Paradigmen der Transformation in einer Zeit des Bruchs und der Polarisierung

Am 22. Mai 2024 richtete das KU Zentrum für Religion, Kirche, Gesellschaft im Wandel unter der Leitung seines Direktors Prof. Dr. Martin Kirschner ein englischsprachiges Panel zum Thema "Paradigms of Transformation in a Time of Rupture and Polarisation: Religious and theological Aspects" auf der Jahrestagung „Paradigm Shifts“ der European Academy of Religion in Palermo, Italien aus.

Krisenzeiten sind mit Brucherfahrungen und der Notwendigkeit einer oft radikalen Transformation verbunden, die sowohl die Lebenswirklichkeit selbst als auch die kognitiven Konzepte und Leitbilder betreffen, mit denen wir uns in der historischen Wirklichkeit orientieren. Dies führt zu grundlegenden Konflikten und Polarisierungen, die nicht nur die Wahrnehmung und Deutung von Wirklichkeit oder divergierende Positionierungen betreffen, sondern auch zugrundeliegende erkenntnistheoretische Annahmen und Handlungsmodelle. Es kann zu Paradigmenwechseln in einem weiten Sinn kommen, die auf Krisen und Brüche reagieren und ihrerseits strittig sind. Gerade im religiösen Bereich spitzen sich solche Konflikte zu, da es hier um „letzte“ Fragen geht, die Stellungnahme verlangen: um Grund und Bedeutung der Wirklichkeit, Menschenbild, Legitimation von Macht, letzte Überzeugungen, ideologische Konflikte, den Umgang mit Pluralismus, usw.

Vor diesem Hintergrund analysierte Markus Riedenauer die Hinwendung zu einem kybernetischen Paradigma politischer Anthropologie und zeichnete die Spannung zu einem christlichen Verständnis des Menschen. Klaus Viertbauer erörterte Möglichkeiten einer Verbindung von Atheismus und Spiritualität im Kontext der Frage nach dem Sinn des Lebens. Justin Veit erörterte Möglichkeiten, das antike Verständnis des Gewissens im Kontext postmoderner Philosophie als Öffnung für Alterität zu verstehen. Stephan Tautz fragte demgegenüber im Kontext aktueller theopolitischer Diskurse nach Möglichkeiten, „nach der Postmoderne“ in einer neuen Weise eine Orientierung am Universalen zu ermöglichen, die weder in vormoderne Absolutheitsansprüche zurückfällt noch die kritischen Einsichten der Dekonstruktion unterbietet. Martin Kirschner schließlich deutete die Hinwendung zur Synodalität in der katholischen Kirche als einen ekklesiologischen Paradigmenwechsel, der auf die Krisen und Polarisierungen antwortet und zugleich das Verständnis von Kirche weiterentwickelt.