Hommage und Mahnung: Wie Bauhaus bis heute die deutsch-jüdische Kultur prägt

Die an der KU entstandene Ausstellung „Bauhaus für alle!“ ist derzeit zu Gast im Jüdischen Museum Franken in Fürth. Anlass ist das Jubiläumsjahr „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Denn viele Künstlerinnen und Künstler, die am Bauhaus als bedeutender Kunstschule lehrten und lernten, waren Jüdinnen und Juden. Viele von ihnen wurden unter den Nationalsozialisten vertrieben und ermordet. Gleichzeitig prägten emigrierte jüdische Architektinnen und Architekten der Bauhaus-Schule nach dem Krieg das Gesicht der neuen Stadt Tel Aviv, die dieses Erbe bis heute sichtbar macht. Eine separate Ausstellung im Fürther Museum geht auf diesen Aspekt gesondert ein. Der Eichstätter Beitrag wird unter der Leitung von Anna Beke, Projektmitarbeiterin der Professur für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik an der KU sowie des Projektes „Mensch in Bewegung“, bald durch einen Film eine Erweiterung erfahren. Dieser entsteht der derzeit mit Studierenden der Kunstpädagogik und Journalistik. Ziel dabei ist es, die Themen Bauhaus, deutsch-jüdische Kunst und Kultur sowie die Präventionsarbeit gegen Antisemitismus miteinander zu verbinden.

Die Ausstellung „Bauhaus für alle!“ entstand 2019 anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Bauhaus“. Dafür setzten sich Schülerinnen und Schüler des Willibald-Gymnasiums Eichstätt mit den Visionen und Utopien der legendären Kunst- und Ideenschule auseinander und präsentierten anschließend ihre Gestaltungen und der Galerie der Universität. Der Titel war und ist Programm: Die Ausstellung versteht sich einerseits als Hommage an die Künstlerinnen und Künstler des Bauhauses. „Ihre künstlerischen Innovationen prägen die Welt bis heute, andererseits ist die Ausstellung aber auch als Ort des lebendigen Austausches im Hier und Jetzt, der allen Interessierten offensteht, um in die faszinierende Welt des Bauhauses einzutauchen“, schildert Beke.

Das aktuelle Filmprojekt knüpft an die Ausstellung an und will ihr so einen neuen Akzent geben, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie eng die Geschichte des Bauhauses mit der Geschichte jüdischer Kultur und Kunst in Deutschland verbunden ist: „Hierbei wollen wir uns nicht nur allbekannten Bauhaus-Größen wie Oskar Schlemmer oder Wassily Kandinsky nähern, sondern den Blick auch auf Persönlichkeiten und Besonderheiten werfen, von denen viele wahrscheinlich noch nichts gehört haben,“ erläutert Beke. Thematisiert werden zum Beispiel die Bauhaus-Kapelle und -bühne oder auch die tragische Persönlichkeit Friedl Dicker, die zu den frühen Bauhaus-Künstlerinnen aus dem Umfeld von Schlemmer und Kandinsky gehörte und später in Auschwitz ermordet wurde. Vor ihrer Deportation aus dem Ghetto Theresienstadt nach Auschwitz hatte Dicker heimlich mehreren hundert Kindern Kunstunterricht erteilt und das Bauhaus auf diesem Weg auch in das Konzentrationslager gebracht.

Ein besonderer Schwerpunkt des Ausstellungsfilms liegt darüber hinaus auf den Fragen, welchen Einfluss das Bauhaus noch heute auf renommierte jüdische Künstlerinnen und Künstler in Deutschland hat, was ihre jüdische Identität einerseits und das diesjährige Jubiläumsjahr andererseits ihnen persönlich bedeutet. Hierfür wurden die Schriftstellerin Lena Gorelik sowie Daniel Grossmann, künstlerischer Leiter des Jewish Chamber Orchestra Munich, vom „Mensch in Bewegung“-Produktionsteam an besonderen Drehorten interviewt: in der Pinakothek der Moderne in München vor Originalen, gestaltet von Künstlern des Bauhauses, sowie im Lichthof der Hochschule für Musik und Theater München, dem ehemaligen sogenanntem „Führerbau“ und heutiger international bekannter Ausbildungsstätte professioneller Musiker*innen.

Erstmals öffentlich gezeigt wird der Film bei einer Tagung der Bayerischen Museumsakademie am 15. Juli. Diese greift die derzeitige Präsentation von drei verschiedenen Ausstellungen in Fürth unter dem Titel „Das Bauhaus am Jüdischen Museum Franken“ auf und wird gemeinsam von der Bayerischen Museumsakademie, der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und dem Jüdischen Museum Franken veranstaltet. Die Tagung selbst sucht nach Wegen, das präsentierte Themenfeld in der Bildungs- und Vermittlungsarbeit gerade auch für junge Menschen zu öffnen. Zur Tagung sprechen unter anderem Dr. Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, sowie die Schriftstellerin Lena Gorelik. Die Tagung findet online über Zoom statt; die Teilnahme ist kostenfrei.

Weitere Informationen zur Ausstellung: www.juedisches-museum.org/

Weitere Informationen zur Tagung auf der Homepage der Bayerischen Museumsakademie www.bayerische-museumsakademie.de in der Rubrik „Veranstaltungen“.

 

Kontakt:

Anna Beke, wiss. Mitarbeiterin
Professur für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
E-Mail: anna.beke(at)ku.de