Im Interview: Geistige Kommunion: Vorzeichen sind heute völlig anders

Eichstätter Liturgiewissenschaftler Bärsch schildert theologische und historische Hintergründe der Kirchenzeitung in Eichstätt.

Was ist die geistige Kommunion?
Erläuterungen von Prof. Dr. Jürgen Bärsch, Liturgiewissenschaftler an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Im Hintergrund steht der Gedanke, dass der Wunsch, ein Sakrament zu empfangen, den realen, sinnenhaft-sakramentalen Vollzug ersetzen kann. Schon der heilige Augustinus war überzeugt, dass auch auf geistig-geistliche Weise eine gnadenhafte Verbindung mit Christus und der Gemeinschaft der Kirche erfolgen könne. In der Spätantike, verstärkt aber seit dem Frühmittelalter setzte aus Gründen der Ehrfurcht und eines zunehmenden, bald auch übersteigerten Sündenbewusstseins ein massiver Rückgang im Kommunionempfang ein. Aus Angst, die Eucharistie „unrein“ zu empfangen, begnügten sich viele Gläubige allein mit dem Anschauen der konsekrierten Hostie. In diesem Zuge erfolgte die theologische Reflexion der „geistigen“ Kommunion, die dann vom Konzil von Trient lehramtlich formuliert wurde. Zugleich hielt das IV. Laterankonzil 1215 fest, dass jeder Gläubige wenigstens einmal jährlich (zu Ostern) die Sakramente der Buße und Eucharistie empfangen müsse. Das Konzil betonte damit also die Rolle des konkret sinnenhaft erfahrbaren Sakramentengeschehens. Wegen der Corona-Pandemie wird heute wieder die geistige Kommunion als eine Möglichkeit in Erinnerung gerufen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es sich hier nicht um ein eucharistisches Fasten (im Sinne eines geistlichen Verzichts) handelt, sondern um eine von außen erzwungene, hygienisch-medizinelle Maßnahme, die gegebenenfalls am sakramentalen Empfang der Eucharistie hindert. Damit sind die Vorzeichen völlig andere. Das seit Pius X. wieder gewachsene Bewusstsein, dass die sakramentale Kommunion eine ganzheitliche, mit allen Sinnen umfangende Begegnung mit Christus und untereinander schenkt und zur Vollteilnahme an der bewusst und tätig gefeierten Eucharistie führen will, muss auch unter den gegenwärtigen Einschränkungen und Auflagen bestimmend bleiben.
Jürgen Bärsch/bb