DP: Liebe Frau Meyer, herzlich willkommen an unserer Fakultät. Möchten Sie uns etwas über Ihre Person und Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
Prof. Dr. Barbara Meyer: Gerne. Ich wohne mit meinem Mann und unseren zwei Kindern in einem beschaulichen Dorf in der Nähe von Scheyern. Dort bin ich aufgewachsen und nach meinem Studium der Psycholinguistik an der LMU München wieder zurückgekehrt. Das Kloster und die Pfarrei Scheyern haben meine Kindheit und Jugend in einem ganz positiven Sinn geprägt und ich merke, wie viel meiner Wertebildung nicht nur mit meiner herzlichen Herkunftsfamilie, sondern auch mit all den Bildungswochenenden, Gruppenstunden und den Begegnungen mit den in der Gemeinde aktiven Menschen zu tun hatte. Diese positive Art, Glauben zu gestalten und andere hineinleben zu lassen, wertschätze ich sehr. Mir ist dabei auch immer mehr bewusst geworden, welche große Rolle Kommunikation in unserem Zusammenleben spielt und wie diese wesentlich bestimmt, wie wir als Menschen miteinander sind.
Nach der Sozialfachoberschule, einer Lehre als Bankkauffrau – um auch die Wirtschaftswelt kennen zu lernen – und einem Jahr des Reisens hat mich das Interesse an Kommunikation zum Studium der Psycholinguistik mit einem Schwerpunkt auf Rhetorik und Kommunikation bewogen. Als ich das frisch erworbene Wissen im Rahmen von Tutorien an Studierende der Uni weitergegeben habe, hat mich gewundert, dass davon immer mehr als die Hälfte Lehramtsstudierende waren. Als ich sie fragte, warum sie denn dazu keine speziellen Kurse für Lehrkräfte besuchten, meinten sie, es gäbe keine. Das hat mich wirklich erschüttert und beschäftigt. Bei einer zufälligen Begegnung fragte ich den Lehrstuhlinhaber für Schulpädagogik an der LMU – meinen späteren Doktorvater -, ob und warum das so sei. Er empfand es auch als Leerstelle und fragte, ob ich Inhalte zu Kommunikation in der Schule vermitteln könne – und im Handumdrehen hatte ich den Lehrauftrag „Rhetorik und Kommunikation für Lehrkräfte“.
Seitdem hat mich die Lehrerbildung nicht mehr losgelassen, ich habe zu kritischen Situationen promoviert, die Lehramtsstudierende in ihren ersten Praxiskontakten erleben, war einige Zeit am Lehrstuhl für Schulpädagogik der LMU als akademische Rätin auf Zeit, in der Kommunikationswerkstatt PLUS der LMU, welche die Kommunikation in Lehr-Lernprozessen genauer unter die Lupe nahm, an der Hochschuldidaktik der LMU und zuletzt in der Grundschulforschung und -pädagogik an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg. Daneben habe ich mit meinen ehemaligen Kommiliton:innen und der Firma „Sprachraum“ auch immer freiberuflich Seminare gegeben, vor allem für Dozierende an Hochschulen und Lehrkräfte. Außerdem habe ich mich zum systemischen Coach weitergebildet und wir haben bei Sprachraum selbst eine Trainer:innenausbildung angeboten. Meiner Ansicht nach kann eine Gesellschaft am effektivsten über die Ausbildung von guten und wertschätzenden Lehrenden geprägt werden. Wenn ich die künftigen Lehrkräfte als Personen wahrnehme und „halte“ in meinen Veranstaltungen, mit ihnen wertschätzend kommuniziere und Werkzeuge mitgebe, es in ihrer Praxis ähnlich zu tun, dann leiste ich hoffentlich einen Beitrag zu einer wert-haltenden Gesellschaft.
Bei all dem ist mir meine „innere Arbeit“ ebenso wichtig wie meine äußere. Ich bin ehrenamtlich in der Pfarrei tätig, besuche (auch mit meiner Familie) Bildungswochenenden und ich arbeite mich - unter anderem mit einer internationalen und interreligiösen Gruppe von Menschen mit ähnlichem Ziel - durch meine Themen (bei Interesse ridhwan-stiftung.de/der-diamond-approach/). Ich habe keine Idee, wie ich eine gute Lehrende sein kann, wenn ich nicht als innerlich gereifte Person vor den Teilnehmer:innen in meinen Veranstaltungen stehe. Und dieses Reifen braucht Zeit und innerlichen Raum, den ich bereitstellen will.
DP: Sie waren ja bereits für unsere Fakultät als Lehrbeauftragte tätig. Wie haben Sie die KU und unsere Fakultät erstmals kennengelernt?
Prof. Dr. Barbara Meyer: Das war mitten im Corona-Semester. Ich habe die Studierenden nur einmal – ganz am Ende, als es wieder erlaubt war - live in Eichstätt gesehen und ansonsten nur über Zoom am Bildschirm. Es war also ein Einstand der besonderen Art, so wie ihn auch viele Studierende erlebt haben. Aber ich habe an diesen Studierenden im zweiten Semester bereits bemerkt, wie sehr sie als Gruppe zusammengewachsen sind, was ich als sehr wohltuend empfand - gerade auch im Vergleich zu den sehr großen Universitäten, an denen ich vorher gearbeitet habe, wo es kaum feste Gruppen gab. Ich hatte das Gefühl, die Studierenden empfanden trotz des Lockdowns einen Halt an der Universität und an der Fakultät, das hat mich erstaunt und richtig gefreut. Es sind auch lauter spannende und herzliche Persönlichkeiten, mit denen ich gerne die Zeit am Bildschirm verbracht habe. Die Kolleg:innen an der Fakultät habe ich in dieser Zeit als sehr freundlich und unterstützend erlebt, auch wenn der Kontakt nicht so häufig war, wie er bei einer Präsenzlehre wohl gewesen wäre. Dieser positive Eindruck bestätigt sich aber jetzt, da wir häufiger Kontakt haben, immer mehr.
