit mit einem hoch motivierten Team und hoch qualifizierten Handwerkern. Zweitens werde ich Schattner als Avantgardisten herausstellen, der schon sehr früh Themen bearbeitet hat, die erst heute in der Architektur richtig angekommen sind. Drittens ist Schattner als eine international geschätzte, teilweise verehrte Figur zu würdigen, weshalb der Titel meines Vortrags lautet: „Eichstätt weltberühmt gemacht“.

Wolfgang Jean Stock
Wolfgang Jean Stock

Doch fangen wir mit Eichstätt selber an. Gegenwärtig, so war kürzlich in der ‚Süddeutschen Zeitung‘ zu lesen, steht die Stadt mit ihrer Umgebung glänzend da – Wirtschaftskraft, Vollbeschäftigung, Ausstrahlung der Universität. Das war nicht immer so, auch noch zu der Zeit, als Schattner seine Tätigkeit aufnahm. Gestatten Sie mir deshalb einen Blick zurück in die Geschichte, die jüngere Generationen vielleicht gar nicht kennen. Beginnen möchte ich mit einer deftigen Äußerung, bitte erschrecken Sie nicht! Sie stammt von einem radikalen Aufklärer, der am Ende des 18. Jahrhunderts die katholische Kirche ins Visier nahm:

„Eichstätt ist das elendste Nest, worin jemals ein teutscher Bischof nistete. Schon der Anblick erregt Widerwillen. Es ist in beständigen Nebeln eingehüllt, als ob die Natur sich schämte, es sehen zu lassen. Der Ort scheint zum Wohnsitze der finsteren Barbarey und der Dummheit geschaffen.“

Diese Attacke erfolgte noch vor der Säkularisierung, die den Fürstbischof dann Haus und Herrschaft kostete. Damals setzte Eichstätts rapider Niedergang ein. Die Stadt verarmte derart, dass von bayerischen Beamten die Versetzung nach Eichstätt als Strafaktion empfunden wurde. Erst mit der modernen Reiseschriftstellerei wurden die Schätze und Schönheiten des entmachteten Bischofssitzes wiederentdeckt. Ich zitiere:

„Die Straßen sind leer, die Plätze still. Ein Jahrhundert Geschichtslosigkeit hat diese Stadt tonlos und unbewegt gemacht. (...) Schön sind die barocken Giebelklammern hoch an den stattlichen Bürgerhäusern; schön ist das Knie der Mansardendächer aus dem Barock; aber man hat Eichstätt nicht gesehen, wenn man den großartigen Straßenbug nahe dem Dom nicht fand, den Straßenbug mit der Residenz der barocken Fürstbischöfe und den Kavaliers-höfen gegenüber und mit dem großartigen Platz, um dies alles geordnet ist.“

Diesen liebevollen Blick von Wilhelm Hausenstein auf die ebenso malerische wie verschlafene Provinz teilte auch Theodor Heuss, der 1942 Eichstätt besuchte:

„Die gestreckte Häusergruppe (am Residenzplatz) gehört wohl zum Reizvollsten an Städtebildern, dem man in Deutschland begegnen mag. Die liebenswürdige Eleganz der Anlage ist jetzt Herberge zahlloser bayerischer Beamtungen geworden. (...) Ein paar Schreibmaschinen hämmern ihren dünnen Rhythmus in die menschenleere Straße. Sie vermögen das Gefühl der verzauberten Zeitlosigkeit nicht zu stören.“


Die Eichstätter freilich hatten noch in den 1950er Jahren das Gefühl, Einwohner einer absterbenden Stadt zu sein. Fotografien aus dieser Zeit zeigen neben den alten Monumenten bröckelnde Fassaden, schiefe Dächer und blinde Fenster. Zwar war Eichstätt weder durch die Industrialisierung noch durch den Bombenkrieg beeinträchtigt worden. Doch gingen in der damaligen „Dornröschenstadt“, wie sie der Berliner Architekturkritiker Günther Kühne nannte, zahlreiche schützenswerte Gebäude dem Verfall entgegen. Die Eichstätter Bürger und Bürgerinnen hätten es sich vor siebzig Jahren gewiss nicht träumen lassen, dass ihr Ort einmal mit Weltstädten der Architektur in einem Atemzug genannt werden würde.

