Neue und alte Herausforderungen für die Demokratien in West und Ost

2016 war ein Jahr der politischen Einschnitte. Die ZEIT fragte im Sommer "Demokratie - läuft ihre Zeit ab?". Die Demokratie als politisches System scheint sich in ihrer Akzeptanz auf dem Rückzug zu befinden und von Autokratie abgelöst zu werden. Festgemacht wird das in der Berichterstattung an den Erfolgen von Politikern wie Trump in den USA, Putin in Russland bzw. in Europa an Namen wir Erdogan, Orbán, Le Pen oder Hofer. Hinzu kommen Entwicklungen, wie etwa das Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU. Welche Bilanz kann man für die Demokratie im Jahr 2016 ziehen und wie wird es 2017 weitergehen? Ein Rückblick und Ausblick mit den Politologen Prof. Dr. Klaus Stüwe und Prof. Dr. Stefan Schieren sowie dem Osteuropahistoriker Prof. Dr. Leonid Luks.

Herr Professor Stüwe, befindet sich die Demokratie als Regierungsform tatsächlich in einer grundlegenden Krise oder muss sie sich nun erstmals bewähren?
Nach der griechischen Wurzel des Begriffs ist mit „Krise“ zunächst einmal ein entscheidender Wendepunkt gemeint. Die Entwicklung danach kann sich zum Guten oder zum Schlechten verändern. Angesichts der zum Teil dramatischen Verschiebungen in der Parteienlandschaft etablierter Demokratien ist offensichtlich, dass sich die Demokratie als Ordnungsform weltweit an einem solchen Wendepunkt befindet: Die Brexit-Entscheidung in Großbritannien, die Wahl Donald Trumps in den USA, die Erfolge rechtspopulistischer Parteien in Ländern wie den Niederlanden, Frankreich, Österreich, der Schweiz, aber auch in Deutschland zeigen, dass Wahlen und Abstimmungen heute zu Ergebnissen führen, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen waren. Insofern ist die liberale Demokratie derzeit in der Tat in der Krise. Doch zu welchen Folgen werden diese Veränderungen führen? Diese Frage kann derzeit noch nicht wirklich beantwortet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Demokratie Schaden nehmen wird, wenn sich der jetzige Trend manifestiert. Die Polarisierung in der Parteienlandschaft könnte sich weiter vertiefen, die Regierungsbildung könnte erschwert werden und populistische Mehrheiten könnten die liberale Dimension demokratischer Staaten gefährden. Doch dieses Szenario muss nicht unbedingt eintreten. Wenn man die steigende Wahlbeteiligung und das zunehmende politische Interesse vieler Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, dann könnte die Krise durchaus auch positive Effekte auf die Demokratie haben. Zudem zeigen Umfragen, dass viele Wählerinnen und Wähler populistischer Parteien keineswegs verfestigte radikale Positionen haben, sondern eher verunsichert sind und ihren Protest ausdrücken wollen.

