Perspektiven über Corona hinaus: Wie die Pandemie die Hochschullehre verändern wird

Nicht nur Schulen stellt der Unterricht unter den Bedingungen von Corona vor neue Herausforderungen, sondern auch die Universitäten müssen seit dem vergangenen Jahr laufend auf die Folgen der Pandemie reagieren. Wo steht die KU mit ihrer Hochschullehre? Was ist in der Rückschau gut gelungen? Und welche Perspektiven eröffnen sich aus den gewonnenen Erkenntnissen auch für die Zeit nach Corona? Solchen Fragestellungen ist am Mittwoch der jährliche Tag der Hochschullehre an der KU nachgegangen, der als rein digitales Format in einem Videostream stattgefunden hat. Abseits des Alltags bietet diese Veranstaltung für Lehrende und Studierende der KU seit mehreren Jahren Gelegenheit zur Reflexion des Lehrbetriebs.

„Wir alle an der KU haben eine enorme Lernkurve hinter uns. Die Zeit war ein Turboschub für digitale und hybride Lehre“, schilderte Prof. Dr. Markus Eham als Vizepräsident für Studium und Lehre. Die Befürchtung, dass künftig Präsenzlehre generell von digitalen Formaten abgelöst würde, teilte Eham nicht. Vielmehr gelte es zu prüfen, wo die Vor- und Nachteile digitaler Medien als einer speziellen Art des Lernens liegen: „Wie lässt sich didaktischer Mehrwert generieren, der Präsenzlehre noch fruchtbarer macht?“ Binnen kurzer Zeit mussten die Lehrveranstaltungen im Sommersemester auf digitale Formate umgestellt werden. Wie Anja Schorr vom Rechenzentrum der KU berichtete, konnten dennoch über 90 Prozent der geplanten mehr als 1500 Lehrveranstaltungen stattfinden. Im laufenden Wintersemester mussten lediglich 47 von knapp 2000 Lehrveranstaltungen coronabedingt entfallen.  

In einer Rückschau präsentierten Eham und Schorr verschiedene Beispiele für digitale Formate, die sich auch besonders durch einen kollaborativen Charakter ausgezeichnet haben – etwa ein Seminar zu Computerspielen aus Sicht der Politischen Bildung als Gemeinschaftsprojekt mit der TU Dresden, eine virtuelle Reise zu deutschen und österreichischen Gemeinden in einer Theologie-Vorlesung oder ein Podcast-Projekt der Journalistik zur Geschichte Eichstätts. Auch einer großen Tagung zu Fragen von Nachhaltigkeit mit Studierenden mehrerer Universitäten und zahlreichen Referenten gelang erfolgreich der kurzfristige Umzug ins Internet. Dr. Sandra Stadler-Heer von der Professur für Englischdidaktik wiederum bot Lehramtsstudierenden durch den geschickten Einsatz verschiedener Webtools die Möglichkeit, trotz allem Praxiserfahrung im Unterricht mit Partnerschulen zu sammeln. Auch die dortigen Praktikumslehrkräfte wurden von ihr geschult – sowohl technisch als auch didaktisch-methodisch. Unter anderem konzipierte sie Mikrofortbildungen im Stil von durch Youtube bekannten Erklärvideos, „um den Berg kleiner zu machen“, wie sie schilderte.

In der anschließenden Diskussionsrunde zum Tag der Hochschullehre betonte Stadler-Heer mit Blick auf die Lehrkräfte von morgen: „Wir müssen es schaffen, nicht mehr nur für den klassischen Präsenzunterricht auszubilden, um guten Fachunterricht auch digital anzubieten.“ Der Alltag in Schulunterricht und Hochschullehre habe auch zu einer Demokratisierung von Bildung beigetragen, denn die Situation habe häufig Novizen zu Experten gemacht – etwa im Hinblick auf das Verhältnis von Schülern und Lehrkräften im Umgang mit digitalen Medien.

Als Mitglied des Hochschulrates der KU und Strategieberaterin für Hochschulen plädierte Dr. Isabell Lisberg-Haag grundsätzlich dafür, bei Berufungen künftig noch stärker auf digitale Kompetenzen zu achten. Denn der produktive Umgang der KU mit den Herausforderungen der Pandemie bilde nicht die Realität der deutschen Hochschullandschaft dar. „Digitale Lehre bietet zwar positive Aspekte im Hinblick auf Inklusion, stellt jedoch zugleich auch neue Hürden auf. Nicht alle Studierenden können sich vielleicht eine entsprechende Ausstattung leisten“, gab Lisberg-Haag zu bedenken. Hier müsse die KU ihr soziales Profil auch in die digitale Welt übertragen.

Positiv empfindet Studierendenvertreterin Svenja Trump vom Sprecherrat des Studentischen Konvents, dass die Dozierenden im laufenden Betrieb immer wieder um Feedback bitten, das dann in den weiteren Verlauf der Lehrveranstaltungen einfließt. Für die Zeit nach Corona wünscht sie sich mehr räumliche Möglichkeiten für Gruppenarbeit und Orte für Begegnung. Denn wie eine bundesweite Befragung zeigt, vermissen die Studierenden durch Corona insbesondere die Sozialkontakte auf dem Campus.

Anknüpfend daran charakterisierten sowohl Prof. Dr. Klaus Meier (Journalistik-Professor und Ars Legendi-Preisträger) als auch der Vizepräsident für Forschung, Prof. Dr. Jens Hogreve, die KU als besonderen Ort der Lehre, der nicht nur Lernort, sondern auch Lebensraum sei. „Wissen muss immer eine Co-Kreation sein. Ich wünsche mir dabei, dass wir dabei künftig nicht mehr darüber diskutieren, ob eine Lehrveranstaltung in Präsenz oder online stattfindet. Im Zentrum muss die Frage stehen, welcher Weg jeweils geeignet ist für die Interaktion, die ich mit den Studierenden leben möchte“, so Hogreve. Professor Meier betonte, dass Corona generell den Wert guter Lehre vor Augen geführt habe: „Wir werden erleben, dass sich unsere gute Präsenzlehre optimal um digitale Formate ergänzen lässt.“

Das übergeordnete Ziel von Universitäten müsse es sein, die Denkfähigkeit zu fördern, die Kreativität zu unterstützen und die Studierenden als Persönlichkeit wachsen zu lassen, betonte Vizepräsident Eham gemeinsam mit Thomas Sporer, Leiter der Stabsabteilung für Bildungsinnovation und Wissenstransfer. Im Sinne eines hybriden Ansatzes könne dabei die Online-Lehre etwa der reinen Wissensvermittlung dienen, die Präsenzlehre wiederum lasse sich verstärkt zur Begleitung von Lernprozessen und zur Umsetzung von Projekten nutzen.

Der Videomitschnitt zum Tag der Hochschullehre findet sich im Youtube-Kanal der KU.