Ein Glücksfall war deshalb 1958 der Beschluss der bayerischen Bischöfe, in Eichstätt eine Pädagogische Hochschule einzurichten, die später zur Universität erhoben wurde. Mit dem Lehrbetrieb kam neues Leben in die Stadt. Zugleich war die Hauptfrage der Denkmalpflege beantwortet, für sanierungsbedürftige Bauten auch vernünftige neue Nutzungen zu finden. Ohne die Hochschule als Motor der Entwicklung hätte Eichstätt nach den Baumeistern des Mittelalters und den bedeutenden Architekten des Barock nicht zum dritten Mal einen Höhepunkt seiner Baukunst erreicht.

Der erste Glücksfall verband sich nämlich mit einem zweiten. 1957 war Karljosef Schattner zum Diözesanbaumeister berufen worden. Schon sehr früh war er, der die alte Umgebung durch neue Gebäude steigern wollte, seiner Zeit weit voraus. Als 1975 beim Europäischen Denkmalschutzjahr gefordert wurde, der Vergangenheit eine Zukunft zu geben, war dieser Appell in Eichstätt überflüssig. Bereits Mitte der 1960er Jahre hatte das Diözesanbauamt damit begonnen, schadhafte Denkmäler für neue Aufgaben zu sichern. Und noch mehr: Schattner, dessen moderne Ergänzungen vielen Eichstättern zu weit gehen, hatte in einigen Fällen dafür gesorgt, dass der beschlossene Abriss alter Bauten wieder aufgehoben wurde. Neues Bauen in alter Umgebung wurde zu seinem Lebensthema.

Im Gespräch mit Schattner spürte man, dass er zu „seiner“ Stadt in einer kenntnisreichen und zugleich liebevollen Beziehung stand. Billige Imitationen oder historisierende Kulissen wie andernorts sind in seinem Eichstätt nicht zu finden. Die erneuernde Erhaltung alter Bausubstanz betrieb Schattner aber weder als Dogmatiker noch im Sinne einer populären Mode, sondern mit Kompetenz und Phantasie. Die Grundlage seiner Entwürfe war eine genaue Analyse des Ortes. Eine Eichstätter Eigenart ist etwa der ständige Wechsel von Enge und Weite, der – wie er sagte – „einen Eindruck von Geräumigkeit“ entstehen lässt. Außerdem prägt ja viele Straßenzüge ein Pluralismus der Stile und Formen.

Festvortrag

Aus allem hatte Schattner den Schluss gezogen, dass der Respekt vor der historischen Überlieferung gerade nicht Nachahmung verlangt, sondern zeitgenössische Interpretation. Es kommt nicht auf Fassaden, Ornamente oder Farben an, sondern auf die Bewahrung der räumlichen Qualitäten, der gegebenen Proportionen und historischen Schichten. So hat Schattner auch traditionelle Elemente wie Portale, Erker, Spaliere oder die Streifen-gliederung im Sockelbereich neu gefasst und zumeist in modernen Materialien auf ihren Gestaltkern zurückgeführt. Erst in der Spannung zwischen Alt und Neu, erst im Kontrast der Zeiten bildet sich gute Architektur. Deshalb hat Schattner immer wieder proklamiert: „Die Gegenwart leugnen hieße die Geschichte leugnen.“

Dass das Weiterbauen an Eichstätt zu seiner Lebensaufgabe wurde, hatte sich für Schattner gleichsam zufällig ergeben. Am 24. August 1924 in der Nähe von Magdeburg an der Elbe geboren, war er bei Kriegsende schwer verwundet worden. Nach seiner Genesung in einem bayerischen Lazarett besuchte er Ende 1945 zum ersten Mal Eichstätt und lernte hier seine spätere Frau kennen. So pendelte er dann von 1949 an jahrelang zum Architekturstudium nach München. Hier möchte ich eine Anekdote einfügen. Eigentlich, wegen schlechter Schulnoten, hätte Schattner gar nicht Architektur studieren dürfen. Doch Professor Hans Döllgast erkannte bei der Eignungsprüfung die Qualitäten des jungen Karljosef Schattner und machte ihm den Weg an die Münchner Technische Hochschule frei: „Wenn einer unbedingt Architektur studieren will, dann soll er auch.“