Greift es zu kurz, die Wahlerfolge von Parteien wie der AfD und vergleichbaren Gruppierungen in anderen Ländern auf „Rechtspopulismus“ zurückzuführen?
Die gegenwärtig zu beobachtenden Erfolge populistischer Parteien haben viel mit dem Gefühl der Unsicherheit zu tun hat. "Nie zuvor im Laufe unserer Umfragen sind die Ängste innerhalb eines Jahres so drastisch in die Höhe geschnellt wie 2016", stellte vor kurzem die R+V-Studie „Die Ängste der Deutschen 2016“ fest. Viele Menschen in Deutschland und anderen Demokratien fühlen sich unsicher, weil sie Angst vor Terror und Kriminalität haben, vor sozialem Abstieg und vor dem Verlust ihrer kulturellen Identität. In anderen Ländern sehen wir ähnliche Entwicklungen. Es scheint mir, dass es in der letzten Zeit zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen politischen Eliten und einem erheblichen Teil der Wählerschaft gekommen ist, was die Deutung der Sicherheitslage anbelangt. Während die etablierten Parteien und der größte Teil der Medien immer wieder betonen, unsere Sicherheit sei nicht gefährdet und Sorgen seien sozusagen kontrafaktisch, nehmen viele Menschen eben doch Probleme war. Beispiel Kriminalität: Insgesamt betrachtet, ist die Zahl der Straftaten in den vergangenen Jahren kaum gestiegen. Deutschland ist insofern nach wie vor ein sicheres Land. Wohnungseinbrüche hingegen – ein Delikt, das die Bürger besonders aufmerksam registrieren – haben in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen. Dass damit im Grunde beide Seiten Recht haben, ist das Paradoxe an der derzeitigen Situation. Die Folgen dieser Wahrnehmungsdiskrepanz sind jedoch dramatisch: Es ist zu einem immensen Vertrauensverlust gekommen. Das Vertrauen zwischen Wählern und Gewählten ist erheblich gestört: Zwei Drittel der Bundesbürger befürchten laut aktuellen Umfragen, dass die Politiker ihren Aufgaben nicht gewachsen sind. Populisten nutzen die Situation aus, indem sie einseitig die negativen Nachrichten betonen, so die Ängste verstärken, oder sogar mit Lügen arbeiten.

Wie kann das demokratische System wieder an Vertrauen zurückgewinnen?
Der Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger bezieht sich nicht auf das demokratische System als solches. Im Gegenteil: Die Umfragen zeigen eindrucksvoll, dass die meisten Deutschen (77 Prozent) die Demokratie nach wie vor für die beste Staatsform halten. Vertrauen verloren haben allerdings die Politikerinnen und Politiker. Dass die AfD Wählerstimmen von allen Seiten des politischen Spektrums erhält – von früheren Linkswählern ebenso wie von früheren SPD- und CDU-Wählern – zeigt, dass alle etablierten Parteien an Vertrauen verloren haben. Dieser Vertrauensverlust ist übrigens nicht nur bei den AfD-Wählern vorhanden. Er zieht sich durch die ganze Wählerschaft. Nach den Landtagswahlen von Baden-Württemberg begrüßten laut einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie 46 Prozent der Bürger das Abschneiden der AfD mit dem Argument, dass die etablierten Parteien einen Denkzettel verdient hätten. Das sollte ein Alarmsignal sein. Wenn viele Menschen den Eindruck haben, dass ihre Sorgen und Nöte von den Politikern ignoriert werden, dann suchen sie sich Alternativen. Populisten haben dann ein leichtes Spiel. Es bleibt daher eine Aufgabe für die politisch Verantwortlichen, dafür zu sorgen, dass sich möglichst niemand abgehängt fühlt. Politische Entscheidungen müssen zudem kontinuierlich begründet und um Zustimmung geworben werden. Man muss kritisch fragen, ob dies den etablierten Parteien in den vergangenen Jahren immer gelungen ist. Verantwortung haben wir jedoch als Bürger letztlich alle. Politikerschelte ist vielfach zu einer Art Volkssport geworden. Politiker machen Fehler, aber nicht jeder Vorwurf, der den Politikern gemacht wird, ist berechtigt. Leider wird der politische Prozess von zu vielen Wählern nach Maßstäben beurteilt, die wenig mit der Funktionslogik der parlamentarischen Demokratie zu tun haben oder der Komplexität politischer Fragen nicht gerecht werden. Politische Bildung ist daher ein ständiger Auftrag auch an uns Bürger. Wer politische Urteilsfähigkeit besitzt, ist immun gegen die populistische Versuchung.

Prof. Dr. Klaus Stüwe ist an der KU Inhaber des Lehrstuhls für Vizepräsident für Vergleichende Politikwissenschaft und Vizepräsident für Internationales und Profilentwicklung.

 

 

 

Haben sich die britischen Wähler mit einem Denkzettel für die etablierte Politik verspekuliert, oder drückt das Brexit-Votum tatsächlich eine Grundhaltung aus, Professor Schieren?

