Professor Heinz sprach über "50 Jahre Liturgiekonstitution - Rückblick und Ausblick"

Eichstätt. „Die Gottesdienstreform ist irreversibel und das ist gut so!“, resümierte der emeritierte Trierer Liturgiewissenschaftler, Professor Andreas Heinz, am 25. Juni in einen Gastvortrag zum Thema „50 Jahre Liturgiekonstitution. Rückblick und Ausblick“ in Eichstätt. Eingeladen hatte der Eichstätter Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft mit Professor Jürgen Bärsch.

Der Vortrag wurde in überarbeiteter Form publiziert in:

Andreas Heinz, 50 Jahre "Sacrosanctum Concilium" - Rückblick und Ausblick, in: Trierer Theologische Zeitschrift 123 (2014) 222-239.

Die Dokumentation des Vortrages finden Sie hier:

Am 4. Dezember 1963 wurde in Rom die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“, die vielfältige Änderungen der Gottesdienstpraxis nach sich zog, verabschiedet. Das Jubiläumsjahr diente Heinz zum Anlass auf die Folgen der Gottesdienstreform in den letzten fünfzig Jahren zurückzublicken. Seine Ausgangsfrage dabei lautete: „Die Liturgiekonstitution ist die sichtbarste Frucht des Konzils. Aber ist sie auch eine gute Frucht?“ Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, verwies Heinz zunächst auf den großen Beitrag der liturgischen und der biblischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Reform der Gottesdienstpraxis hin. Er zeigte schließlich auf, welche Änderungen überhaupt durch die Konstitution eingeleitet wurden. Als „Schlüsselwort der Liturgiereform“ bezeichnete er die „participatio actuosa“, die tätige Teilnahme der gesamten gottesdienstlichen Versammlung. Folglich sei die Liturgie also nicht mehr nur Sache des Priesters, sondern der ganzen versammelten Gemeinde. Dass die Gottesdienste heute in der jeweiligen Landessprache gefeiert werden können, sei eine Konsequenz aus diesen Überlegungen. Als positive Änderungen innerhalb der Messfeier nannte Heinz die Ermöglichung der Kelchkommunion für Laien und der Konzelebration, den gestuften Erwachsenenkatechumenat sowie der stärkeren Einbeziehung der Eltern bei der Feier der Taufe. Als einen großen Verdienst des Konzils beschrieb er die Wiederentdeckung der Bibel, die auch für den Dialog mit evangelischen Christen hoch bedeutsam sei. Heinz wies auch darauf hin, dass die auffälligsten Änderungen der Liturgie gerade keine Konzilsbeschlüsse waren: Handkommunion, stehender Kommunionempfang oder die Änderung der Zelebrationsrichtung.

Die Hörer seines Vortrages ließ er auch an persönlichen Erinnerungen teilhaben. „So kann es nicht weitergehen! Die Kirche muss sich eindeutiger am Evangelium orientieren. Es braucht eine Rückbesinnung auf den Geist des Anfangs.“ Das war die Reaktion des jungen Studenten Andreas Heinz als er vor knapp fünfzig Jahren die Konzilseröffnung in Rom miterlebte. Der Liturgiewissenschaftler, der über fünfundzwanzig Jahre den Lehrstuhl in Trier inne hatte, war nicht nur Augenzeuge des Konzilbeginns, er hat auch sehr intensiv die Zeit der letzten fünfzig Jahre Gottesdienstgeschichte miterlebt.

Ein durchweg positives Fazit konnte er aber bei allem Lob für die Reformen aufgrund der Liturgiekonstitution nicht ziehen. Wenn Priester aus übersteigertem Aktionismus eigenmächtig Texte geändert oder biblische Lesungen durch moderne Literatur ersetzt hätten, dann hätte die Ehrfurcht vor dem Heiligen gelitten. Und auch das eigentliche Ziel der Erneuerung der Liturgie sei heute noch nicht erreicht, die Pfarreien seien eben keine blühenden Landschaften.

So kritisierte Heinz gleichermaßen eine „permanente Kreativität“ im Gottesdienst, denn Liturgie könne nicht immer neu erfunden werden, er bezog aber beispielsweise auch klar Stellung zur wiederermöglichten sogenannten „alten Messe“. „Die alte Liturgie wird uns nicht weiterbringen“, lautete sein Fazit in Bezug auf die Gegner der Liturgiereform, die eine Rückkehr zur vorkonziliaren Gottesdienstpraxis fordern. Es gehe vielmehr um eine spirituelle Vertiefung, ein Geist der Anbetung müsse die Feier durchziehen, denn „nicht in der äußeren Form liegt das Heil, es gilt in jedem Fall durch die äußere Schicht zum Kern zu kommen!“

Von Florian Stark


Den Text der Gastvorlesung finden Sie nachstehend

 

50 Jahre „Sacrosanctum Concilium” - Rückblick und Ausblick

Gastvorlesung an der Katholischen Universität Eichstätt am 25. Juni 2013

 Von Prof. Dr. Andreas Heinz, Trier

 

Das erste Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils hat uns heute Abend hier zusammen geführt. „Es war ein großer Tag für das Zweite Vatikanische Konzil und für die Kirche über­haupt, als am 4. Dezember 1963 die Konstitution über die heilige Liturgie nahezu einstimmig verabschiedet wurde. Das Konzil hatte Entscheide von großer Tragweite getroffen, die in der Folgezeit das Erscheinungsbild der Kirche nicht unerheblich umgestaltet haben.”1 Mit diesen Worten hat Joseph Kardinal Ratzinger vor 10 Jahren den 40. Geburtstag von Sacrosanctum Concilium gewürdigt. Die Liturgiekonstitution ist mit der von ihr in Gang gesetzten Liturgie­reform zweifellos „die sichtbarste Frucht” des Konzils.2 Ist sie auch eine gute Frucht? 

