Ein Campus als Wallfahrtsort für Architekturfans

Wenn ich davon spreche, dass es in Eichstätt einen „Wallfahrtsort“ gibt, dann mögen manche von Ihnen denken, ich spräche über das Grab des Bistumspatrons Willibald – oder über das Benediktinerinnenkloster Sankt Walburg. Lieber Bischof Gregor Maria, das sind zweifellos bedeutende Wallfahrtorte in dieser Stadt. Aber auch der Campus der Katholischen Universität und viele andere Gebäude in Eichstätt sind zu einem Wallfahrtsort geworden – nämlich für Menschen, die sich für hochkarätige Architektur interessieren. Es kommt regelmäßig vor, dass Besucherinnen und Besucher auf unseren Campus kommen, die sich speziell für unsere Gebäude interessieren. Und manchmal machen sogar Architekturstudierende anderer Universitäten eine Exkursion nach Eichstätt, ausgestattet mit Zeichenblock und Kamera.

Der Campus einer Universität als „Wallfahrtsort“ – dieses Bild stammt übrigens von Ihnen, sehr verehrter Wolfgang Jean Stock. Vor 35 Jahren haben sie in einer Sonderbeilage des Donaukurier über „Eine Hochschule als Architekturereignis“ geschrieben. Wir freuen uns sehr, lieber Herr Stock, dass wir Sie heute bei uns begrüßen dürfen und dass Sie diese Veranstaltung mit Ihrer Festrede bereichern.

Das „Architekturereignis“ wird heute selbst zum Ereignis. Es ist vor allem mit einem Namen verbunden: Karljosef Schattner. Am 24. August dieses Jahres wäre er 100 Jahre alt geworden. Das nehmen wir – die Katholische Universität – gemeinsam mit dem Bistum und der Stadt Eichstätt zum Anlass, den langjährigen Diözesan- und Universitätsbaumeister, sein Wirken und sein Werk mit einem Jubiläumsprogramm in diesem Jahr und mit der heutigen Feierstunde zu würdigen. Ich darf sie alle im Namen der KU in unserer Aula, auch ein architektonisches Werk Schattners, herzlich willkommen heißen. Und ich freue mich, lieber Bischof Gregor Maria und lieber Oberbürgermeister Josef Grienberger, dass wir diesen Festakt und den anschließenden Empfang gemeinsam ausrichten.

Gabriele Gien

Eine Universität ist gleichermaßen geprägt von der Vergangenheit und der Gegenwart. Sie stützt ihr Handeln in Forschung und Lehre auf ihre eigene Geschichte und Entwicklung, auf Werte und Wissenschaftstraditionen sowie auf Erkenntnisse und Errungenschaften, die ein Verdienst von Forscherinnen und Forschern vergangener Zeiten sind.

Doch eine Universität bleibt niemals im Gestern stehen. Die Herausforderungen der Gegenwart führen zu neuen Forschungsfragen. Eine sich dynamisch verändernde Welt wirft Fragen auf – und unsere Studierenden sollen vorbereitet werden, um Antworten darauf zu finden. Auch die Art und Weise des Lehrens und Lernens hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Die Hochschuldidaktik heute ist nicht mehr geprägt von Frontalunterricht und Vorlesungen, sondern vor allem von interaktiven Formaten und interdisziplinärer und transdisziplinärer Projektarbeit. Und die Hochschule der Gegenwart öffnet ihre Türen für die Gesellschaft, sie beteiligt Bürgerinnen und Bürger, Politik und Unternehmen.


Die Tradition bewahren und mit der Moderne in Einklang bringen – das ist auch das leitende Konzept in der Architektur Karljosef Schattners. Seine Architektur ist ein Dialog zwischen dem Gestern und dem Heute.

Die KU ist eine vergleichsweise junge Universität, gegründet 1980. Doch sie gründet auf einer langen Tradition, beginnend mit der Errichtung des Priesterseminars 1564. Bei ihrem Aufbau als Hochschule ab den 1960er Jahren wurde der Campus, anders als bei vielen Neugründungen, nicht „auf die grüne Wiese“ gestellt.
Die KU wurde vielmehr behutsam eingefügt in den Kontext einer historisch gewachsenen Stadt.

