Das Stadttor von Simone Neßlinger und Rebecca Erhardt symbolisiert eines der zahlreichen barocken Häuserfassaden in der Eichstätter Altstadt. Bei einem ausgiebigen Rundgang hatten die beiden 23 und 24 Jahre alten Studentinnen verschiedene Gebäude als gestalterische Vorbilder ausgekundschaftet. Sie zeichneten viele Entwürfe, erstellten Fotomontagen und Modelle mit dem 3-D-Drucker, um die Wirkung ihrer Idee bei der Umsetzung als Kunstobjekt zu überprüfen. Ihr finaler Entwurf ist im oberen Teil angelehnt an ein Stadthaus in der Pfahlstraße direkt gegenüber dem Westportal des Eichstätter Doms, in dem sich eine Mezgerei befindet. Der untere Teil wiederum – das eigentliche Tor – ist von seiner Form her einem Eingang zu einem der prächtigen Gebäude am Residenzplatz nachgebildet.
Ihre Idee sei es, das neue Stadttor an einem der Fahrradwege von Eichstätt aufzustellen, damit Bürger und Touristen hindurchfahren, wenn sie auf Eichstätt zufahren. Der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger könnte sich auch einen Aufstellort auf einem erhöhten Punkt vorstellen, damit man durch das Tor auf die Stadt sehen kann. Grienberger bildete gemeinsam mit dem Eichstätter Landrat Alexander Anetsberger und Prof. Dr. Rainer Wenrich, Inhaber der Professur für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik an der KU, die Jury, die im Wettbewerb die finale Auswahl des umzusetzenden Kunstwerks traf. Die Kommission zeigte sich von den Ideen der Studierenden begeistert – besonders aber vom Siegerentwurf. Die Formensprache mit der Barockfassade und das Material Cortenstahl würden das historische und moderne Eichstätt verbinden. Bei der Verkündigung des Ergebnisses wurde schon die Frage gestellt, ob das Stadttor womöglich zum neuen „Instagram-Hotspot“ Eichstätt werde.
14 Ideen für Kunstwerke waren bei dem Kunstwettbewerb zur Auswahl gestanden. Studentinnen und Studenten der KU hatten sich zunächst in einer Lehrveranstaltung intensiv mit dem Thema Kunst im öffentlichen Raum auseinandergesetzt. „Ziel des Projektes ist es, den öffentlichen Raum als einen ästhetischen Gestaltungsraum für die Menschen in Stadt und Region erlebbar machen, an dem alle gemeinsam mitwirken können,“ erklärt Petia Knebel, Akademische Oberrätin im Fachbereich Kunstpädagogik, die das Projekt leitet. Ehe die Studierenden ihre Entwürfe erstellten, erforschten sie die geografischen und kulturellen Besonderheiten des Raums Eichstätt und dessen landschaftliches Umfeld, führten Umfragen in der Bevölkerung und im Freundes- und Bekanntenkreis durch, um Ideen, Meinungen oder Vorschläge für mögliche künstlerische Umsetzungen einzuholen. Eine Vorgabe an die Kunstobjekte war, dass diese sich mit den architektonischen, kulturellen und sozialen Charakteristika der Stadt beschäftigen.
Drei Wochen lang waren die Entwürfe im Foyer des KU-Gebäudes Marktplatz 7 ausgestellt. Nach der Vorauswahl durch eine Fachjury konnten dann die Bürgerinnen und Bürger ihr Votum abgeben. Fast 900 Stimmen wurden mithilfe von kleinen Stimmkärtchen abgegeben – knapp die Hälfte davon entfiel auf den Siegerentwurf (430 Stimmen). Der Entwurf von Jeanette Agreiter „ein Teil von Mir / Dir / Ihm / Ihr … Uns“ erhielt 239 Stimmen, die Idee „Begegnung in Bewegung“ von Katharina Hüfner 123 Stimmen und Anne Schrödels „Projekt (Aus-)Tausch“ 86 Stimmen.
Nun geht es an die Umsetzung des Kunstwerkes. Simone Neßlinger und Rebecca Erhardt werden gemeinsam mit lokalen Handwerksbetrieben und Vertretern der Stadt die Details dafür und den Ort für die Aufstellung des Stadttors klären. Dann wird das Kunstwerk angefertigt und installiert. Die Finanzierung übernimmt die Volkswagenstiftung. Die Künstlerinnen würden ihr Stadttor am liebsten auf dem Radweg an der Altmühl zwischen Rebdorf und Eichstätt aufstellen, sodass es Bürger und Touristen beim Radfahren in die Stadt hinein durchqueren. Sie seien aber auch für andere Aufstellungsorte offen.