 

50 Jahre danach gehen die Meinungen darüber auseinander. Auf dem Konzil selbst hätte die Zustimmung kaum größer sein können. Es gab nur 4 Gegen-Stimmen. Danach folgte die umfassendste Liturgiereform, die die katholische Kirche je in ihrer nunmehr fast 2000-jährigen Geschichte erlebt hat. Sie ist vom Kirchenvolk erstaunlich reibungslos rezipiert worden. Das war bei den Entscheidungen früherer Konzilien keineswegs immer der Fall. Aber sie ist auch ein Zeichen, dem widersprochen wird. Ihre Gegner machen eine Verlustrechnung auf. Den drama­tischen Einbruch der Teilnehmerzahlen an der Sonntagsmesse kann niemand übersehen.3 Wenn allerdings die Liturgiereform dafür verantwortlich gemacht wird, ist dem entschieden zu widersprechen.4 Die Soziologen haben gezeigt, dass der Erosionsprozess, zumindest im städtischen Milieu, schon Jahre vor dem Konzil eingesetzt hat.5 Ich möchte mir nicht vorstellen, wo wir heute ständen, wenn es die Liturgiereform nicht gegeben hätte.

 

Doch in ihr sehen manche nach wie vor ein Übel. Während die Liturgische Bewegung, aus der Sacrosanctum Concilium erwachsen ist, heute ziemlich einhellig als eine Erfolgsgeschichte beurteilt wird, hat kürzlich ein der Vereinigung Pro missa tridentina nahe stehender Professor einer renommierten deutschen Theologischen Fakultät diese Vorgeschichte als eine „Verlust­geschichte” beklagt.6 Ein Baum aber, der schon in der Wurzel vergiftet ist, kann keine guten Früchte bringen.

Zum Rückblick auf die Liturgiekonstitution gehört der Blick auf diese Vorgeschichte. Kardinal Ratzinger, unser emeritierter Papst Benedikt XVI., sagte in seinem eingangs bereits zitierten Trierer Vortrag: „Die Väter waren sich bewusst, dass sie dabei (d. h. bei der Verabschiedung von SC) die Ernte einer langen Vorgeschichte einbrachten und die vielfältigen Strömungen, Er­kennt­nisse und Erfahrungen, die in der Liturgischen Bewegung gereift waren, zu einer ganzheitlichen Vision verschmolzen, die einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Liturgie einleiten sollte.”7 Dann charakterisierte er diese Vorgeschichte, wie auch das Konzil es schon getan hatte (SC 43), als „ein Hindurchgehen des Heiligen Geistes durch seine Kirche”, also als ein gottgewolltes „pneumatisches Ereignis” im Leben der Kirche des 19. und 20. Jahrhunderts.8 Mit anderen Worten: Der Wurzelboden, aus dem die Liturgiekonstitution erwachsen ist, war gesund und war gesegnet. Die Pioniere der Liturgischen Bewegung, die zu ihrer Zeit innerkirchlich von nicht wenigen beargwöhnt, bisweilen offen angefeindet wurden, waren Werkzeuge des Heiligen Geistes. Angefangen von den Erneuerern des benediktinischen Mönchtums in Frankreich unter Führung von Abt Dom Prosper Guéranger in Solesmes,9 den Mönchen von Keizersberg in Löwen, Maredsous und Chevetogne in Belgien, und Beuron und Maria Laach in Deutschland. Dort hat man zuerst die Schönheit der lateinischen römischen Liturgie und des Gregorianischen Chorals wiederentdeckt und kultiviert.

Das hat gebildete Laien angezogen. An der Schwelle des Ersten Weltkriegs (1913) sind beispielsweise der spätere französische Außenminister Robert Schuman und der spätere deutsche Reichskanzler Heinrich Brüning nach Maria Laach gegangen, um dort die Karwoche mitzufeiern.10 Dann brach sich mehr und mehr die Erkenntnis Bahn: Der Gottesdienst der Kirche ist keine Oase und kein Reservat nur für Mönche und Akademiker, die Latein verstehen. Er ist seiner Natur nach Volk-Gottes-Liturgie.

