Herr Schmidt, Sie sind Jahrgang 1977 und kommen aus Kelheim. Nach dem Studium in Freiburg und Münster und der Promotion in Münster sind Sie seit 2011 Juniorprofessor für Historische Theologie in Aachen: Worauf freuen Sie sich an der Theologischen Fakultät und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt?
Im Vergleich zum Institut in Aachen hat die Fakultät in Eichstätt natürlich viel mehr Personal, zugleich aber nur halb so viele Studierende. Ich freue mich also auf die Möglichkeit, mit Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten theologischen Disziplinen ins Gespräch zu kommen und auch die Studierenden im Studium intensiver begleiten zu können. Vor allem aber freue ich mich darauf, dass ich selber erst einmal lernen darf: Was die KU und ihre Theologische Fakultät ausmacht, wie der „interdisziplinäre Austausch über Fragen der Gegenwart und der Zukunft im Geist des Evangeliums“ aussieht, von dem Papst Franziskus gesprochen hat. Und sicherlich gibt es noch eine ganze Menge, wovon ich noch gar nicht weiß, dass ich mich darauf freuen darf. Schon jetzt bin ich sehr dankbar für die mehr als nur freundliche Aufnahme und die vielfältige Unterstützung bei der Vorbereitung meiner Zeit hier.
Und ganz klar: Eichstätt und seine Umgebung sind ja nicht nur für Urlauber, sondern auch für Kirchenhistoriker sehr reizvoll... Man wird mich bestimmt auf der einen oder anderen Entdeckungstour antreffen.
Was möchten Sie (neben dem inhaltlichen Curriculum) den Studierenden vermitteln?
Zuallererst: Das Studium der Kirchengeschichte ist kein Faktenpauken, Geschichte ist nicht Ereignisgeschichte! Es geht darum, die historischen Wurzeln unserer Kirche und unserer Kultur kennen und vermitteln zu lernen. Das heißt dann auch, dass ich den Studierenden ein Stück weit historisch geschulte Sprachfähigkeit im Umgang mit unserer säkularen Gegenwart im 21. Jahrhundert mitgeben möchte. Vermittlung des Christentums kann ja auch über die Kulturgeschichte funktionieren, wenn also Menschen z.B. fragen: Welcher Steinpatron thront denn hier im Eichstätter Dom? Warum? Warum ist der so angezogen? Warum steht dort in der Kirche nochmal ein rundes Bauwerk? Passierte denn während der Kreuzzüge noch etwas anderes als blutrünstiges Gemetzel? Mit solchen Fragen können interessante Gespräche anfangen. Ich bin davon überzeugt, dass Kirche heute Menschen braucht, die sprachfähig sind und den Dialog mit ihren nicht kirchlich gebundenen Zeitgenossen auf Augenhöhe führen können – also weder von oben herab noch ohne Selbstwertgefühl.
Natürlich hat die Kirchengeschichte auch eine wichtige Funktion für die Gegenwart von Kirche: Sie zu verstehen und auch die Wurzeln gegenwärtiger Diskussionsbeiträge zu erkennen, das ist sicherlich auch eine Aufgabe für das Studium der Kirchengeschichte.
Woran forschen Sie momentan?
Momentan beschäftige ich mich verstärkt mit dem 16. Jahrhundert. Zum einen treibt mich nach wie vor die Frage nach Ekklesiologie(n) im Kontext des Trienter Konzils um, zum anderen beschäftige ich mich mit der Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017 und Martin Luthers frühen Gegnern. Beides kann man meines Erachtens nur in ökumenischer Absicht tun, denn es kann ja nicht darum gehen, die Konfessionspolemik früherer Jahrhunderte wiederzubeleben. Vielmehr möchte ich verstehen, wie Argumentationen vor ihrem theologischen, rhetorischen und sozialen Hintergrund „funktionieren“ - oder eben nicht.
In Eichstätt möchte ich aber auch ein neues Lehrbuch der mittelalterlichen Kirchengeschichte für Studierende verfassen. Die vorhandenen Titel sind – mit einer Ausnahme – fast heillos veraltet... Daher setze ich auch in meinen Veranstaltungen einen Schwerpunkt in der Kirchengeschichte des Mittelalters, natürlich ohne die anderen Epochen auszublenden.
Was machen Sie jenseits der Theologie noch gerne?
Ich höre sehr gern Musik, würde gern wieder mehr aktiv Musik machen, vor allem meine Fähigkeiten an der Orgel reanimieren... Ich entdecke gern die Kulturgeschichte einer Stadt oder einer Landschaft anhand ihrer Bauwerke und Museen. Und natürlich – sozusagen als Höhepunkt – genieße ich auch gern freie Zeit mit meiner Frau und unserem kleinen Sohn.
Vielen Dank für das Gespräch!