Partizipative Wissenschaft in Aktion

Bürgerdialog im Eichstätter Stadtteil Landershofen zum Starkregenereignis vom 4. September

Am 4. September 2024 wurden Teile der Umgebung von Eichstätt von extremem Starkregen getroffen, der im Bereich von Pfünz eine Sturzflut auslöste. Im Nachgang zu diesem Extremereignis luden der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger, der Kommandant der Landershofener freiwilligen Feuerwehr Thomas Mulinski und Tobias Heckmann vom Lehrstuhl für Physische Geographie zu einem Bürgerdialog ins Feuerwehrhaus von Landershofen.

Jakob Rom und Tobias Heckmann hatten in Vorbereitung der Veranstaltung die vorhandenen Daten der DWD-Wetterstation in Landershofen, der KU-Wetterstation sowie die RADOLAN-Daten (mithilfe von Stationsdaten angeeichte Radardaten der Niederschlagsintensität in hoher zeitlicher Auflösung) des Ereigniszeitraums ausgewertet. Aus einer großen, über längere Zeit stationären  Gewitterzelle fielen mit zwei räumlichen Schwerpunkten extrem hohe Regenmengen, zuerst zwischen Hofstetten und Pfünz, wenig später über dem Eichstätter Ortsteil Landershofen und - bereits abgeschwächt, aber immer noch heftig - Teile des Eichstätter Ostens, einschließlich des Volksfestgeländes, auf dem sich nach dem Kinderumzug zahlreiche Menschen befanden. Der Ortskern von Pfünz wurde in der Folge von einer Sturzflut betroffen, weil ausweislich der DWD-Radardaten über großen Teilen des Einzugsgebietes auf der Jurahochfläche über 80 Liter Regen in kurzer Zeit gefallen waren. So große Regenmengen können so schnell nicht im Boden versickern, weshalb sie zum größten Teil oberflächlich abfließen. Aufgrund der räumlichen Lage des Starkregengebietes im Verhältnis zum Einzugsgebiet des Pfünzbachs floss praktisch das gesamte Wasser in Richtung des Ortskerns von Pfünz, vor allem über das Tal, in dem die Verbindungsstraße zwischen Hofstetten und Pfünz verläuft.

In Landershofen hatten etliche Bürgerinnen und Bürger Wasser im Keller, nachdem binnen zwanzig Minuten über 50 Liter Wasser pro Quadratmeter gefallen waren – dieser Wert ist dank der DWD-Wetterstation in Landershofen genau bekannt. Anhand der vorhandenen Datenreihe kann mithilfe der Extremwertstatistik eine Jährlichkeit von 37 Jahren ermittelt werden, wobei die zugrundeliegende Datenreihe weniger als 20 Jahre umfasst. Seit 2005 wurden die Starkregen-Warnwerte des DWD für „markantes Wetter“ (>15 mm in einer Stunde) achtzehn mal überschritten, die für „Unwetter“ (>25 mm/h)  drei mal; „extremes Unwetter“ (>40 mm/h) gab es demnach genau einmal: Am 4. September 2024 zwischen 15 und 16 Uhr. Die Situation während dieses Ereignisses wurde verschärft durch die Ansammlung von Hagelkörnern, Pflanzenresten aufgrund von Hagelschlag, sowie die Überlastung des Kanalsystems.

Der Einladung des Oberbürgermeisters, der Feuerwehr und des KU-Lehrstuhls kamen über dreißig Bürgerinnen und Bürger nach und beteiligten sich an einer regen Diskussion. Zuvor hatten Jakob Rom und Tobias Heckmann Starkregen und Sturzfluten am konkreten Beispiel  wissenschaftlich eingeordnet sowie ihre Auswertungen vorgestellt und erläutert. Thomas Mulinski schilderte die Sicht der Feuerwehr und gab wertvolle Hinweise zur Risikominderung vor und während solcher Ereignisse. Hingewiesen wurde beispielsweise auf einen Flyer zur Notfallvorsorge des Katastrophenschutzes beim Landkreis Eichstätt. Betroffene Bürgerinnen und Bürger konnten im Anschluss Schadensmeldungen und insbesondere ihre Beobachtungen zu den Abflusswegen der Wassermassen in eine Karte eintragen, die nun vom Lehrstuhl mit den Informationen der Feuerwehr zusammengeführt und wissenschaftlich ausgewertet wird – partizipative Wissenschaft in Aktion!