Darauf hatte schon der später heiliggesprochene Papst Pius X. (1903-1914) gleich zu Beginn seines Pontifikats den Finger gelegt. 1903 erschien sein Motu proprio über die Kirchenmusik „Tra le sollecitudini”. Darin stehen manche Dinge, die uns heute gar nicht mehr gefallen, etwa, dass Frauen im Kirchenchor nicht mitsingen dürfen.  Aber in diesem päpstlichen Dokument steht auch eine Losung, die bald eine ungeahnte Dynamik entfalten sollte. Prälat Johannes Wagner, der frühere Leiter des deutschen Liturgischen Instituts in Trier (1954-1975), hat sie „das Samen­wort” der Liturgischen Bewegung genannt.11 Die Losung heißt: „Participatio actuosa - Tätige Teilnahme!” Pius X. sagte sinngemäß: Die Gläubigen sollen nicht länger als stumme Zuschauer den liturgischen Feiern beiwohnen. Sie sollen als getaufte Glieder am Leib Christi die Liturgie der Kirche bewusst und tätig mitfeiern. Das Stichwort „Tätige Teilnahme” ist das Schlüsselwort der Liturgiereform des Konzils geworden.12

 

Einer der großen Vorkämpfer der Liturgischen Bewegung war der 1960 verstorbene belgische Benediktiner Lambert Beauduin.13 Auf dem belgischen Katholikentag in Mecheln 1909 griff er das Papstwort auf und formte daraus den zündenden Appell: „Il faudrait démocratiser la liturgie - die Liturgie muss demokratisiert werden!”14 Mit anderen Worten: Der Gottesdienst darf nicht länger etwas sein, was hoch über den Köpfen der Gläubigen schwebt. Die Türen zur Liturgie müssen für alle aufgetan werden.

Man hat das zuerst mit Übersetzungen versucht. In dem zum Museum umgestalteten Geburtshaus von Papst Benedikt XVI. ist der Wunschzettel ausgestellt, den der damals siebenjährige Joseph Ratzinger vor Weihnachten 1934 dem Christkind geschrieben hat.15 Was hat der Kleine sich gewünscht? Kein Spielzeug und keine Süßigkeiten, sondern einen „Schott”, ein lateinisch-deutsches Volksmessbuch. Ich bekam meinen ersten Schott zu meiner Erstkommunion 1950. Mit dem „Schott” in der Hand konnte man mitlesen, was der Priester am Altar lateinisch las oder sang. In der Gemeinschaftsmesse haben wir das Gloria, das Credo und Vaterunser auch schon zusammen auf Deutsch gesprochen oder in der „Betsingmesse” deutsche Messlieder gesungen. Aber der Priester hat während der ganzen Messe außer der Predigt kein einziges deutsches Wort in den Mund genommen. Beides lief auf zwei Geleisen nebeneinander. Der Ruf nach einem echten Zusammenwirken von Priester und Gemeinde wurde immer lauter.

 

Hier wären jetzt viele Namen zu nennen: Romano Guardini16 und die katholischen Jugendverbände, der Augustinerchorherr Pius Parsch mit seinem Volksliturgischen Apostolat,17 Heinrich Kahlefeld und die Pilotpfarrei der Oratorianer in Leipzig-Lindenau,18 die Benediktiner von Maria Laach, für die nicht nur Odo Casel mit seiner Mysterientheologie19 steht, sondern auch die dort seit den 20er-Jahren aufgekommene Praxis der „Krypta-Messe” an einem Altar „versus populum” im Kreis einer lebendigen Feiergemeinschaft.20

 

Die ersten Früchte der Liturgischen Bewegung reiften weltweit schon vor dem Konzil. Papst Pius XII. hat uns die Osternacht wiedergegeben.21 Deutschland bekam 1950 ein neues Buch für die Feier der Taufe, der Trauung, der Kranken- und Sterbebegleitung und des Begräbnisses: das deutsche „Einheitsrituale”. Darin gibt es schon viel Deutsch.22 Aber in der Messe blieb es bei der Zweigleisigkeit von lateinischer Priestermesse und volkssprachlicher Messbegleitung. Dabei konnte es auf Dauer nicht bleiben. Das Konzil brachte den Durchbruch.

Wenn wir nach den Früchten fragen, die das Konzil ernten konnte, wäre vieles zu nennen. Es sind in der Mehrzahl Dinge, die sehr lange tabu waren und noch auf dem Konzil kontrovers dis­kutiert wurden, die uns aber mittlerweile ganz selbstverständlich geworden sind, etwa die Kelch­kommunion für Laien,23 anstelle der früher obligatorischen Einzelzelebration die eucharistische Konzelebration,24 der mehrstufige Erwachsenenkatechumenat,25 die Wiedereinsetzung der Eltern in ihr Amt bei der Taufe ihrer Kinder26 und vieles mehr.

