Influencer in Uniform – die Kommunikation der Polizei auf Social Media

Witzig, unterhaltend, transparent: Schlagwörter, die eigentlich nicht mit der Kommunikationsarbeit der Polizei in Deutschland in Verbindung gebracht werden. Doch die Dienststellen haben längst die sozialen Medien erobert. Auf Facebook, Twitter und Instagram avanciert die Polizei zu einem Akteur mit großer Reichweite. Wie das die Kommunikation der Polizei verändert, beleuchtet eine Studie des Fachbereichs Journalistik der KU.

„Die Polizei hat ihre Öffentlichkeitsarbeit professionalisiert, die Kommunikation in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram hat einen großen Beitrag dazu geleistet", sagt Dr. Michael Graßl. Um die Polizeikommunikation auf Social Media in Deutschland umfangreich beschreiben zu können, hat der Wissenschaftliche Mitarbeiter Interviews mit Social-Media-Expertinnen und Experten der Polizei geführt und mehr als tausend Social-Media-Posts auf Facebook, Twitter und Instagram inhaltsanalytisch untersucht.

„Das Kommunikationsverhalten der Polizei auf Social Media wurde in den vergangenen Jahren durchaus kontrovers diskutiert, die Reaktionen reichten von begeistert bis sehr kritisch. Aber einige der Vorwürfe, was zum Beispiel eine sehr legere Kommunikationsweise betrifft, bestätigen sich in der Breite nicht“, erklärt Graßl. So spielen humorvolle Elemente in Posts – sie kommen in acht Prozent aller Beiträge vor – und eigene Meinung – meist in Form von Statements zum Beispiel zu Gedenktagen – nur eine untergeordnete Rolle in der Kommunikation.

Stattdessen ist die Kommunikation stark auf den Bürger vor Ort ausgerichtet. „Es ist schön, dass uns der ausgewanderte Deutsche in Australien folgt, aber der Zweck ist damit nicht erfüllt. Es geht uns um die Leute hier“, beschreibt etwa Florian Hirschauer vom Polizeipräsidium München das Vorgehen. „Die Mehrzahl der Posts weist in der Tat einen Bezug zu regionalen Ereignissen auf. Hier ist die Ansprache auch am ehesten mit einem ‚seriösen Du‘ zu beschreiben, das heißt, die Bürger oder die Community wird direkt und per Du angesprochen, aber stets höflich und sachlich. Der Einsatz von Dialekt beispielsweise findet sich nur einem Prozent aller Posts“, so Graßl. Zudem ist die Kommunikation der untersuchten Accounts fast durchgehend neutral, eine Beteiligung an politischen Diskursen findet nicht statt.

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Dr. Michael Graßl, Autor der Studie

Zusammengefasst lässt sich die Kommunikation so zusammenfassen: Die Bekannt- oder Weitergabe von Informationen bildet das Tagesgeschäft der polizeilichen Social-Media-Accounts, Unterhaltung und Imagepflege geben das Zubrot. Auch wenn sie Reichweiten-steigernde Kommunikationsmethoden immer wieder punktuell einsetzen, wissen die Verantwortlichen der Polizei hinter den Kanälen durchaus um die Möglichkeiten, die eine witzige oder unterhaltende Kommunikation in Sachen Aufmerksamkeit und Image versprechen.

„In den Interviews und Gesprächen mit den Verantwortlichen wurde deutlich, dass sich die Polizei durch die Nutzung Sozialer Netzwerke aber viele Chancen verspricht: Von neuen Zielgruppen und von einem direkten Dialog mit der Bevölkerung, von schneller Einsatzkommunikation und gezielter Nachwuchswerbung reicht das Spektrum aber auch bis zum Agenda Setting, durch das man eigene Themen in den öffentlichen Diskurs bringen möchte", so Graßl.

Trotz aller Chancen sehen die Befragten aber auch Herausforderungen. „Für die Institution Polizei ist jeder kleine Fehler in einem Post, der im Anschluss korrigiert werden muss, eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit der eigenen Kommunikation. Und die Polizei lebt sehr stark von diesem Vertrauen. Außerdem zeugen die Interviews auch eindringlich davon, dass der Hass, der teilweise gegen die Polizei auf derlei Plattformen abgeladen wird, die Polizisten hinter den Accounts an den Rand der psychischen Belastung führen können."

Eine geringere Herausforderung sehen die Interviewten hingegen in der Neuausrichtung der Beziehung zu Journalistinnen und Journalisten. Zwar wissen die Verantwortlichen um die Bedenken der Medienschaffenden, die die Social-Media-Kanäle der Polizei durchaus als Konkurrenz zum eigenen Angebot betrachten, jedoch verweisen sie hier auf neue Routinen, die sich in den vergangenen Jahren etabliert hätten. So müssten die Journalisten nicht mehr für jede Information einzeln in der Dienststelle anrufen, sondern könnten wichtige Informationen direkt den Twitter-Kanälen der Polizei entnehmen und so in die eigene Berichterstattung einbetten.

Die Kommunikation auf den unterschiedlichen Netzwerken ist derweil strategisch gesehen sehr individuell angelegt. „Man kann deutliche Unterschiede in der Nutzung erkennen: Twitter dient mehr als Newsticker, mit tagesaktuellen und sachlichen Hinweisen für die Bevölkerung. Facebook ist der Allrounder unter den Netzwerken, dort wird von Einsätzen berichtet, dort wird auch mal etwas für das Image getan, dort wird Nachwuchswerbung betrieben. Instagram hingegen setzt die Behörde in ein schönes Licht: Dort sieht man den Polizeiwagen vor einem Sonnenuntergang, dort wird auch häufiger geduzt, humorvoll geschrieben oder die Interaktion mit der Community gesucht. Die Instagram-Story ergänzt hier um sachliche Infos", erläutert Graßl die Strategien.

Buchveröffentlichung

Die Studie ist als Buch im sozialwissenschaftlichen Verlag Springer erschienen mit dem Titel „Polizeikommunikation auf Social Media. Ziele, Strategien, Inhalte“, online abrufbar unter: 
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-41263-0