Döllgast wurde dann nicht nur zu seinem Förderer, sondern auch zu seinem Lehrmeister, wie Schattner betonte: „Von ihm habe ich gelernt, dass man als Architekt vor allem Eigensinn braucht.“ Von Döllgast, dem besonders die schöpferische Wiederherstellung der Münchner Alten Pinakothek zu verdanken ist, übernahm Schattner denn auch den Grundsatz, alte Gebäude nicht glatt und perfekt zu restaurieren, sondern mit den Mitteln der eigenen Zeit zu reparieren. Historische Spuren an einem Bauwerk dürften „nicht verschliffen werden“, sagte er. Wer solche Spuren tilge, täusche einen Zustand vor, der vom Leben beseitigt wurde. Imitierte Vergangenheit könne allenfalls als touristische Attraktion taugen.


Karljosef Schattners Wirken in Eichstätt widerlegt das gängige Vorurteil, dass es Architekten, die sich zur Moderne bekennen, nur um das Neue ginge, dass sie fast gewaltsam einen Bruch mit der Geschichte herbeiführen wollten. Gerade jene, die zur heutigen Avantgarde gehören, pflegen zur Vergangenheit ein aufgeklärtes Verhältnis. Sie ist ihnen nicht Vorbild, aber Maßstab. Sie wollen das Alte nicht übertrumpfen, sondern ihm selbstbewusst begegnen. Gerade Schattner hat ganz im Sinne von Hermann Muthesius entworfen, der als Mitgründer des Deutschen Werkbundes bereits vor über einhundert Jahren festgestellt hatte, dass es „ein höheres Ziel ist, zu schaffen als nachzuempfinden, und dass es vor den Augen der Nachwelt dem Geiste unserer Zeit am besten entsprechen wird, wenn wir selbständige Werke statt historischer Maskeradenscherze hinterlassen.“

Auch Schattner bezog seinen Mut zu neuen Bauformen aus der Bewunderung für die Leistungen früherer Epochen. Nicht für alles, was einfach alt ist, sondern für Werke mit Qualität. Nicht umsonst schätzte er Gunnar Asplund, der in den 1930er Jahren das klassizistische Rathaus von Göteborg um einen modernen, aber die alten Proportionen wahrenden Anbau erweitert hat. Und natürlich Carlo Scarpa, der besonders in Venedig und Verona gezeigt hat, wie sich die Wirkung historischer Bauten durch den kalkulierten Kontrast mit heutiger Formensprache steigern lässt.

Festvortrag

Tradition und Moderne waren für Schattner kein Gegensatz, vielmehr die selbstverständliche Einheit unterschiedlicher Handschriften. Dabei muss sich freilich die Qualität des Heutigen an der von gestern messen lassen. Weil aber, wie Schattner in seiner Dankrede zur Verleihung der Tessenow-Medaille formuliert hat, Kultur über Sensibilisierung entsteht und diese wiederum „über Fingerübungen und nicht über das Reden“, kommt hier sein Bauherr ins Spiel. Dieser Bauherr, die katholische Kirche, ist ein Sonderfall wie Eichstätt als Stadt. Im Unterschied zu den meist anonymen Gremien, die heutzutage über öffentliches Bauen entscheiden, hatte es Schattner mit leibhaftigen Personen zu tun: mit einem Bischof, einem Finanzdirektor, mit einzelnen Domherren. Diese Personen verkörperten außerdem Kontinuität, weil sie von politischen Wahlen unabhängig sowie vom Renditedenken frei sind. Entscheidend aber waren, darauf wies Schattner ausdrücklich hin, ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur geistigen Auseinandersetzung. Baukultur kann eben nur dann entstehen, wenn die Diskussion zwischen Bauherr und Architekt Niveau hat.