Viele Wähler dürften sich tatsächlich verspekuliert haben. Das bedeutet aber nicht, dass es einen Umschwung in der politischen Stimmung gegeben hat. Umfragen deuten darauf hin, dass ein neuerliches Referendum wieder bei 52:48 für den Austritt landen würde. Alleine das zeigt, dass es bei dieser wichtigen Abstimmung um weit mehr ging, als einen Denkzettel. Ohne Zweifel ist das Misstrauen gegen das so genannte Establishment groß. Doch ausschlaggebend war die Parole „taking back control“. Der Wunsch, wieder ohne „Einmischung“ durch die EU bestimmen zu können, war meinem Eindruck nach ausschlaggebend.

Mit zeitlichem Abstand zur Brexit-Entscheidung gefragt: Wie gravierend werden die Folgen für Europa und Großbritannien tatsächlich sein, wenn der Austritt vollzogen wird?
Die wirtschaftlichen Folgen wären für beide Seiten erheblich. In jedem Fall wird die EU den außen- und verteidigungspolitisch stärksten Mitgliedstaat verlieren. Das wird sich angesichts der aktuellen Weltlage nicht anders als in steigenden Militärausgaben niederschlagen können. Vielleicht ist der Brexit aber auch das Warnsignal, dessen es bedurft hat, damit die EU ihren Integrationspfad verlässt, flexibler auf die Nöte und Bedürfnisse der Mitgliedstaaten reagiert, mehr Raum für Vielfalt lässt, weniger dogmatisch und dafür pragmatischer agiert. Die EU macht Politik nach Prinzipien und Grundsätzen. Das wahre Leben findet aber anders und woanders statt. 

Noch im Sommer wurde ein Domino-Effekt durch den Brexit befürchtet. Wie wird es in den nächsten Jahren weitergehen – befindet sich die EU in Auflösung?
Das wird maßgeblich davon abhängen, ob es einen „weichen“ oder „harten“ Austritt gibt. Diesbezüglich stehen beide, Großbritannien wie die EU, vor einem Dilemma. Klug wäre ein „weicher“ Austritt, der Großbritannien nahe bei der EU hält, ähnlich Norwegen. Doch das könnte dazu führen, dass andere Staaten dem britischen Vorbild folgen und einen Vorteil im Austritt sehen. Die Angst vor dem Dominoeffekt dominiert derzeit in Brüssel. Ich halte deswegen zurzeit einen „harten“ Austritt für die wahrscheinlichere Variante. Doch das wird keine Garantie für eine Stabilisierung der EU sein. Der Zerfall ist aus meiner Sicht nicht auszuschließen. Doch das muss nicht das Ende sein. Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Zerfall nicht durch einen ungeordneten Zusammenbruch der EU erfolgen wird. Vielmehr werden sich Clubs aus unterschiedlichen Staaten mit gleichgerichteten Interessen zusammenschließen und die für sie jeweils geeigneten vertraglichen Lösungen finden. Das wäre dann in gewandeltem Gewand ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten. Entscheiden wird sich diese Frage letztlich am Euro.

Prof. Dr. Stefan Schieren ist Professor für Politikwissenschaft an der Fakultät für Soziale Arbeit, deren Dekan er ist.

 

 

 

 

