Eine typische Frage im Kreuzworträtsel fragt nach einem Gegner Luthers: Eck lautet die richtige Antwort. Dass dieser Johannes Eck zudem an der Hohen Schule in Ingolstadt Professor war und fast auf den Tag genau vor 500 Jahren, nämlich am 18. November 1510, seine Vorlesungen und Lehrtätigkeit an der Hohen Schule in Ingolstadt aufgenommen hat, stellte einen Impuls zu einer vertiefenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Theologen im Übergang dar: Wer war eigentlich dieser Johannes Eck? Welche Strömungen und Fragen haben ihn im Übergang zwischen Spätmittelalter und Neuzeit geprägt und in seinen Schriften geleitet? Wie konnte es zu dem kirchenspaltenden Konflikt zwischen ihm und Luther kommen?
Die Tagung, die am 29. Oktober und 5. November 2010 im Barocksaal des Ingolstädter Stadtmuseums unter dem Titel "Johannes Eck (1486-1543). Scholastiker - Humanist - Kontroverstheologe" mit rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfand, nahm verschiedenste Facetten in den Blick, um sich dem Theologen und seinem Kontext anzunähern:
Nach der Beschreibung des Kontextes und Umfeldes Johannes Ecks in Ingolstadt kurz vor Ausbruch der Reformation in Deutschland durch Dr. Siegfried Hofmann wurden das Verhältnis zwischen dem Eichstätter Fürstbischof Gabriel von Eyb und Johannes Eck von Prof. Dr. Konstantin Maier sowie die Rolle Ecks im oberdeutschen Zinsstreit durch Dr. Johann Peter Wurm beleuchtet. Schlaglichter auf den oft unbekannten Eck warf Dr. Theodor Straub. Dass Eck auch Seelsorger in St. Moritz und am Liebfrauenmünster war, stellte Prof. Dr. Jürgen Bärsch anhand des Pfarrbuches Ecks als wichtige Quelle für die lokalen gottesdienstlichen Feiern heraus. Prof. Dr. Manfred Gerwing ging Ecks theologischen Grundlinien nach, die gerade in ökumenischer Perspektive durch ihre Nähe zur lutherischen Grundfrage: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? bedeutsam sind. Trotz der inhaltlichen Nähe zu den Reformatoren grenzte Eck sich von ihnen ab und verschärfte die bestehenden Differenzen. Den öffentlichen Abendvortrag hielt der Freiburger Systematiker Prof. Dr. Peter Walter zur Frage "Johannes Eck und der Humanismus". In seinem anschaulichen Vortrag ging er differenziert der Einschätzung Ecks als Humanist nach. Walter charakterisierte Eck als Person des Übergangs zwischen Spätmittelalter und Neuzeit, der sich durchaus selber als Humanist verstanden und stilisiert habe. In der Auseinandersetzung mit Humanisten wie beispielsweise Erasmus von Rotterdam veränderte sich jedoch Ecks humanistische Prägung zunehmend, die trotz Differenzen weiterhin Schnittmengen mit den humanistischen Ideen beinhaltete.
Ihre Fortsetzung fand der erste Teil der Tagung, indem am 5. November neben einem weiteren Abendvortrag eine abendliche Stadtführung durch das Ingolstadt zu Zeiten Ecks geleitet durch Dr. Siegfried Hofmann auf dem Programm stand. Ihm gelang es auf überaus fundierte und lebendige Weise auch ortskundigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Blick auf die Zeit und das Umfeld Johannes Ecks zu eröffnen und rückte oftmals nicht wahrgenommene Zeugnisse dieser Zeit in den Mittelpunkt.
Den abschließenden Abendvortrag hielt der renommierte evangelische Kirchenhistoriker Prof. Dr. Volker Leppin aus Tübingen zum Thema "Luther und Eck - Streit ohne Ende?", der eine auch in ökumenischer Perspektive zentrale Fragestellung aufgriff. Indem Leppin einerseits bildungsbiographisch, andererseits anhand der Quellenorientierung und des unterschiedlichen Umgangs mit ihnen zwar eine gewisse Nähe, jedoch auch deutliche Differenzen zwischen den beiden Theologen Luther und Eck darstellte, gelang es ihm, den Konflikt, der sich bis zum Nachweis der Häresie Luthers durch den scharfen Beobachter und Disputator Eck steigerte, nachzuzeichnen und historisch zu erhellen. So begann die anfängliche Auseinandersetzung im Blick auf das Gefüge von inneren und äußeren Dimensionen im Ablasswesen und Bußwesen. Die Frage nach dem Papst stellte zunächst lediglich ein Randthema dar, an dem Eck jedoch den entscheidenden Konflikt vorantrieb. Eck, geprägt von einer eher integrierenden Sicht, steht dem in Bezug auf Bibel und Kirche eher durch ein Differenzmodell geprägten Luther gegenüber: Insofern ist die Problemstellung bei beiden eine gänzlich andere, was weiterhin - auch vor allem in ökumenischer Perspektive - eine bleibende Forschungsaufgabe sein wird. Volker Leppin konnte als Wissenschaftlicher Leiter des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen anhand seines historischen Blickes auf die vermeintliche derzeitige ökumenische Eiszeit profiliert und in gewisser Hinsicht auch relativierend aufzeigen, dass die letzten 100 Jahre mit zahlreichen Aufbrüchen und Ergebnissen im ökumenischen Gespräch 500 Jahren konfessioneller Trennung und Stillstand gegenüberstehen und insofern keineswegs von einer Eiszeit zu reden sei. Dennoch sei von einer weiterhin konfessionellen Prägung durch ein Differenz- auf der protestantischen bzw. Harmoniedenken auf der katholischen Seite zu sprechen, worin auch derzeitige Spannungen begründet seien.
Die gesamte Tagung wurde gemeinsam von Prof. Dr. Jürgen Bärsch, Professor für Liturgiewissenschaft, und Prof. Dr. Konstantin Maier, Professor für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der KU-Eichstätt sowie dem Historischen Verein Ingolstadt, dem Stadtmuseum Ingolstadt, der Katholischen Erwachsenenbildung Ingolstadt und dem Evangelischen Bildungswerk e.V. Ingolstadt veranstaltet.