Frau Kern, Sie sind Jahrgang 1971 und kommen aus Schwabmünchen. Nach dem Studium des Lehramtes für Realschulen mit den Fächern Musik/Kath. Religionslehre in Augsburg, der Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt in München und acht Jahren im Schuldienst haben Sie einen Master in Musiktherapie (MA) und in Psychologie (MSc) erworben. Nach Stationen in Wien und Würzburg haben Sie zuletzt als Traumatherapeutin in eigener Praxis sowie als Supervisorin und Lehrtherapeutin für Studierende der Musiktherapie in Augsburg gearbeitet. Nun sind Sie bei uns in Eichstätt. Was gefällt Ihnen an unserer Fakultät sowie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt?
Ich freue mich über die herzliche Aufnahme im Kollegium sowie die große Offenheit für neue Ideen und Gestaltungsfreiräume. Besonders begeistert mich die Lernwerkstatt mit ihren Räumen und ihrer tollen Ausstattung. Bei Blockseminaren habe ich bereits erlebt, wie lebendig sich in dieser einladenden Atmosphäre ganzheitliche und nachhaltige Lernprozesse entfalten können. Auch bewegt mich der „jugendliche Idealismus“, mit dem viele Studierende ihrem künftigen Beruf in Gemeinde und Schule entgegengehen. An der Uni fällt mir auf allen Ebenen der freundliche Umgang miteinander auf.
Was möchten Sie - neben dem inhaltlichen Curriculum - den Studierenden vermitteln?
Es liegt mir am Herzen, den Studierenden das bunte Spektrum der Angewandten Psychologie erfahrbar zu machen. Dies betrifft sowohl das Studium, aber auch die Persönlichkeitsentwicklung, was gerade für angehende Religionslehrer*innen und Seelsorger*innen wichtig ist. Wer in der Pastoral tätig ist, wird vor allem als Persönlichkeit wahrgenommen. Kinder und Jugendliche, die Menschen unserer Zeit, suchen und brauchen das Echte – gerade auch im Bereich von Religion und Glaube. Hier ist also – neben soliden religionspädagogischen Kenntnissen und Fertigkeiten – gefragt, was der Religionspsychologe Bernhard Grom SJ „eine reife Religiosität in einer reifen Persönlichkeit“ nennt. Das lässt sich nicht machen, aber anregen. Deshalb gestalte ich meine Seminare projektorientiert auf der Basis des Potenzialentfaltungsan-satzes des Neurowissenschaftlers Gerald Hüther.
Woran forschen Sie momentan? Mit welchen Fragen beschäftigen Sie sich wissenschaftlich?
Über die Embodiment-Forschung kam ich zum derzeit hochaktuellen Gebiet der Psychotraumatologie. Neben transgenerationalen Aspekten beschäftige ich mich momentan mit dem Bereich spiritueller Krisen und Erfahrungen, die oft als „Dunkle Nacht des Glaubens“ bezeichnet werden. Mich fasziniert, wie die Perspektive der modernen Traumaforschung ein vertieftes Verständnis solcher existenziellen Erschütterungsphasen eröffnen kann. Außerdem arbeite ich an einem Artikel über die Begleitung von Menschen im Wachkoma. Hier kommt die Bewusstseinsforschung mit dem beziehungsmedizinischen Ansatz und meinen konkreten Alltagserfahrungen als Musiktherapeutin in einer Einrichtung für Menschen mit schwersten Hirnschädigungen in Dialog. Dies spiegelt mein Anliegen, dass sich Wissenschaft und Praxis wechselseitig befruchten. Ein Forschungsprojekt im Bereich der Reformpädagogik befindet sich in der Planungsphase.
Was machen Sie jenseits der Psychologie und der Wissenschaft noch gerne?
Ich liebe Musik und Natur, bestaune die Schöpfung beim Wandern und Sammeln von Heil-kräutern. Je nach Lust und Laune tanke ich auf bei kreativem Tanz, in meditativer Stille oder mit einem inspirierenden Buch in den Händen. Nach einer gefüllten Arbeitswoche genieße ich gern ein indisches Abendessen bei guten Gesprächen im Kreis lieber Menschen.