Հարիսա - Widerstand mit Porridge

von Joachim Braun

#RezeptdesMonats #Armenien #Armenozid

Harissa ist ein dicker Brei aus Weizengraupen mit Lamm- oder Hühnerfleisch, der stundenlang gekocht und gerührt wird, wodurch er seine einzigartige cremige Textur erhält. Die armenische christliche Überlieferung führt die Ursprünge dieses Gerichts auf Gregor den Erleuchter zurück, der damit die Armen speiste. Harissa hat für die Armenier eine besondere Bedeutung erlangt. Während des Völkermords im Ersten Weltkrieg beschlossen Armenier aus sieben Dörfern den Musa Dagh zu erklimmen und auf dem Gipfel verschanzt Wiederstand zu leisten. Sie kämpften von Juli bis September 1915 über 40 Tage lang gegen die jungtürkischen Truppen. Während dieser Zeit hatten sie Weizen und Lamm bei sich, sodass sie Harissa kochten, um die über 5000 Menschen ernähren zu können. Dieser Begebenheit hat Franz Werfel im ersten Kapitel des zweiten Buchs seines monumentalen Epos „Die 40 Tage des Musa Dagh“ ein bleibendes Denkmal gesetzt. Bei den Nachfahren der Überlebenden ist dieses Gericht deshalb stark mit der Erinnerungskultur des Völkermords verbunden.

 

Franz Werfel: Die 40 Tage des Musa Dagh, 2. Buch, 1. Kapitel:

„Harisa heißt eine Nationalspeise der Armenier schon seit undenklichen Zeiten. Wie alles Uralte, dem Gedächtnis der Generationen Entwachsene, ist auch diese Speise und ihre Zubereitung von einem Hauch des Religiösen und Feierlichen umwittert. Dies war auch der Grund, warum die bloße Erwähnung eines Harisa-Festes in dem verdüsterten Volke Traulichkeit verbreitete. Dabei bestand die Speise, gleich allen Abwandlungen der menschlichen Küche, nur aus wenigen und einfachen Bestandteilen, aus kleinen Lammfleischwürfeln, aus Fett, aus gehackten Knorpeln und Gorgod, grobgeschälten Weizengraupen, die dem Ganzen beigemischt waren. Doch die Materie war nicht das Wichtigste, handelte es sich doch bei Harisa um eine Festspeise, die im September die vielfältigen Erntewochen von Gal, dem Dreschfest, bis Wartawar, der Weinlese, alljährlich belohnte. Ter Haigasun sorgte also trotz Verschickung und Flucht dafür, daß sien Volk auch auf dem Damlajik nicht um eine der wenigen Lebensfreuden kommen sollte, die es besaß. Die Harisa-Freude lag aber nicht nur im Essen, sondern weit mehr noch in der Zeremonie der langwierigen Zubereitung. In den Tonirs mußte die ganze Nacht über ein mäßiges Feuer unterhalten werden, auf dem die Mischung langsam kochte. Am Morgen war dann das Wasser im Topfe verdunstet und nur mehr eine fest zusammengewachsene Masse blieb übrig. Jetzt aber begann erst das Vergnügen der Jugend. Lang vor der üblichen Zeit erhoben sich im Hause die jungen Burschen und Mädchen, um mit dem Klappstock Tentotz, der in jedem Gerätewinkel aufbewahrt wird, Harisa zu schlagen, denn die Masse mußte erst zurechtgeprügelt werden, wie in anderen Ländern der getrocknete Stockfisch. Dies alles war nur ein kleiner, blasser Teil der altberühmten und überlieferten Lustbarkeiten, die mit dem Harisa-Fest im Zusammenhang standen. Dank Ter Haigasuns Versprechungen hatte das Volk des Musa Dagh trotz allem ein solches Fest zu erwarten. Der Priester, Tatsachenmensch und Psychologe zugleich, verfolgte mehrere Absichten damit. Erstens: Er wußte, daß der Mensch zugrunde geht, wenn er sich nicht auf irgend etwas, und sei es auch das Geringste, freuen kann. Zweitens: Harisa ist keine reine Fleischspeise, da sie einen Mehlzusatz enthält. Sie hilft Brot sparen und befriedigt doch das Bedürfnis danach. Drittens: Harisa verdirbt nicht. Sie ist kalt und warm genießbar, äußerst sättigend und bedeutet folglich den besten Kriegsproviant. Viertens: Der armenische Bauer und Handwerker fühlt sich in einer Welt nicht zu Hause, wo es keinen Tonir gibt. Vielleicht kommt das daher, weil der Tonir einst der Altar der Feueranbetung gewesen ist, weshalb ihn auch heute noch die Gefühle eines göttlich gesicherten Heimwesens umschweben mögen. Ter Haigasun strebte nichts tatkräftiger an, als seinen Gemeinden hier in der Wildnis und Todesumschlungenheit das Bewußtsein zu schenken: Wir sind zu Hause. Dafür sollten trotz aller Opfer und Entbehrungen die Tonirs und Harisa sorgen. Dies plante der kluge Priester; und kaum hatte er die vertrauten Worte gesprochen, hellte eine Welle von Zufriedenheit die murrenden Gesichter auf.“

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Zutaten:

1 kg Lamm oder Geflügel
4 Tassen Gemüsebrühe
4 Tassen Wasser
2 Tassen Perlgraupen
2 TL Salz
Zimt
Butter

Zubereitung:
  1. Das Fleisch in kleine Gulaschstückchen zerteilen, abkochen und das gekochte Fleisch schließlich mit zwei Gabeln zerrupfen.
  2. Das zerrupfte Fleisch, die Gemüsebrühe, das Wasser und die Pergraupen mit Salz in einen Topf geben. So lange kochen, bis ein dickflüssiger Brei (wie Porridge) entsteht.
  3. Zum Schluss mit Zimt und Butter abschmecken.