Das Gespräch führte Annalia Machuy von der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost". Florian Kluger ist Professor für Liturgie, Dogmatik und Verkündigung in Eichstätt und mitverantwortlich für die Kooperation mit Jesuit Wordwide Learning
Herr Kluger, ab diesem Wintersemester ist die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) Teil des Bildungsprogramms „Jesuit Worldwide Learning“ (JWL). Wie kam die Kooperation zustande?
Der Direktor des Programmes, Jesuitenpater Peter Balleis, ist auf uns als KU zugekommen und hat uns als Partner für JWL angefragt. Das jesuitische Bildungsprogramm bietet unter anderem Fortbildungen zum sogenannten „Learning Facilitator“. Diese „Lernbegleiter“ können dann vor Ort andere Studierende persönlich unterstützen und fungieren so als Multiplikatoren. Als Katholische Universität mit Schwerpunktsetzung in der Lehrerausbildung und in der Bildungsarbeit können wir in diesem Bereich des Programmes einen wichtigen Beitrag leisten.
Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?
Aktuell ist es vor allem eine ideelle Unterstützung. 31 Studierende aus Afghanistan und Kenia sind an unserer Universität eingeschrieben und absolvieren das von JWL angebotene Programm. So können ihnen offizielle akademische Weiterbildungszertifikate und Nachweise ausgestellt werden. Die Fakultät für Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit bietet hierfür den institutionellen Rahmen und garantiert für die akademische Qualität. Wir arbeiten derzeit daran, auch personelle und inhaltliche Ressourcen für das Programm bereitzustellen. Wir rechnen mit einer vielfältigen Beteiligung der verschiedenen an der KU vertretenen Disziplinen.
Wichtigstes Medium von JWL ist das Internet. Für Kardinal Newman war bei Bildung hingegen die persönliche Begegnung zwischen Lehrendem und Lernendem entscheidend, eine „Einfühlung von Geist zu Geist“, wie er es nannte. Wie schafft JWL es, beides zu verbinden?
Das Programm arbeitet ähnlich einem Fernstudium vor allem mit Online-Kursen. Die Studierenden können auf einer e-Learning-Plattform Inhalte herunter- und ihre Arbeitsergebnisse hochladen. Wir alle wissen, dass bereits in Deutschland nicht überall eine gute Internetverbindung vorhanden ist. Noch weniger ist dies in Krisengebieten der Fall. Um unabhängiger von der Verfügbarkeit von Internet zu sein, wurde in Kooperation mit dem Online-Marketing-Unternehmen „Seitwerk“ eine App entwickelt, mit der die Studierenden auf ihren Tablets auch offline arbeiten können. Ergänzt wird dies durch Lerngruppen vor Ort. Dort findet ein intensiver Austausch statt. Zum Online-Kurs gehören auch regelmäßige Chats, bei dem Ansprechpartner mit den Studierenden über das Gelernte diskutieren. Der persönliche Austausch ist trotz der stark digitalen Ausrichtung des Programms wesentlich für das Lernen. Das Internet ist lediglich das Medium, um diesen Kontakt auch an den Orten möglich zu machen, an denen jungen Menschen oft keinen Zugang zu Bildung haben.
Die Präsidentin der KU, Frau Gabriele Gien, hat von einer „globalen Verantwortung“ der Katholischen Universität für Bildung gesprochen. Warum, glauben Sie, ist es wichtig, als katholische Bildungseinrichtung diese Verantwortung wahrzunehmen?
Im Namen unserer Universität steht es bereits: Katholisch heißt allumfassend und bedeutet im konkreten Fall, dass die KU ihren Auftrag für das Wohl aller ernst nimmt. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht im ersten Satz der Konstitution über die Kirche in der Welt von heute davon, dass Freude und Hoffnung, Trauer und Angst aller Menschen heute auch immer uns als Christen betreffen und uns zum Handeln herausfordern. Für ihren Bereich, nämlich der Bildung, greift dies die KU auf und möchte auch gerade dort ihrem Auftrag gerecht werden, wo Menschen nur eingeschränkte Teilhabechancen haben, wie zum Beispiel in Krisengebieten. Mit verschiedenen Initiativen nimmt die KU diese globale Verantwortung ernst, die Kooperation mit JWL ist nur eine davon.
JWL richtet sich dabei an Menschen jeder Kultur und Religion. Inwiefern spielt der christliche Glaube dennoch eine Rolle?
JWL ist keine missionarische Organisation. Ziel ist nicht, den katholischen Glauben an die Studierenden heranzutragen, sondern ihnen durch gute Bildung eine Perspektive zu geben und ein besseres Leben zu ermöglichen. Der christliche Glaube ist hierbei die Motivation, sich für Menschen in Not oder an den gesellschaftlichen Rändern einzusetzen.
Dieser Einsatz ist zunächst einmal selbstlos und verfolgt keine Nebenzwecke. Wenn die Studierenden dann einmal fragen, aus welcher Motivation heraus wir das machen, dann können wir ihnen natürlich Antwort geben. So wie es im ersten Petrusbrief 3,15 heißt: Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.
Kritische, lösungsorientierte Persönlichkeiten auszubilden, sei der Schlüssel zum Frieden, sagt Pater Balleis SJ. Wie kann eine solche Bildung zum Frieden konkret gefördert werden?
Gewalt ist oft das Ergebnis von Perspektivlosigkeit. Dagegen ist JWL eine Initiative, die Perspektiven bieten möchte. Dies geschieht zum Beispiel durch Bildung, die kritisches und reflektiertes Denken und Handeln ermöglicht. Durch Qualifizierungsprogramme wird den Menschen vor Ort nicht nur persönliche Hoffnung gegeben, sondern auch die Möglichkeit, Problemen konstruktiv zu begegnen. Frieden wird meines Erachtens dort möglich, wo viele Menschen sich in Achtung und Respekt begegnen. Genau dort möchte JWL, das ja gerade in den Krisenregionen der Erde arbeitet, ansetzen.
Quelle: Annalia Machuy / Die Tagespost vom 6. Nov. 2019