„Die Brandmauer macht Sinn“ – Einschätzungen zur Bundestagswahl
Der Wahlkampf geht in den Endspurt: Am Sonntag wählt Deutschland einen neuen Bundestag, die politischen Weichen für die kommenden Jahre werden neu gestellt. Politikwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Stüwe gibt eine Einordnung zu Themen und Strategien der Parteien sowie der aktuellen Stimmung im Land.
„Viele spüren, dass diese Bundestagswahl eine entscheidende sein wird“, sagt Stüwe mit Blick auf die gesellschaftliche Stimmungslage. Die inhaltlichen Differenzen, die im Herbst 2024 zum Bruch der Ampelkoalition und damit zur vorgezogenen Neuwahl führten, zeigen sich auch in der Bevölkerung – sei es zu Klimapolitik, Ukrainekrieg oder Wirtschaftskrise. Hinzu kamen in den letzten Monaten mehrere Anschläge und damit eine große Debatte um das Thema Migration. „Das kulminiert jetzt in einer sehr aufgeheizten Stimmung“, konstatiert der Politikwissenschaftler. Die Migrationsfrage überlagere alle anderen Themen – und das, obwohl die demokratischen Parteien sich ursprünglich verständigt hätten, diese Frage möglichst aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Wichtige alternative Themen gäbe es jedenfalls zuhauf. Stüwe verweist insbesondere auf die Wirtschaft und die lange überfällige Reform des Pflegesystems.
Prof. Dr. Klaus Stüwe
Im Zuge der Migrationsdebatte entwickelte sich auch eine hitzig geführte Diskussion über die Zusammenarbeit mit der AfD, die den Wahlkampf nun ebenfalls stark bestimmt. Prof. Dr. Klaus Stüwe betont: „Die Brandmauer macht Sinn. Es handelt sich bei der AfD um eine in Teilen rechtsextreme Partei, die sich fundamental in ihren Grundwerten unterscheidet von den anderen, den demokratischen Parteien“. Jenseits der Inhalte gehe es auch um strategische Überlegungen. Der Professor verweist beispielhaft ins Nachbarland Österreich, wo die rechtspopulistische FPÖ zuletzt 2017 bis 2019 an der Regierung beteiligt war: „Eine Zusammenarbeit oder Koalition hat immer zur Stärkung der rechtspopulistischen Parteien geführt.“ Die Parteien in Deutschland werden das aus seiner Sicht „nicht in Kauf nehmen“.
In Frage gestellt wurde die Brandmauer zuletzt lautstark von außen: US-Vizepräsident J.D. Vance sagte am Freitag auf der Münchner Sicherheitskonferenz, für Brandmauern sei kein Platz und forderte zur Zusammenarbeit mit der AfD auf. Stüwe kritisiert diese Äußerung als „unangemessen“. Der USA-Experte betont, dass mit dem Wahlsieg Trumps klar gewesen sei, dass sich das transatlantische Verhältnis grundlegend ändern würde. „Deutschland muss sich auf diese neue Situation einstellen – Vance hat noch einmal plakativ klargemacht, dass aus dem Weißen Haus nun ein anderer Wind weht.“
Unabhängig des Wahlausgangs sieht Stüwe die künftige Bundesregierung vor großen Herausforderungen: „Internationale Konflikte, ein Krieg vor unserer Haustür, die Wirtschaft schwächelt, die Klimafrage ist nach wie vor drängend.“ Die Menschen hätten viele Ängste und Sorgen bezüglich der Zukunft des Landes, aber auch ihrer individuellen Zukunft, was die Polarisierung weiter vorantreibe. „Wir können daher nur hoffen, dass es gelingt, eine handlungsfähige und stabile Bundesregierung zu bekommen, die all diese Herausforderungen tatkräftig anpacken kann.“
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