Poesia. German-Italian Forum for contemporary poetry

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© K.List

...wo Gedichte zu Hause sind

«Lyrik ist leicht zu erkennen, aber schwer zu begreifen.» (Heinz Schlaffer, Geistersprache. Zweck und Mittel der Lyrik)

Sich mit dieser so widerspenstigen wie faszinierenden Gattung zu beschäftigen ist die Absicht von Poesia. Deutsch-italienisches Forum für zeitgenössische Lyrik.
Die Idee dazu entstand aus der Auseinandersetzung eines Dichters und einer Literaturwissenschaftlerin mit einem der bekanntesten Gedichte der italienischen Literatur: Leopardis Infinito. Solche Begegnungen sowohl zwischen Schriftstellern und Lesern, zwischen Literaturproduktion und -interpretation, als auch zwischen zeitgenössischer Dichtung und Klassikern, zwischen Dichter und Vorbild, sollen das Fundament der Arbeit von Poesia sein.
Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Formate – von Dichterlesungen und Diskussionen über wissenschaftliche Vorträge und Übersetzungsseminare bis hin zu Workshops mit Studierenden – soll so ein Forum für den Austausch über Lyrik entstehen, für einen Dialog zwischen universitärem und nicht-universitärem Publikum und nicht zuletzt zwischen Italien und Deutschland.

«Die Lyrik ist eigentlich eine Suche nach einer Sprache, die mir die Welt eröffnen kann, wie ich sie staunend wahrnehme. [… Sie lebt] an der unmittelbaren Grenze [...], wo die Dinge, die ich wahrnehme, erst in die Sprache hineinkommen, [...] an dieser Grenze, wo die Sprache ausfranst in das noch Ungesagte, wo die Sprache beginnt, sich zu bewegen, flüssig zu werden, vorwärts zu kriechen in unbekannte Räume. Das ist der Ort, wo Gedichte zu Hause sind.»
(Christian Lehnert, Deutschlandfunk)

 

                                        «La casa della poesia non avrà mai porte.»
                                     (Alda Merini)

                    «Io credo che il giorno che non ci sarà più la poesia, non ci sarà nemmeno l’uomo.»
                  (Giuseppe Ungaretti)

 

Lyrik, f. [nach griech. Lyra = Leier], poet. Gattung, ursprüngl. zur Lyrabegleitung vorgetragene Gesänge. Literar. faßbar im Abendld. erstmals bei den Griechen; erwuchs wie auch in anderen Kulturkreisen [...] aus der Einbettung in den Mythos (Zauberspruch, mag. Beschwörung, Totenklage, Segensformel, Kinder-, Arbeits-, Kriegslied; einfache Formen, Kultlied) und entwickelte im Lauf der Geschichte einen großen Formenreichtum […]. Sie wird bis heute verschiedentl. als Urform der Dichtung angesprochen, läßt aber im Hinblick auf die Vielfalt ihrer historisch, kulturell und gesellschaftlich unterschiedl. ausgeprägten Erscheinungsweisen keine einheitl. und vollständige Begriffsbestimmung zu [...] Relativ konstante Elemente der L. (in typologischer, nicht klassifikator. Hinsicht) in Bezug auf die äußere Form sind Rhythmus (Betonung in nahezu regelmäßiger Abfolge; vgl. auch freie Rhythmen) und Vers; gegebenenfalls Metrum, Reim und Strophe; Bild; Kürze. Dem entspricht hinsichtlich der inneren Form: Konzentration, Abbreviatur komplexer Verhältnisse, Sinnverdichtung und Bedeutungskomplexität, also die Qualität des Lakonischen als Ergebnis sprachl. Verdichtung und Ökonomie, die v.a. durch Wiederholungen ein Gewebe von (gedichtimmanenten) Verweisungen und Bezügen herstellt und deren Addition und Variation in einer (mehr oder minder akzentuierten) Summation zusammenfaßt […]. (Metzler Literatur Lexikon, hrsg. von Günther und Irmgard Schweikle, 2. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1990, S. 286)

Events

Current Events

Trip across Europe with Jan Wagen and Federico Italiano

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"Grand Tour - a journey across the young poetry of Europe". With Jan Wagner, Federico Italiano, Julia Fiedorczuk and Maria Barnas
Wednesday, 6th July .2022, 6.00 p.m.
Holzersaal of the KU, Ostenstr. 26, Eichstätt

Organized by the  Poetry Forum Poesia

 

Past Events

200 Jahre und kein Ende Raoul Schrott und Davide Rondoni im Dialog mit Leopardis "Infinito"

[Translate to Englisch:] Deutsch-italienisches Forum für zeitgenössische Lyrik am Mittwoch, 4. Dezember 2019
© C. Savoldelli

Eröffnungsveranstaltung von Poesia. Deutsch-italienisches Forum für zeitgenössische Lyrik am Mittwoch, 4. Dezember 2019 um 18.00 Uhr im Foyer, Marktplatz 7

 

Schreiben bedeutet stets auch lesen: Es bedeutet, sich mit schon Geschriebenem auseinanderzusetzen, in einen Dialog mit anderen Schriftstellern einzutreten. Dabei werden nicht nur immer wieder die Grenzen der Sprache ausgelotet; durch das Überschreiten solcher Grenzen erweitert sich zugleich auch jedes Mal der Horizont.

Die Dichter Raoul Schrott und Davide Rondoni haben sich in ihrem Dialog mit den Vorgängern beide unter anderem intensiv mit einem italienischen Dichter beschäftigt: mit Giacomo Leopardi. Er wird gern als einer der drei großen italienischen Dichter der Romantik bezeichnet; vor allem aber scheint er sich einer Einordnung in Kategorien permanent zu entziehen: Nicht zuletzt wohl dank solcher Offenheit, die sich den klar definierten Schubladen widersetzt, ist das Werk Leopardis letztlich seiner Zeit weit voraus und gilt der Autor heute geradezu als Begründer der modernen Lyrik. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb er in Italien noch immer rezipiert wird und einige seiner Gedichte ein fester Bestandteil im kollektiven Gedächtnis der Italienerinnen und Italiener sind: Fast niemand kennt nicht zumindest den letzten Vers des berühmten, 1819 veröffentlichten Gedichts L’infinito: «e il naufragar m’è dolce in questo mare» oder «und Schiffbruch ist mir süß in diesem Meer» (in der erneuten, «mit einer ausdrücklichen Verbeugung vor Paul Heyse» entstandenen Übersetzung von Burkhart Kroeber, die bislang unveröffentlicht ist). Doch auch über Italien hinaus genießt dieses nur fünfzehn Verse lange Gedicht große Beliebtheit, wie nicht zuletzt die zahlreichen Übersetzungen und Übertragungen zeigen, deren jüngste erst kürzlich erschienen sind.

Aus dem Dialog mit Leopardis Infinito sind unter anderem zwei verschiedene Übertragungen Raoul Schrotts und ein Essay Davide Rondonis entstanden: zwei verschiedene Wege der Auseinandersetzung, die zugleich den Auftakt geben für «Poesia», das neu gegründete «Deutsch-italienische Forum für zeitgenössische Lyrik». Ausgehend von diesen Texten entspann sich in der Eröffnungsveranstaltung ein deutsch-italienischer Dialog zwischen den beiden (oder besser: den drei) Dichtern, der zugleich ein Gespräch über das Dichten selbst war – heute und vor 200 Jahren –, über die Bedeutung der Lyrik und des Schreibens.