Die Kollegiengebäude, die Karljosef Schattner in den 1960er Jahren gemeinsam mit dem Ingolstädter Architekten Josef Elfinger errichtete, weisen Bezüge zur Region auf, indem die Baukörper mit Jurabruchsteinen versehen wurden – Sie sehen es hinter mir. Die Architektur Schattners zeichnet jedoch vor allem die gelungene Symbiose aus, die alte, erhaltenswerte Bausubstanz mit neuen, modernen Elementen eingehen.

Sie konnten eingangs in dem gelungenen Film die eindrucksvollen Beispiele sehen: etwa der Ulmer Hof, ein Domherrnhof aus dem späten 17. Jahrhundert von Jakob Engel, dessen Innenhof durch Überdachung zum Lesesaal einer unserer Bibliotheken wurde; oder das Medienhaus der Journalistik, das sich als schlichter Kubus in die barocken Bauwerke der ehemaligen Orangerie einfügt; oder das ehemalige Waisenhaus: ein mächtiges historisches Gebäude von Baumeister Maurizio Pedetti mit einer prächtigen Fassade zur Straße hin, das aufgrund seines ruinösen Zustandes schon dem Abbruch geweiht war. Schattner hat es nicht nur vor diesem bewahrt, sondern durch eigene Ergänzungen – die Erschließung über ein neues, geradezu ikonografisches Treppenhaus sowie an der Rückseite eine neue Fassade in der Formensprache des 20. Jahrhunderts – für die universitäre Nutzung ertüchtigt.

Ich will es bei diesen Beispielen belassen. Ich bin sicher, dass uns Herr Stock dies alles viel fachkundiger erläutern wird.


Das Besondere auf unserem Campus ist, dass sich hier Schattner-Werke aus verschiedenen Phasen seiner Wirkungszeit auf engem Raum versammeln, was es ermöglicht, der Fortentwicklung seines Baustils von den 1960er Jahren bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1991 nachzuspüren.

Im Jahr 1957 hatte Karl-Josef Schattner die Leitung des Diözesanbauamtes im bischöflichen Ordinariat übernommen. Ich freue mich heute zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Ordinariats begrüßen zu dürfen. Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich nicht alle namentlich nennen kann, aber stellvertretend Sie, sehr geehrter Herr Generalvikar Michael Alberter, sowie diejenigen, die in der Nachfolge von Karljosef Schattner wirkten und wirken: den Leiter der Abteilung Bau- und Stiftungswesen, Josef Heinl, den amtierenden bischöflichen Baudirektor Ivo Herrmann sowie seinen Vorgänger Richard Breitenhuber. Der direkte Nachfolger Schattners, Karl Frey, hat sich aus terminlichen Gründen heute entschuldigen lassen.

Zahlreiche weitere kirchliche Vertreter sind heute hier. Nennen möchte ich Professor Ludwig Mödl, der als ehemaliger Regens des Priesterseminars zugleich auch ein wichtiger Bauherr Schattners war mit den Um- und Neubauten im Seminar sowie auf Schloss Hirschberg. Ein herzliches Grüß Gott auch an den amtierenden Regens Michael Wohner, den Vizerektor des Collegium Orientale Mykola Dobra, Hochschulpfarrer Pater Stefan Weig sowie Pfarrerin Christiane Rabus-Schuler und Pfarrer Martin Schuler von der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Eichstätt.

Begrüßen möchte ich auch diejenigen, die durch ihre Arbeit und ihr ehrenamtliches Engagement dazu beitragen, das Erbe Karljosef Schattners nicht nur zu bewahren, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit auf verschiedene Weise zu erschließen. Unter uns sind heute der Direktor des Diözesanbildungswerks Eichstätt, Dr. Ludwig Brandl, der Vorsitzende des Diözesangeschichtsvereins, Peter Stockmann, Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder sowie Hans Bittl, Vorsitzender des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Eichstätt.

Ganz besonders begrüßen möchte ich Dr. Irene Meissner und Dagmar Zacher von der Klaus-Kinold-Stiftung. Mit Unterstützung der Stiftung konnte die sehenswerte Ausstellung im Diözesanmuseum mit Fotografien von Schattners Architektur realisiert werden. Die Ausstellung läuft noch bis Ende Oktober und ich lade Sie herzlich ein, sich diese anzusehen.