 

Ich möchte hier nur zwei besonders zentrale Reformmaßnahmen herausgreifen: zuerst das Leitmotiv von der „vollen, bewussten, tätigen” und „gemeinschaftlichen Teilnahme” des Volkes am Gottesdienst der Kirche (vgl. SC 14; 21). Das Konzil hat klargestellt: Liturgie ist nicht allein Priestersache. Sie ist eine gemeinschaftliche Feier des ganzen hierarchisch gegliederten Volkes Gottes. Deshalb heißt es in der Liturgiekonstitution (SC 28): „Bei den liturgischen Feiern soll jeder (...) in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt.” Wenn der Priester die Gläubigen grüßt, dann sollen diejenigen, denen der Gruß gilt, auch selbst antworten, nicht etwa stellvertretend für sie die Messdiener oder der Chor. Dieses Zusammenwirken von Priester und Gemeinde ist in unserer heutigen Gottesdienstpraxis eine Selbstverständlichkeit geworden. Vor dem Konzil war es das nicht. In der Beschreibung der Messe, wie sie im „alten” Messbuch steht, wird das Volk mit keiner Silbe erwähnt. Das Konzil hat dagegen verlangt, dass in den revidierten Liturgie­büchern immer auch der Anteil der Gläubigen verzeichnet werden muss  (SC 31). Aus Zu­schauern sind Teilnehmer geworden. War es etwa in Ordnung, dass nach dem früheren Ritus bei der Kindertaufe von den Eltern überhaupt keine Notiz genommen wurde? Das ist jetzt anders (SC 67).

Der Grundsatz, dass die ganze Versammlung der Gläubigen Trägerin des Gottesdienstes ist, ergibt sich aus der neu bedachten Wahrheit, dass wir alle die Kirche sind. Die Getauften und Gefirmten sind das Volk Gottes und der Leib Christi. Da soll jedes Glied sich einbringen zum Lob Gottes und zur gegenseitigen Auferbauung. Der Dienst des geweihten Priesters ist unersetzbar. Aber neben seinem sakramentalen Dienst gibt es andere Dienste und Charismen. Das Konzil hat den Ständigen Diakonat wiederbelebt (LG 29). Der Dienst der Ministranten und des Kirchenchores wird als ein wirklich liturgischer Dienst gewürdigt (SC 29). Der Lektoren- und Kantorendienst ist wiedergekehrt. Nach dem Konzil sind Kommunionhelferinnen und -helfer hinzugekommen. Es hat den von der Liturgischen Bewegung vorbereiteten Aufbruch hin zu einer Volk-Gottes-Liturgie gegeben mit einer Vielzahl von Laiendiensten und einer aktiven Be­tei­li­gung aller Gläubigen.

Tätige Teilnahme bedeutet aber nicht, dass alle ständig etwas tun müssen. Tätige Teilnahme heißt nicht ständige Betriebsamkeit oder ruheloser Aktionismus. Eine meditative Atmosphäre soll auch die erneuerte Liturgie prägen. In ihr behält das „heilige Schweigen” einen wichtigen Platz. (SC 30). Kardinal Kasper hat dazu bemerkt:27 „Die aktive Teilnahme geschieht nicht nur im gemein­samen Beten, Singen und Antworten, im gemeinsamen Stehen, Knien und Sitzen; sie geschieht vor allem durch den aktiven inneren Vollzug des eucharistischen Geschehens. Dazu gehören Sammlung, Stille, Schweigen, Hören und Schauen.” Diese religiösen Grundvollzüge sollten „um des fruchtbaren Mitvollzugs willen” gerade heute in einer „lauten, geschäftigen und hastigen Welt (....) bewusst geübt und wenn notwendig neu eingeübt werden.”

 

Eine weitere kostbare Frucht der liturgischen Erneuerung ist die Aufwertung der Bibel. In Artikel 24 der Liturgiekonstitution heißt es lapidar: „Von größtem Gewicht für die Liturgiefeier ist die Heilige Schrift.”28 Parallel zur Liturgischen Bewegung gab es in den Jahrzehnten vor dem Konzil eine lebendige Bibelbewegung. Sie war im protestantischen Milieu entstanden und wurde deshalb von katholischer Seite lange Zeit reserviert und skeptisch betrachtet. Ihr Hauptanliegen war es, die Kenntnis der Bibel unter den Gläubigen zu verbreiten, die Heilige Schrift gründlicher zu studieren und für das christliche Leben fruchtbar zu machen. Der bedeutende Pionier der Liturgischen Bewegung in Österreich, Pius Parsch, hat die biblische und liturgische Bewegung von Anfang an zusammen gesehen und zusammengebracht. Er hat schon 1926 die bis heute bestehende Zeitschrift „Bibel und Liturgie” gegründet.29 Nicht nur ihm war die Aufwertung der Heiligen Schrift im katholischen Gottesdienst ein erstrangiges Anliegen. Den Durchbruch brachte auch hier das Konzil.

Kurz vor seinem Tod wurde der bekannte, im letzten Jahr verstorbene frühere Erzbischof von Mailand, Kardinal Martini, von einem Journalisten gefragt: „Herr Kardinal, was ist in ihren Augen das Wichtigste, was das Konzil gebracht hat?” Kardinal Martini antwortete: „Das Zweite Vatikanische Konzil hat den katholischen Christen die Bibel wieder in die Hand gegeben.”30

