Im Rahmen des ersten Vortrages der Tagung sprach Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, Präsident der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, zum Thema "Bedeutungen und Bedrohungen menschenwürdigen Sterbens". In seinem historischen Überblick über die unterschiedlichen Wahrnehmungen des Sterbens unterstrich Lob-Hüdepohl, dass Sterben und Tod einst unverdrängte öffentliche Ereignisse waren, an denen Nachbarn und selbst das Hausgesinde Anteil genommen hatten. "Es wurde unüberrascht gestorben, der Tod gehörte regelrecht zum Alltag dazu. Kinder starben, Jugendliche starben, bei Frauen konnte schon die Geburt eines Kindes den Tod bedeuten", erinnerte Lob-Hüdepohl.
Der KU-Präsident setzte sich danach auch kritisch mit der "modernen" Wahrnehmung des Sterbens auseinander - heute werde der Tod in die sterilen Wände eines Krankenhauses abgeschoben: "Heutzutage konzentrieren sich die Menschen geradezu detailverliebt auf den Herz- oder Hirntod, die Deutung von Tod und Sterben und der Umgang damit werden versachlicht. Der Tod ist heute mediziniert." Lob-Hüdepohl vermisst in der modernen Gesellschaft eine umfassende Sterbekultur Sterbekultur - es werde vergessen, dass Sterben ein sozialer Prozess sei und der eigene Weg zum Tod von den Betroffenen bewusst durchlebt und gestaltet wird.
Dass auf dieser Tagung nicht abstrakt über ein schwer greifbares Thema gesprochen wird, sondern Menschen mit den verschiedensten Hintergründen ihre individuellen Erfahrungen mit dem Tod austauschen, wurde bereits am ersten Abend deutlich: KU-Präsident Andreas Lob-Hüdepohl berichtete, wie er als Zehnjähriger seinen Vater durch einen plötzlichen Herzinfarkt verlor. Eine Tagungsteilnehmerin sprach über den Tod ihres Sohnes. Der Cellist Boris Baberkoff, als Gast im Publikum, schilderte in eindringlichen Worten seine Nahtoderfahrung - die autobiographische Geschichte, die seine Frau, die Regisseurin Katarina Peters, intuitiv in dem Film „Am seidenen Faden“ im Bild festhielt, ist heute ab 21.30 Uhr zu sehen.
Das weitere Programm der Tagung am Mittwoch, den 19. Januar:
- 09.00 - 09.45, Kapuzinerkirche - Gottesdienst: Der Tod im Leben
Block 2: Kap 209, Kapuzinergasse 2
- 10.00 - 11.00: Prof. Dr. Michael Neumann: Sinnarbeit und Todesangst - Christoph Schlingensiefs Tagebuch einer Krebserkrankung
- 11.30 - 12.30: Prof. Dr. Frank Zschaler: „Das stolze Werk wurde von seinem Sohn weitergeführt.“ - Sterben, Tod und Nachfolge von Unternehmern zwischen Selbstinszenierung und Verdrängung
Block 3: Kap 209, Kapuzinergasse 2
- 14.00 - 16.00: Pia Rudolph: „Tod in der Fremde. Die Darstellung der Maria Magdalena in der Kunst des 15. Jahrhunderts.“ Danach: Podiumsdiskussion zum Vortrag mit Prof. Dr. Gerd Dicke und Prof. Dr. Jürgen Bärsch
- 16.15 - 17.00: Prof. Dr. Michael Zimmermann: „Tod im Gebirge. Giovanni Segantinis Sehnsucht nach der Bergquelle und Freuds ‚Wagnis‘ des Todestriebs“.
Block 4: Kap 018, Kapuzinergasse 2
- 19.00 - 21.30: Gibt es ein zweites Leben im ersten? „Weitermachen“ nach einer Hirnverletzung - Themenabend unter der Moderation von Dr. Volker Peschke, Neuropsychologe im Therapiezentrum Burgau
- ab 21.30 Uhr: Film: „Am seidenen Faden“