20 Jahre Kinder- und Jugendhilfegesetz: Erziehungsfähigkeit der Eltern stärken

Auf Einladung der Fakultät für Soziale Arbeit sprach Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) über die Entwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts (Sozialgesetzbuch VIII) in den letzten zwanzig Jahren. Das SGB VIII ist die maßgebliche Rechtsgrundlage für alle Dienste und Einrichtungen zur Förderung und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Als langjähriger Leiter des Referats Rechtsfragen der Kinder- und Jugendhilfe im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat Professor Wiesner die Entwicklung maßgeblich mitgeprägt.

Das Kinder- und Jugendhilferecht ist die Schnittstelle zwischen Elternrecht und staatlichem Wächteramt. Dass es seit 1991 über dreißig Mal geändert wurde, zeige die gesellschaftliche Relevanz. Die wichtigsten Änderungen betreffen den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, den Ausbau der Kindertagesbetreuung, die Kindschaftsrechtsreform sowie insbesondere die gesetzlichen Änderungen zum Schutz vor Kindeswohlgefährdungen. In seinem Ausblick mahnte Wiesner, mit dem deutlichen Fokus auf den Kinderschutz aufgrund medialer Aufrüstung nicht die Jugendlichen und jungen Volljährigen aus dem Blick zu verlieren. Außerdem dürfe die Jugendhilfe nicht der Versuchung nach „positiven Standards“ für die Kinder- und Jugendhilfe erliegen. Die verfassungsrechtliche Elternverantwortung müsse gewahrt bleiben. Die Jugendhilfe dürfe nicht zurück gehen und wieder als Eingriffs- und Kontrollinstanz erscheinen. Ihr Auftrag sei, jungen Menschen entsprechende Startchancen zu eröffnen.

Die nächsten Änderungenseien schon in der Planung: Der im Dezember vorgelegte Entwurf eines Bundeskinderschutzgesetzes und die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. Der Fall Kevin aus Bremen habe die Defizite im Bereich des Vormundschaftswesens bekannt gemacht. Prof. Dr. Renate Oxenknecht-Witzsch, die Kinder- und Jugendhilferecht an der KU vertritt, wies darauf hin, dass allein gesetzliche Änderungen nicht ausreichen. Die Erziehungsfähigkeit der Familien müsse dringend gestärkt und gefordert werden.