"Die Kirche lebt von der Eucharistie" (Papst Johannes Paul II) - (Glaubensmail 3/2013 S. 3f - Siehe Link)
Die folgenden Gedanken könnten eine Anregung für die Predigt oder Katechese am 3. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr C) bieten. Sie beziehen sich auf das Evangelium Joh 21,1-14 (Kurzfassung).
Viele Menschen, durchaus auch gläubige Christen, tun sich mit der Kirche schwer. Ihr äußeres Erscheinungsbild wirkt auf manche antiquiert, ihr Einfluss in der Gesellschaft erscheint einigen suspekt, ihre Botschaft nehmen nicht wenige vor allem als Gebote und Verbote wahr. Hinzu kommen die Skandale der jüngsten Zeit, der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester und Ordensleute, die von zwei katholischen Krankenhäusern in Köln verweigerte Hilfe für eine vergewaltigte junge Frau, die offenkundigen Machtspiele im Vatikan und die Intransparenz in der römischen Kurie. Das alles hat das Vertrauen in die Kirche stark erschüttert und manche in ihrer Meinung bestärkt, auch ohne die Kirche an Gott und Jesus glauben zu können. Geht aber Leben aus dem Glauben an der Kirche vorbei?
Der heutige Abschnitt aus dem Schlusskapitel des Johannesevangeliums atmet die lebendige Erfahrung der frühen Kirche, in dem es an den bleibenden Maßstab erinnert, an dem sich die Kirche aller Zeiten messen lassen muss. Zwei Gedanken seien kurz herausgegriffen. Johannes berichtet, dass Petrus und die anderen Jünger fischen gehen, ihr Tun aber erfolglos bleibt. Sie fangen nichts. Erst als sie auf Jesu Wort hin das Netz auswerfen, ist ihr Fang so reich, dass sie das Netz kaum wieder einholen können. Damit zeigt der Evangelist: Wo die Kirche in eigenem Namen und auf eigene Faust handelt, kann sie nicht Kirche Jesu Christi sein. Selbst ein Petrus vermag nicht aus eigener Kraft zu wirken. Würde die Kirche allein aus ihrer eigenen Macht handeln, würde sie nicht vertrauen, dass Gott größere Möglichkeiten als wir Menschen hat, wäre sie schnell am Ende. Alles Tun der Kirche lebt vom Auftrag Jesu. Erst sein Wort und seine Ermächtigung geben der Kirche die Kraft, im Namen Jesu zu handeln, ja da wirkt letztlich Jesus durch die Kirche. Kirche ist deshalb nicht ein Verein, eine rein menschliche Veranstaltung zur Verbreitung einer Glaubenslehre oder zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse; sie lebt vor allem von der bleibenden Gegenwart ihres Herrn.
Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende.Nach dem Fischfang lädt Jesus die Jünger zum Mahl ein. Er fordert sie auf, einige von den Fischen, die sie eben gefangen haben, zu bringen. Die Frucht ihrer Arbeit soll in das Mahl eingehen. Einsatz, Mühe, Wagnis und Erfolg der Kirche wachsen hinein in das gemeinschaftliche Mahl. Damit spielt der Evangelist auf die Eucharistie an: „Herr, wir bringen in Brot und Wein unsere Welt zu dir“ (vgl. GL 534). Die Gaben, die in der Messfeier zum Altar getragen werden, sind Zeichen für uns und unser Leben, für unsere Bereitschaft, uns hineinziehen zu lassen in die Hingabe Jesu. Es ist deshalb wünschenswert, die Gaben für die Eucharistie, zusammen mit der Geldgabe, unter Teilnahme der Gläubigen aus der Mitte der Versammlung in einer Gabenprozession zum Altar zu bringen (vgl. AEM 49/GORM 140).
Wie Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden, so nimmt Jesus in den Gaben uns an, um unser alltägliches Leben, unser Bemühen nach seinem Wort und Beispiel zu leben, zu verwandeln in die große Gabe seiner Hingabe und Liebe. Und wenn wir dann zur Kommunion erneut zum Altar hinzutreten und teilhaben an seinem Leib und seinem Blut, stärkt uns der Herr für unser Leben und unser Christsein im Alltag.
Was hier für jeden von uns gesagt ist, gilt für unser kirchliches Leben in der Gemeinschaft der Pfarrei, ja für die Kirche als Ganze. Wir leben von dieser lebendigen Begegnung mit Christus, wie sie uns in der österlichen Feier der Messe geschenkt ist. In die Begegnung mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen mündet unser alltägliches Leben ein, in der Begegnung mit ihm empfängt es seine Kraft. Ganz knapp und schlicht hat dies Papst Johannes Paul II. ausgedrückt: „Die Kirche lebt von der Eucharistie.“ Ohne die Eucharistie, ohne die sonntägliche Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung Jesu Christi verlöre die Kirche ihre Mitte. Ohne die lebendige Verbindung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn können wir nicht Christen, können wir nicht Kirche sein. Bei allen menschlichen Schattenseiten, bei aller Schuld und Sünde, von der kein Christ und darum auch die Kirche nicht gefeit ist, bleibt die Kirche doch immer auch das Volk Gottes, in dem die Menschen dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn begegnen, der ihr allezeit gegenwärtig ist.
Prof. Dr. Jürgen Bärsch