Unter den ersten E-Mails seitens der KU war die Bitte, das Leitbild zu unterschreiben. Als ich es gelesen habe, ist mir das Herz aufgegangen, weil ich das Gefühl hatte, hier werden die Dinge für wichtig befunden, hinter denen ich auch als Person voll stehe. Und zudem wurde mir klar, dass es diese Aussagen nicht nur auf dem Papier stehen, wie das bei manchen anderen Einrichtungen der Fall ist: Es kam die Anfrage, wie ich zur Universität anreise, da das Vorhaben bestünde, die Anreisen klimaneutral zu stellen. Ich beobachte meinen CO2-Fußabdruck seit Jahren selbst und stelle über Zertifikate neutral, was ich kaum vermeiden kann. Dass meiner Arbeitgeberin, der KU, das ebenfalls wichtig und ernst ist, schätze ich sehr. Bei meiner Einführung durch Prof. Uto Meier, für die er sich viel Zeit genommen hat, habe ich zudem gemerkt, wie wertschätzend, persönlich und angenehm auch der Umgang zwischen wissenschaftlichem und wissenschaftsunterstützendem Personal ist. Das ist für mich ein weiteres Zeichen dafür, dass die beschworenen Werte gelebt werden.
DP: Was gefällt Ihnen an Eichstätt?
Prof. Dr. Barbara Meyer: Auf eine ganz interessante Art habe ich mich in Eichstätt immer wie Zuhause gefühlt, auch schon, als ich Seminare für das Zentrum der Lehrerbildung, die Hochschuldidaktik oder die interne Weiterbildung gegeben habe. Die wunderschönen Gebäude, die gelebte Kultur – sowohl bodenständig als auch weltoffen, der gesprochene Dialekt, dieser Blick, wenn man mit dem Zug aus Eichstätt rausfährt und sieht, wie es eingebettet liegt zwischen den Felsen und dem Grün und wie die Willibald-Burg über dem Ort thront: Das ist beeindruckend und schön. Natürlich kommt noch hinzu, dass mein Mann in der Gegend um Eichstätt aufgewachsen ist und wir von seinen Eltern immer herzlich empfangen werden. Mit ihnen, aber auch mit meinem Mann, seinen Freunden und unseren Kindern habe ich daher einen Teil Eichstätts und des Umlands schon erkundet – das waren immer schöne Erfahrungen.
DP: Worauf freuen Sie sich besonders und wo möchten Sie Ihre Schwerpunkte setzen?
Prof. Dr. Barbara Meyer: Ich liebe die Zusammenarbeit mit den Studierenden in den Kursen, das ist etwas, das ich immer schon geschätzt habe an meiner Arbeit- die Bedingungen sind an der RPF dafür natürlich besonders gut im Moment: Bei den kleinen Kursen lernt man sich tatsächlich kennen und es ist kein „gesichtsloses“ Lehren und Lernen. Und wenn die Studierenden und ich uns kennen, dann ebnet das auch Wege für ein gutes Lernen- und das sicher nicht einseitig. Ich lerne von den Studierenden eine Menge. Worauf ich mich auch freue, sind all die Möglichkeiten, die sich an der Fakultät ergeben, Neues zu denken und neue Wege zu gehen, auch unkonventionell und um die Ecke zu denken, das kommt mir sehr entgegen in meinem Wesen. Sehr gerne möchte ich einen Teil der Lehre und der tollen Projekte an der Fakultät (wie das nabimab-Zertifikat) mit Forschung koppeln. Nicht im luftleeren Raum, sondern evidenzbasiert zu arbeiten finde ich wichtig und es erhöht auch die Wirkung und Wirksamkeit nach außen. Der größte Schwerpunkt meiner Arbeit und die größte Herausforderung wird aber wohl die Errichtung eines Bachelorkurses für das Jesuit Worldwide Learning (JWL)-Programm sein. Hier haben wir vor, einen internationalen Bachelor in e-gestützter inklusiver Bildung zu entwickeln für marginalisierte Menschen weltweit – beispielsweise in Flüchtlingscamps. Er soll ihnen die Chance auf hochwertige Bildung bieten. Das finde ich aus einer ethischen, menschlichen und fachlichen Perspektive extrem wichtig - und herausfordernd. Hierzu darf ich weltweit mit unterschiedlich sozialisierten Menschen zusammenarbeiten, die wertvolle Perspektiven haben, auf die ich im Traum nicht kommen könnte. Das ist ein Geschenk für mich und ich empfinde Demut und Freude darüber, mit meinem Wissen und Können zur Umsetzung dieser Idee beizutragen.
Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin ein produktives und erfüllendes Arbeiten an der KU.
Dr. Dorothea Pachale