Ein Katholik kannte früher in der Regel aus der Bibel nur das, was in der Schulbibel stand und was in der Sonntagsmesse vorkam. Dort versperrte allerdings das Latein vielen den Zugang. Es war zudem nur eine sehr schmale Auswahl von Schrifttexten, die als Epistel und als Evangelium Jahr für Jahr am gleichen Sonn- und Feiertag wiederkehrte. Eine so bewegende Geschichte wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn kam in der alten Perikopenordnung nicht vor. Ein Katholik, der regelmäßig die Sonntagsmesse besuchte, hat nie etwas aus dem Alten Testament gehört. Dabei macht das Alte Testament mehr als ¾ der Bibel aus. Für Jesus und die Apostel war die Heilige Schrift das Alte Testament. Das Neue gab es ja noch nicht.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat wie kein Konzil vor ihm die Bedeutung der Bibel gewürdigt. In der dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung „Dei Verbum” werden wir Katholiken aufgefordert, häufiger die Bibel in die Hand zu nehmen, mehr „Bibelchristen” zu werden (DV 21-26). Das Konzil hat sich das Wort des Kirchenlehrers Hieronymus zu eigen gemacht, der gesagt hat: „Die Heilige Schrift nicht kennen, heißt Christus nicht kennen.” (DV 25).

Es wäre jetzt manches zu sagen über die Ausweitung der Schriftlesung (SC 35,1; 92a) und die Neuverteilung der Psalmen in der Tagzeitenliturgie, also im Chor- und Breviergebet (SC 91) der Ordensleute, Priester und Diakone, über die Einrichtung des Ambo, eines festen und würdigen Ortes für die Verkündigung des Wortes Gottes,31 über die Auslegung und Aktualisierung der Schriftlesungen in der vom Konzil als obligatorisch erklärten sonn- und feiertäglichen Predigt  (SC 52), über die glückliche Wiederherstellung des Wortgottesdienstes als des ersten Hauptteils der Messe,32 über die erneuerten Feiern der Sakramente und Sakramentalien, die ausnahmslos Wort-Gottes-Verkündigung vorsehen. Schauen wir hier nur auf die Messe.

 

Die Liturgiekonstitution sagt (SC 51): In der Messe soll den Gläubigen die Schatzkammer der Bibel weiter aufgetan werden. Innerhalb einer bestimmten Anzahl von Jahren sollen die wich­tigsten Teile der ganzen Bibel zu hören sein. Das hat uns 1969 eine neue Leseordnung gebracht.33 Seitdem gibt es anstelle des früheren schmalen Einjahreszyklus an Sonn- und Feiertagen drei Lesejahre. Im Lesejahr A werden uns Abschnitte aus dem Matthäus-Evangelium verkündigt, im Lesejahr B aus Markus und im Lesejahr C aus Lukas. Aus dem Johannes-Evangelium wird vornehmlich in der Weihnachts- und Osterzeit gelesen. Bei den Lesungen ist die Auswahl ebenfalls reicher geworden, weil der Stoff der Apostelgeschichte, der Offenbarung und der Apostelbriefe nunmehr auf drei Jahre verteilt wurde. Manch einer staunt, was alles in der Bibel steht.

Was ist mit dem Alten Testament? Unsere jetzige Ordnung kennt an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich zwei Lesungen vor dem Evangelium. Außerhalb der Osterzeit ist die erste immer eine Lesung aus dem Alten Testament. In Rom und in den meisten Ländern weltweit werden beide Lesungen auch regelmäßig gelesen. Im deutschen Sprachgebiet haben wir eine Sonder­re­gelung. Wir dürfen uns auf eine Lesung beschränken und die kann dann aus den beiden angebo­te­nen frei ausgewählt werden. Die alttestamentliche Lesung verdient bei der Auswahl den Vorzug, weil sie thematisch auf das Evangelium abgestimmt ist, was bei der zweiten Lesung nicht der Fall ist.

 

Diese Wende zur Bibel ist für den Dialog mit den evangelischen Christen hochbedeutsam.34 Sie ist aber auch für unsere Kirche ein heilsamer Impuls zur Erneuerung des christlichen Lebens. Denn das war und bleibt das erste Ziel aller Konzilsbeschlüsse. Gleich im ersten Satz der Litur­gie­konstitution heißt es, Ziel aller Reformbemühungen sei es, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen.” (SC 1). 

Ich stand am Eröffnungstag des Konzils, am 11. Oktober 1962, als die lange Pro­zession der über 2000 Bischöfe aus aller Welt in den Petersdom einzog, als junger Theologiestudent im roten Talar der Germaniker auf dem Petersplatz. Am Ende der Bischofsprozession kam der Papst. Es war der gute Papa Giovanni. Er wurde auf der Sedia gestatoria getragen und war umgeben von dem damals noch ganz selbstverständlichen triumphalistischen Pomp mit Ehrengarden, Wedeln aus Straußenfedern und einem Baldachin, der größer war als jeder Fronleichnams­himmel. Ich dachte damals bei mir im Stillen: „So kann es nicht weitergehen!”