Von Anfang an aufgeschlossen war auch die Landesdenkmalpflege. Da erst 1973 das bayerische Denkmalschutzgesetz in Kraft trat, war man bis dahin sogar aufeinander angewiesen. Die Denkmalpflege konnte Schattner und seinen Mitarbeitern umso mehr vertrauen, als ihnen eine eigene „Dombauhütte“ mit erfahrenen Handwerkern zur Verfügung stand: einige Maurer, die auch komplizierte Aufgaben ausführen konnten, ein Schlosser, zwei Kirchenmaler für sachgerechte Restaurierung. Daneben konnte das Bauamt auf Spezialbetriebe in der Region zurückgreifen, die sich in langer Zusammenarbeit auf Schattners Entwürfe eingestellt hatten. Solche Betriebe – wie etwa der Metallbau Brandl in Eitensheim – waren nicht nur in der Lage, industrielle Erzeugnisse handwerklich zu verarbeiten, worin Schattner eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen einer neuen Baukultur sah. Umgekehrt haben ihre Ideen auch manche Detaillierung der Bauten beeinflusst.

Vielleicht ist ein derart intensiver Austausch von Wissen bei der Lösung konkreter Probleme nur noch in der überschaubaren Provinz möglich – hier auch mit dem Ergebnis, dass Schattner keineswegs teurer gebaut hat als andere. Allerdings konnte er bei den besonderen Bauaufgaben für Kirche und Universität seine Entscheidungen lange offen halten. Stets suchte er die noch bessere Lösung: „Qualität entsteht nicht unter Zeitdruck. Qualität entsteht erst über Alternativen, und Alternativen brauchen Zeit und nochmals Zeit.“

Nur auf diese Weise lässt sich ein Gebäude von seiner Großform bis zu den Details von Treppen, Türen, Handläufen und Wandflächen konsequent durchgestalten. Schattner hatte recht, dass die Qualität eines Bauwerks letztlich von den Details abhängt, durch die der Nutzer die Architektur im Wortsinne „begreift“. Dabei hat Schattner bewusst mit formalen Gegensätzen gearbeitet. Nicht aus Überheblichkeit oder Willkür, sondern um dem echten Alten mit echter Zeitgenossenschaft zu antworten. Deshalb verwendete er Stahl statt Stein, Beton und Glas statt Mauerwerk, Lochbleche statt Holz. Bei der Großform seiner An- und Neubauten bevorzugte er streng geschnittene, klar gegliederte Körper, die sich wirkungsvoll von der barocken Plastizität der alten Bauten absetzen.

Diese Kunst der „Nahtstelle“ oder „Fuge“ mit dem distanzierenden Verbinden von alten und neuen Bauteilen, die als Schichtung auch quer durch ein Gebäude verlaufen kann, kennzeichnet die meisten der über zwei Dutzend Bauten, die Karljosef Schattner in den nicht weniger als 35 Jahren seiner Tätigkeit als Diözesanbaumeister ausgeführt hat. Ihnen, meine sehr verehrte Damen und Herren, sind seine Meisterwerke sicherlich wohl bekannt – von den ersten Hochschulbauten über den Ulmer Hof bis hin zum Waisenhaus. Ein besonders beeindruckendes Beispiel für den sogenannten „Schattner-Charme“ ist sein letztes Gebäude, das Diözesanarchiv aus dem Jahr 1992, das durch ein Glashaus den gebührenden Abstand zum Altbau hält. Zehn seiner Meisterwerke können Sie bis zum Herbst im Diözesanmuseum erleben, im Spiegel der Fotografien von Klaus Kinold, in einer sehr schönen – und wie ich höre, erfreulich gut besuchten – Ausstellung, zu der ich dem Museum wie auch der Kinold-Stiftung ausdrücklich gratulieren möchte.