Professor Luks, Kritiker der Demokratie in Russland verbinden mit dem Ende der Sowjetzeit vor allem einen Verlust an Macht. Putin greift dies auf und unterstreicht in seiner Politik hegemoniale Ansprüche seines Landes. Auf welche Grundlagen kann die Demokratie in Russland bauen?
Russland war schon immer ein gespaltenes Land. Es gab hier einerseits Gruppierungen die vor allem die imperiale Größe des Landes bewunderten, andererseits aber Menschen, die die Freiheit über alles schätzten. Zwar haftet den russischen Verfechtern der Freiheit das Image der ewigen Verlierer an. Sogar in den Perioden, in denen sie das Land regierten, so 1917 oder in den frühen 1990er Jahren, blieben sie nicht allzu lange an der Macht. Bald wurden sie von ihren Kontrahenten – den Verfechtern der imperialen „Machtvertikale“ abgelöst. Diese Entwicklungen waren aber keineswegs vorprogrammiert. Auch andere Lösungen der jeweiligen russischen Krisen wären damals denkbar gewesen. Sowohl  die 1917 errichtete „erste“ russische Demokratie als auch die „zweite“ Demokratie, die nach der Augustrevolution von 1991 entstand, verfügten über ein politisches Potential, das sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht nutzten, was ihren Gegnern (den Bolschewiki bzw. den Verfechtern der Putinschen „gelenkten Demokratie“) zugute kam. Dieses Potential besteht auch heute noch. Die Kreml-Herrscher sind sich über die Aufstiegsmöglichkeiten der Demokraten im Falle einer Krise der „gelenkten Demokratie“ durchaus im Klaren. Nicht zuletzt deshalb versuchen sie, die demokratischen Gruppierungen gänzlich von der politischen Bühne zu verjagen. Ob dies ihnen gelingen wird, stellt eine offene Frage dar.

Vor einigen Jahren demonstrierten in Russland Hundertausende Menschen gegen die Regierung und warfen ihr Fälschungen bei der Parlamentswahl vor. Drei Monate später gewann Putin zum dritten Mal die Präsidentschaftswahlen. Wie passt das zusammen?
Obwohl die Proteste gegen die massiven Manipulationen bei den Duma-Wahlen vom Dezember 2011 eine vollkommene Überraschung sowohl für die westliche als auch für die russische Öffentlichkeit darstellten, waren die russischen Oppositionellen dennoch nicht in der Lage, breitere Bevölkerungsschichten zu mobilisieren. Eine „bunte“ Revolution nach dem georgischen oder nach dem ukrainischen Muster (2003, 2004, 2013/14) fand in Russland nicht statt. Die Putin-Equipe profitierte in den Jahren 2011/2012 immer noch von einer weitgehenden Diskreditierung der demokratischen Ideen, die in Russland seit dem Beginn der 1990er Jahre zu beobachten war. Die wirtschaftliche „Schocktherapie“, die den Lebensstandard der Bevölkerung nahezu halbiert hatte und die Auflösung der Sowjetunion, die von vielen Russen ebenfalls als „Schock“ empfunden wurde, trugen zu dieser Diskreditierung erheblich bei. Wladimir Putin profitierte von der Erosion sowohl des kommunistischen als auch des demokratischen Gesellschaftsentwurfs, die in Russland kurz nacheinander erfolgten. In das nun entstandene weltanschauliche Vakuum stieß das Putinsche System mit der Hervorhebung des Law-and-Order-Prinzips, und einer bescheidenen Anhebung des Lebensstandards der Bevölkerung dank der vorübergehend hohen Preise für die Energieträger. Aus all diesen Gründen war das unter Putin entwickelte System der „gelenkten Demokratie“ zunächst durchaus populär. Eines wurde aber dabei oft außer Acht gelassen. Nämlich die Tatsache, dass sich im System der „gelenkten Demokratie“ die herrschenden Gruppierungen der gesellschaftlichen Kontrolle entziehen, was gefährliche Folgen für das Land haben kann.