 

In der Hoffnungs- und Aufbruchstimmung jener Tage war in vielen die Sehnsucht lebendig nach einer einfachen, bescheidenen, dienenden Kirche, einer Kirche, die sich eindeutiger am Evangelium orientiert. Reform in der Kirche heißt ja nicht: Öfters mal was Neues!, sondern Rückbesinnung auf den Geist des Anfangs, neue Verankerung im Wurzelboden des Evangeliums, Rückkehr zu den klaren Quellen. Als Franz von Assisi daran ging, die Kirche seiner Zeit zu reformieren, wollte er seinen Ordensbrüdern als Ordensregel zuerst nur ein paar Kernsätze aus dem Evangelium geben. Die Losung der Erneuerungsbewegung seiner Zeit hieß: „Arm dem armen Jesus folgen!”35 Papst Paul VI. hat im Sinn der Konzilsoption für eine arme Kirche ein star­kes Zeichen gesetzt: In Gegenwart der Konzilsväter stellte er die ihm von den Mailänder Katholiken geschenkte Tiara auf den Altar des Petersdoms mit den Worten: „Für die Armen der Welt.”

Das Konzil hat nicht nur die Schatzkammer der Bibel weit geöffnet. Es hat auch dafür gesorgt, dass das Wort Gottes in einer verständlichen Sprache verkündigt wird. Das ist für die meisten der auffälligste Unterschied zur „alten” katholischen Messe. Die Volkssprache ist Liturgie­sprache geworden. Die landläufige Meinung, das Konzil habe das Latein abgeschafft, ist allerdings falsch. Die erneuerte Liturgie kann man auch auf Latein feiern. Die Erstausgaben aller neuen Liturgiebücher erscheinen in lateinischer Sprache. Wir werden im neuen „Gotteslob”, das wir im Advent erwarten dürfen, mehrere Gregorianische Choralmessen und weitere lateinische Gesänge finden, sogar mehr als im jetzigen Gesangbuch.

 

Das Konzil selbst war hinsichtlich der Zulassung der Volkssprache in der Messe noch erstaunlich zurückhaltend. Es bestimmte sogar  (SC 36 § 1): „Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten (...) erhalten bleiben ...”. Doch bei der Verkündigung des Wortes Gottes hat es die Volkssprache regelrecht vorgeschrieben (SC 54). Dass die Entwicklung hin zur durch­gehend volkssprachlichen Messfeier, selbst im Bereich des Kanons, nach dem Konzil so rasch vor sich ging, war eine nicht aufzuhaltende Konsequenz aus dem Prinzip der „participatio ac­tu­osa”. Papst Paul VI. hat diese Entwicklung nicht nur geduldet, sondern gefördert. Es geschah dies im Sinn einer organischen Weiterentwicklung der in der Liturgiekonstitution selbst enthaltenen Ansätze. Wenn dort etwa gesagt wird, die Muttersprache könne in allen Teilen (der Messe), „die dem Volk zukommen (in partibus, quae ad populum spectant)”, zugelassen werden (SC 54), wer will da noch Grenzen ziehen? Ist nicht auch das Hochgebet ein Teil der Messe, der wahrhaftig das Volk angeht? Schließlich soll es ja am Ende sein „Amen” dazu sagen.

Das an sich gesunde Prinzip der „tätigen Teilnahme” aller hat dann aber schnell eine Eigendynamik entwickelt, die von der zuständigen kirchlichen Autorität (vgl. SC 22) nur mehr schwer zu steuern war. Die auffälligsten Änderungen in unserer Gottesdienstpraxis sind keine Konzilsbeschlüsse. Von der Handkommunion oder vom stehenden Kommunionempfang steht nichts in der Liturgiekonstitution. Alle Welt meint, das Konzil habe vorgeschrieben, dass der Priester die Messe mit dem Gesicht zum Volk hin feiert. Wer das nicht tat, galt als „Traditio­nalist”. Von der „celebratio versus populum” steht aber keine Silbe in den Konzilsdokumenten. Dass der aufgewertete und in der Volkssprache gefeierte Wortgottesdienst vom Ambo aus zum Volk hin gefeiert wird, ist ganz im Sinn des Konzils. Aber beim eucharistischen Teil der Messe muss das nicht so sein. Da ist es nach wie vor erlaubt und bleibt auch sinnvoll, dass der Priester vor dem Altar steht und gleichsam an der Spitze der Gemeinde und mit den Gläubigen zusammen sich Gott zuwendet, den er im Gebet anspricht. Die Gebete der Messe richten sich nicht an die Gemeinde, sondern an den Vater im Himmel oder an Jesus Christus. Das Konzil sieht den Priester „in der Rolle Christi an der Spitze der Gemeinde” stehen, wenn er „im Namen des ganzen heiligen Volkes” zu Gott betet. (SC 33). Dass gleichsam über Nacht fast überall die Altäre umgedreht wurden und selbst in kleinsten Kirchen und engsten Kapellen so genannte „Volksaltäre” aufgestellt wurden, war keine Anordnung des Konzils. Eine friedliche Koexistenz beider Gebetsrichtungen, wie sie Papst Benedikt XVI. vorschwebte,36 wäre für unsere Messfrömmigkeit vielleicht gesünder.37