Große Architektinnen und Architekten werden auf ganz unterschiedliche Weise geehrt. Die einen erhalten hoch dotierte Preise, andere begehrte Lehrstühle, wieder andere akademi-sche Ehrentitel. Ein Ereignis aber bedeutet den internationalen Ritterschlag – wenn nämlich eine Architektin oder ein Architekt zum Vortrag beim Alvar-Aalto-Symposium eingeladen wird, das zur Erinnerung an den finnischen Meisterarchitekten alle drei Jahre in der Stadt Jyväskylä stattfindet. Unter anderem sind dort aufgetreten: Ricardo Legorreta aus Mexiko, Glenn Murcott aus Australien, Steven Holl aus den USA, Toyo Ito aus Japan, Peter Zumthor aus der Schweiz – und im August 1991 Karljosef Schattner aus Eichstätt. Ich war damals dabei: Assistiert von seinem langjährigen Mitarbeiter Jörg Homeier, der Schattners kurze Sätze ins Englische übersetzte, faszinierte er die rund fünfhundert Menschen aus vielen Ländern durch die Präsentation seiner Bauten.

Der Diözesanbaumeister hat aber auch dafür gesorgt, dass gute Architektur nach Eichstätt importiert wurde. Er hat Wettbewerbe angeregt und seinen Einfluss geltend gemacht, welche Architekten zu Planungen eingeladen wurden. Es sollten schon Kollegen mit einer ähnlichen Sensibilität und Offenheit sein – und selbstverständlich Kirchensteuer zahlen. Beispiele dafür sind die Universitätsbibliothek von Behnisch und Partner, die Wohnheimanlage von Werner Wirsing und die Sprachheilschule aus dem Büro von Eberhard Schunck.

Im gleichen Maße, wie Karljosef Schattner das kleine Eichstätt zu einer weltweit bekannten „Bauausstellung“ gemacht hat, stehen nun Diözese und Universität in der Verantwortung, seine Bauten in authentischer Gestalt zu bewahren und zu pflegen. Umso mehr, als diese einzigartige Konstellation von Bauherr und Architekt nicht mehr wiederholbar ist. Schattner hatte ja keine „Schüler“ im eigentlichen Sinne. Wohl aber langjährige Mitarbeiter, die seine Gedanken durch ihre Bauten weitergeführt haben. Ich nenne Norbert Diezinger und den 2019 leider verstorbenen Jörg Homeier, Karl-Heinz Schmitz sowie Wilhelm und Maria Huber. Alle sind ihrem Meister noch heute dankbar wie Huber, der in seinem Rückblick betont: „Wir haben in Eichstätt Weisheiten erfahren, die auf keiner Hochschule gelehrt werden.“

Vor zwanzig Jahren, beim Festakt zum 80. Geburtstag von Karljosef Schattner auf Schloss Hirschberg, hat Karl-Heinz Schmitz das Wesen des Jubilars sehr treffend umschrieben: „Leidenschaft für den Beruf, Eigensinn und Unbestechlichkeit, Lust an Konfrontation, Respekt vor Qualität, Offenheit für Neues, Ortsgebundenheit und Weltoffenheit, Sinn für Humor, Abneigung gegen das Mittelmaß, Lust am Leben und Gottesfurcht anstatt Menschenfurcht.“ Ich selbst habe seinen Ton noch im Ohr. Wenn er in München anrief, meldete er sich knapp mit „Schattner!“ – wohlgemerkt mit Ausrufezeichen. Und wie ich ihn als Person erlebt habe, kann ich mir schon vorstellen, dass er seinen treuen Mitarbeitern nicht immer ein einfacher Chef war. Aber ich weiß auch, dass er sie unterstützte, sobald sie sein Bauamt verlassen hatten – sei es bei Aufträgen oder Publikationen.


Was bleibt von Karljosef Schattner neben seinen Bauten? Auf jeden Fall das Buch, das er im Jahr 2003 zusammen mit dem Fotografen Klaus Kinold unter dem Titel „Architektur und Fotografie“ veröffentlicht hat.  Mit diesem Bildband, der dann sofort einen Hauptpreis der Stiftung Buchkunst erhielt – mit diesem Buch gab er dem Ort zurück, was dieser ihm ermöglicht hatte. Aus einer kleinen Stadt ging ein großer Architekt des 20. Jahrhunderts hervor. So kann ich getrost mit einem Wort von Wolfgang Pehnt schließen, dem Verfasser der großen Monografie zum Werk des Architekten: „Schattner ist ohne Eichstätt nicht denkbar und Eichstätt nicht ohne Schattner.“