Kleine Gemeinden unter großem Druck: Studie zu Kommunalfinanzen in Bayern

Nordhalben in Oberfranken
© Maehringer/Nordhalben.de

Wie kann kommunale Selbstverwaltung in kleinen, ländlichen Gemeinden gelingen, wenn die Finanzlage kaum noch Spielräume lässt? Diese Frage steht im Zentrum einer aktuellen Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Oberfranken, verfasst von Dr. Simon Dudek und Dr. Andreas Kallert von der Arbeitsgruppe Wirtschaftsgeographie der KU. Die Untersuchung beleuchtet die Situation finanzschwacher Kommunen in Bayern und analysiert die Auswirkungen der Sparpolitik.

Die Studie „Zwischen Sparzwang und gleichwertigen Lebensverhältnissen: Bayerns ländliche Kommunen in der Krise wurde im November vom DGB Oberfranken veröffentlicht. Gezielt soll sie vor der Kommunalwahl im März 2026 den Blick von Politik und Öffentlichkeit darauf lenken, wie kommunale Schulden und Stabilisierungshilfen für zunehmend ungleiche Lebensverhältnisse in Bayern sorgen. 

Kommunen bilden die fundamentale Ebene der Demokratie und sind für die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger von entscheidender Bedeutung, wie Dr. Simon Dudek und Dr. Andreas Kallert in einer früheren Studie herausstellten. Entsprechend problematisch sehen die Forschenden, dass die Handlungsmöglichkeiten für Kommunen keineswegs gleich verteilt sind: „Es gilt leider: gleiche Chancen für ungleiche Kommunen.“ Viele Kommunen kämpfen seit Jahrzehnten mit strukturellen Problemen wie Abwanderung von Unternehmen und Personen und damit verbunden einer wachsenden Verschuldung. Zur Unterstützung der Kommunen gibt es im Freistaat seit 2006 Konsolidierungshilfen. Allerdings sind diese sogenannten Stabilisierungshilfen zur Unterstützung besonders belasteter Kommunen an konkrete Auflagen und eine strikte Sparpolitik geknüpft. Die Gemeinden müssen beispielsweise Gebühren erhöhen, Personal abbauen, Zuschüsse streichen und Investitionen zurückstellen. „So behindern die Stabilisierungshilfen die Weiterentwicklung der Kommunen und die Umsetzung nachhaltiger Konsolidierungsstrategien“, erläutern Dudek und Kallert. „Die strengen Auflagen schränken die lokale Handlungsfähigkeit stark ein.“ Damit werden in den betroffenen Kommunen strukturelle Probleme verstärkt und das demokratische Prinzip vor Ort ausgehöhlt.

Dr. Andreas Kallert & Dr. Simon Dudek
Dr. Andreas Kallert & Dr. Simon Dudek (von links)

In der DGB-Studie zeigen die beiden Wirtschaftsgeographen zudem auf, inwiefern Sparpolitik und das Erstarken der politischen Rechten zusammenhängen, stellen Gerechtigkeitsfragen anhand konkreter Beispiele und geben Einblick in die Intransparenz der Verteilung der Stabilisierungshilfen. Hierfür lassen sie auch Menschen in den betroffenen Kommunen zu Wort kommen. Abschließend formulieren Dudek und Kallert acht konkrete Handlungsempfehlungen für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen. Adressat ist allen voran die bayerische Landesregierung, aber auch die Bundespolitik ist gefordert. „Leitgedanke ist dabei, dass zuvorderst die schwächsten Kommunen am meisten profitieren sollten, sodass dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern nähergekommen wird“, schreiben die Forschenden der KU. Angeregt werden u.a. zusätzliche Finanzhilfen für besonders finanz- und strukturschwache Kommunen – jedoch mit weniger harten Konditionen als aktuell, sowie eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer, die z.B. auch Selbstständige einbezieht. Für sogenannte freiwillige Aufgaben wie Jugend- und Seniorenarbeit, Sport und Kultur sollten Kommunen zudem mehr Spielräume erhalten. 

Die Studie basiert auf einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekt an der KU, das Simon Dudek und Andreas Kallert seit 2022 durchführen. Es untersucht die Ausgestaltung konditionaler Schuldenhilfen in fünf Bundesländern – neben Bayern in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Im Fokus stehen dabei die Bedingungen und Auflagen der staatlichen Unterstützung und die demokratiepolitischen Folgen dieser Praxis.