Die faktische Monopolisierung der ganzen Feier zur Gemeinde hin lässt viele nämlich die heilige Messe nur mehr als ein gemeinschaftliches Mahl erleben. Wer weiß noch, dass in der Messe das Kreuzesopfer Christi vergegenwärtigt wird? Das wussten unsere Eltern und Groß­eltern vor der Liturgiereform vielleicht besser als viele Katholiken 50 Jahre nach Sacrosanctum Concilium. Wenn aber die Messe einseitig als unsere Mahlfeier verstanden wird, dann fühlt man sich auch mehr oder weniger frei, sie auch nach eigenem Geschmack beziehungsweise nach den Ideen des Vorbereitungsteams oder den Erwartungen der Teilnehmenden zu gestalten. In der heißen Phase der Liturgiereform war es an der Tagesordnung, dass man die alten Gebete des Messbuchs beiseite ließ und neue Texte bastelte. Anstelle der Lesung aus der Bibel durfte es auch eine nette Geschichte aus einem modernen Schriftsteller sein, in Studentengottesdiensten viel­leicht sogar Marx anstatt Markus. In den selbstgestrickten Hochgebeten, die Ende der 60er-Jahre in Holland aufkamen und in Deutschland schnell ihre Nachbeter fanden,38 waren von einem ordentlich gebauten Eucharistiegebet oft nur mehr die Abendmahlsworte zu erkennen. Die Bemerkung des Konzils, die Riten möchten „den Glanz edler Einfachheit an sich tragen” (SC 34), wurde von manchen als Aufforderung zum Ausräumen der Kirchen missverstanden. Beim Festakt „50 Jahre Sacrosanctum Concilium” in Köln beim kürzlichen Eucharistischen Kongress wurde Weihbischof Leo Schwarz, der frühere Leiter von Misereor, der zuvor als Seelsorger in Bolivien gearbeitet hatte und nach seiner Emeritierung als Weihbischof von Trier auch wieder dorthin zurückgekehrt ist, gefragt: „Wie haben die Indios in Bolivien die Liturgiereform aufge­nommen?” Weihbischof Schwarz sagte: Die meisten tieftraurig! Die Leute mussten zusehen, wie man ihre Heiligen aus den Kirchen geschafft hat. „Como leña - wie Brennholz” hätten manche mit Tränen in den Augen gesagt.39 Mein verehrter Lehrer, Professor Balthasar Fischer, der bei der Genese der Liturgiekonstitution in Rom dabei war, notierte in seinem Konzilstagebuch: Es ist „schlimm”, wenn neuerdings Priester „ihre Dorfkirche auf den Kopf stellen, um nur ja den letzten Anforderungen der liturgischen Bewegung zu genügen”, aber keine Hausbesuche mehr machen.40

Damit sind wir bei Fehlentwicklungen angelangt, die der authentischen Erneuerung der Liturgie geschadet und die Reform bei nicht wenigen in Misskredit gebracht haben. Es gab Eigen­mächtigkeiten. Die Ehrfurcht vor dem Heiligen hat gelitten. Der Ruf nach einer Reform der Reform ist zu hören. Doch die vom Konzil gewollte und in Gang gesetzte Reform ist irreversibel. Aber wir müssen auch erkennen, dass 50 Jahre später das eigentliche Ziel der gottesdienstlichen Erneuerung noch nicht erreicht ist. Unsere Pfarreien sind keine blühenden Landschaften.41 Sind wir - dieser Frage muss man sich stellen - mit der Reform nicht zu sehr bei der Außenseite stehen geblieben? Haben wir die Liturgiekonstitution nicht zu selektiv gelesen? Sie bleibt aktuell. Papst Benedikt XVI. hat nicht ohne Grund im Jahr des Glaubens zu einer Relecture der Konzils­doku­mente eingeladen und dazu aufgefordert, in ihrem Licht ehrlich Bilanz zu ziehen.

Das Konzil hat uns gottlob eine durchgehend verständliche Liturgie gebracht. Aber Verständ­lich­keit bedeutet nicht automatisch auch ein wirkliches Verstehen dessen, was etwa in der Eucha­ristiefeier geschieht.42 Haben wir über allen berechtigten Bemühungen um das „Wie” der Feiern, um die „Gottesdienstgestaltung”, nicht allzu oft übersehen, WAS gefeiert wird. Kardinal Ratzinger sagte in seinem Trierer Vortrag: „Mir scheint, dass die meisten Probleme in der kon­kreten Ausführung der Liturgiereform damit zusammen hängen, dass der Ansatz des Konzils beim Pascha nicht genügend gegenwärtig gehalten wurde; man hat sich allzu sehr ans bloß Prak­tische gehalten und geriet damit in Gefahr, die Mitte aus dem Blick zu verlieren.”43 