Karljosef Schattner hat nicht nur die Universität und viele kirchliche Gebäude erbaut und umgebaut. Er hat in weiten Teilen das Bild der Stadt Eichstätt geprägt, indem er Altes bewahrt und Neues geschaffen hat. Zweifellos ist seine Architektur auch ein Grund, Eichstätt als Gast zu besuchen und zu entdecken – etwa bei den Architekturführungen, die auch in diesem Jahr angeboten werden.

Ich freue mich, neben dem Oberbürgermeister auch den Landrat von Eichstätt, Alexander Anetsberger, begrüßen zu dürfen. Zudem sind heute Abend zahlreiche Stadträte hier – auch Ihnen allen ein herzliches Willkommen. Ganz besonders freue ich mich, dass unserer Einladng so viele Vertreterinnen und Vertreter aus der Architekturbranche und der Bauwirtschaft gefolgt sind, was als Nachweis gelten darf, dass Karljosef Schattner heute noch in Fachkreisen in hohem Maße Anerkennung erfährt. Ich begrüße stellvertretend Herrn Professor Karl-Heinz Schmitz von der Bauhaus-Universität Weimar, der auch einige Jahre im Diözesanbauamt in Eichstätt mit Schattner zusammengearbeitet hat, sowie den Eichstätter Architekten Norbert Dietzinger mit seinem Team, der beim Bau unserer Mensa beteiligt war – und jetzt auch bei der laufenden Generalsanierung unserer Kollegiengebäude. Beide werden später auch bei unserem Podiumsgespräch über „Schattner gestern – heute – morgen“ dabei sein. Ebenso wie Stefan Wenzel, der Leiter unseres Facility Managements, der sich jetzt – neben vielen Aufgaben – auch um das Großprojekt Generalsanierung kümmert. Mit ihm begrüße ich auch die vielen Angehörigen der KU, die heute gekommen sind, stellvertretend die Vorsitzende des Hochschulrats, Barbara Loos.


Noch ein Wort zur Generalsanierung: Den architektonischen Schatz, den wir auf unserem Campus haben, gilt es zu bewahren und zu pflegen. Bekanntlich wurden die Schattner-Bauten vor wenigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt – mitten in der Planungsphase für unsere Generalsanierung. Das war erst einmal eine Herausforderung. Aber die Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde der Stadt Eichstätt, dem Landesamt für Denkmalpflege sowie der Stadtheimatpflege war immer äußerst konstruktiv. Auch baulichen Veränderungen konnten so verwirklicht werden – ich nenne etwa die gelungene Neugestaltung unseres Eingangsbereichs zum Campus mit der Rampe zum Brunnenhof oder die Erweiterung der Mensa um eine Dachterrasse (die übrigens schon von Schattner geplant worden war).

Seit gut einem Jahr läuft nun Generalsanierung – ein Mammutprojekt für die KU, das uns die kommenden Jahre beschäftigen wird. Es ist eine riesige Chance, die Gebäude Schattners, die nun 60 Jahre im universitären Betrieb waren, nicht nur baulich und technisch zu ertüchtigen, ihnen wieder einen „frischen Anstrich“ zu geben, sondern auch ihre räumliche Ausstattung an neue Konzepte in der Hochschullehre anzupassen.

Die Tradition bewahren und mit der Moderne in Einklang bringen – das gilt auch bei diesem Bauprojekt.


Am Ende meiner Begrüßung bleibt mir noch ein Wort des Dankes zu sagen an alle, die diesen Festakt vorbereitet haben und zu seiner Gestaltung beitragen. Besonders danken möchte ich denjenigen, auf die die Initiative für das Jubiläumsjahr zurückgeht und die die Veranstaltungen über fast ein Jahr hinweg vorbereitet und das Programm koordiniert haben: vom Bistum Dr. Claudia Grund, die Leiterin des Fachbereichs Kultur und Denkmalpflege der Diözese, sowie Kunsthistorikerin Katharina Hupp; von der Stadt Lars Bender, Leiter Tourismus, Kultur und Standortmanagement; und von der Katholischen Universität Kanzler Eckhard Ulmer sowie
Dr. Christian Klenk, Leiter der Stabsabteilung Kommunikation und Marketing.

Nun wünsche ich uns einen schönen Abend – und ich gebe den Staffelstab weiter an Bischof Gregor Maria Hanke.