Welche Chancen hat vor diesem Hintergrund eine Demokratie in Russland?
Viele westliche wie auch russische Analytiker vertreten heute die Meinung, Russland sei für eine Demokratie klassischen Zuschnitts ungeeignet. Dabei lassen die Verfechter dieser These die Tatsache außer Acht, dass die russische Gesellschaft im Verlauf des letzten Jahrhunderts mehrmals eine „demokratische Wahl“ getroffen hatte. So hatten sich z. B. bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung im November 1917 etwa 70% der Wähler für Parteien ausgesprochen, die in Russland ein freiheitliches System errichten wollten, die bolschewistischen Verächter der Freiheit erhielten damals hingegen lediglich 24%. Dass die Bolschewiki dieses Wählervotum in brutaler Weise missachteten, und die Konstituante auseinanderjagten, steht auf einem anderen Blatt. Für dieses Vorgehen mussten sie aber einen hohen Preis bezahlen, denn sie entzogen dadurch ihrer Herrschaft jede demokratische Legitimität. Als in den 1960er Jahren in Russland eine Bürgerrechtsbewegung entstand, die sich für Menschenrechte, Transparenz (Glasnost) und Meinungsfreiheit einsetzte, hielten viele Beobachter die Bestrebungen dieser kleinen Schar von Nonkonformisten für eine reine Donquichotterie. Die Bürgerrechtler selbst dachten damals ähnlich. Ihr oft zitierter Trinkspruch lautete: „Trinken wir auf den Erfolg unserer aussichtslosen Sache.“ Am 12. Juni 1991 erhielten allerdings die Verfechter der scheinbar in Russland so aussichtslosen demokratischen Ideen bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen in der russischen Geschichte 57% der Stimmen.

Noch eine Bemerkung zum Scheitern der „zweiten“ russischen Demokratie. Wie die historische Erfahrung zeigt, stellt der Ausbruch aus einer totalitären Sackgasse ein äußerst langwieriges Unterfangen dar. Ohne massive Unterstützung von außen ist es schwer durchführbar. Dass Deutschland nach dem Zivilisationsbruch von 1933-1945 relativ schnell stabile demokratische Strukturen aufbauen konnte, war mit dem Marshall-Plan und mit dem sonstigen Beistand der Staaten der freien Welt verbunden. Ähnliches lässt sich auch in Bezug auf manche ostmitteleuropäische Staaten sagen, die nach der Auflösung des Ostblocks zu Beitrittskandidaten der EU wurden. Ohne den massiven Beistand von außen, diesmal seitens der EU, wäre der relativ schnelle Aufbau der demokratischen Strukturen in diesen Ländern kaum denkbar gewesen. Auch die prowestlich orientierten Gruppierungen im postsowjetischen Russland, die in der politischen Klasse des Landes zu Beginn der 1990er Jahre noch dominierten, strebten eine engere Anbindung an den Westen an. Dies ist allerdings nur partiell geschehen. Eine Chance wurde vertan, und so musste Russland den schwierigen Übergang von einer geschlossenen zu einer offenen Gesellschaft im Wesentlichen aus eigener Kraft vollbringen. Auch dieser Umstand erschwerte die Transformationsprozesse im Lande und trug letztendlich zu der oben erwähnten Diskreditierung der demokratischen Ideen erheblich bei.

Wenn man bedenkt, dass die Popularität Putins zurzeit schwindelnde Höhen erreicht hat, scheint die Abkehr des Landes von dem jetzt vorherrschenden imperial-nationalistischen Trend kaum vorstellbar. Man sollte aber auf der anderen Seite nicht vergessen, dass Russland in den letzten Jahrzehnten immer wieder imstande war, die Welt zu überraschen. So rechnete z.B. am 12. Juni 1991 kaum jemand damit, dass nach 73 Jahren kommunistischer Indoktrination die russische Bevölkerung bei den ersten freien Wahlen eines russischen Staatsoberhaupts ausgerechnet Boris Jelzin, die damalige Symbolfigur der russischen Demokratie, mit 57% der Stimmen  zum Präsidenten wählen würde. Auch der heutige, diesmal entgegengesetzte Trend, könnte sich eines Tages umkehren.

Prof. Dr. Leonid Luks war bis zu seiner Emeritierung im Wintersemester 2012/13 Inhaber des Lehrstuhls für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der KU und Direktor des Zentralinstituts für Mittel- und Osteuropastudien.

 

 

 Interview: Constantin Schulte Strathaus