Die Mitte unseres Gottesdienstes ist das Pascha-Mysterium Christi. Das ist das zweite Schlüssel­wort der Liturgiekonstitution.44 Dass das Pascha-Mysterium Christi so leicht übersehen wird, hängt wohl auch damit zusammen, dass es „Theologenjargon” ist. Den Kennern der Mysterien­theologie Odo Casels ist es zwar bestens vertraut, aber den meisten Messteilnehmern bleibt es ein unverstandenes Fremdwort. Ohne dieses zweite Schlüsselwort der Liturgiekonstitution führt die Losung „participatio actuosa” aber leicht auf Abwege. In der Mitte jedes Eucharistischen Hochgebets, wenn der Priester den Leib Christi und den Kelch erhebt, proklamiert die Gemeinde das Pascha-Mysterium: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis zu kommst in Herrlichkeit!” Das ist die Mitte. Das ist es, was wir eigentlich feiern. Unsere Erlösung durch die Lebenshingabe des Sohnes Gottes zum Heil der Welt, die „beata passio” und die „gloriosa resurrectio”. Das ist der tiefste Grund unseres Gotteslobes, dass Gott das alles durch seinen Sohn für uns getan hat und nicht aufhört, uns im Heiligen Geist seine Versöhnung, seinen Frieden und sein Heil anzubieten und zuzuwenden. Das Gabengebet der Abendmahls­messe des Gründonnerstag bringt es ins Wort: „Sooft wir die Gedächtnisfeier dieses Opfers begehen, vollzieht sich an uns das Werk der Erlösung.” (SC 2). Im Mittelpunkt der christlichen Liturgie steht das Kreuz „mit seinem ganzen Ernst: Ein banaler Optimismus, der das Leid und das Unrecht der Welt wegredet und Christentum auf Nettigkeit reduziert, hat mit der Liturgie des Kreuzes nichts zu tun. Die Erlösung hat Gott das Leiden seines Sohnes, seinen Tod, gekostet, und ihr Vollzug (ihr exercitium), das die Liturgie nach dem Konzilstext ist, kann nicht ohne die Reinigungen und Reifungen der Kreuzesnachfolge geschehen.”45 Wer das bedenkt, wird auf­hören, für „Karnevalsmessen” zu schwärmen, auch wenn dabei die aktivste Teilnahme herrschen sollte.

Es ist vieles anders gekommen, als es die Väter der Liturgiereform sich erhofft hatten. Was ist zu tun? Die „alte Liturgie” wird uns nicht weiterbringen. Wo die so genannte „Tridentinische Messe” angeboten wird, herrscht kein Massenandrang.46 Es ist ein Irrweg, nur einer bestimmten historischen Gestalt der Liturgie „Überzeitlichkeit” zu attestieren. Papst Johannes XXIII. sagte: „Die Kirche ist kein Museum der Archäologie. Sie ist der alte Dorfbrunnen, der den Menschen von heute Wasser spendet, so wie er die Menschen der vergangenen Generationen getränkt hat.”47 Die ängstliche Bewahrung des Alten ist keine Option für die Zukunft.

Genau so verkehrt ist es aber auch, einer permanenten Kreativität das Wort zu reden. Kardinal Kasper hat Recht, wenn er sagt:48 „Man kann die Liturgie (...) nicht immer wieder neu erfinden und sich nach eigenem Geschmack zusammen basteln. Ich möchte, wenn ich an einem Gottes­dienst teilnehme, nicht subjektiven Einfällen und Anmutungen des jeweiligen Zelebrierenden ausgesetzt sein. Ich empfinde das als eine Zumutung, denn ich komme ja, um die Liturgie der Kirche mitzufeiern. In der der Liturgie eigenen Objektivität drückt sich das Universale der katholischen Liturgie aus.” Man möchte hinzufügen: Nur im Respekt vor der liturgischen Ordnung kann die Eucharistiefeier als Sakrament der Einheit und der Liebe (vgl. SC 26) in der weltumspannenden einen Kirche erfahren werden. Es ist für mich nicht bedeutungslos, wenn ich weiß: An diesem Sonntag höre ich in meiner Pfarrkirche das gleiche Evangelium wie meine katholischen Mitchristen in Japan oder in Argentinien oder in Tansania.

Das Konzil hat Eigenmächtigkeiten vorbeugen wollen, als es bestimmte (SC 22 § 3): „Durchaus niemand, auch wenn er Priester wäre, darf nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzu­fügen, wegnehmen oder ändern.” Als unsere Bischöfe 1974 das sorgfältig erarbeitete Deutsche Messbuch verabschiedeten,49 bin ich nach der Sitzung in Salzburg, bei der ich Protokoll geführt habe, mit Prälat Wagner, dem Koordinator der Messbuchreform in Rom und im deutschen Sprachgebiet, im Zug nach Trier zurückgefahren. Als wir im Abteil waren, sagte er: „Jetzt haben wir ein gutes Messbuch. Aber sie werden sich doch nicht daran halten.”

 

Die jüngeren Priester halten sich wieder daran. Das ist gut so. Die Gläubigen sollen nicht ge­zwungen sein, ihr „Amen” zu den manchmal ausgefallenen Einfällen des Zelebranten sagen zu müssen. Man hat zu Recht gesagt, das großzügige Hinweggehen über liturgische Vorschriften ist eine neue Form des Klerikalismus.

Das erste Gebot einer gesunden Gottesdienstpraxis heißt deshalb, die authentische Liturgie der Kirche feiern. Glaubhaft feiern und nicht schulmeisterlich zerreden! Zwar ist der Gottesdienst für die meisten Christen die einzige Kontaktstelle zum Leben der Kirche. Das darf aber nicht dazu führen, den Gottesdienst zu einer Lehrstunde über christliches Verhalten zu verzwecken. Die Liturgie ist zwar nach einem oft zitierten Wort des Konzils „die Quelle”, aus der die Kirche all ihre Kraft schöpft (vgl. SC 10), aber nicht in einem oberflächlichen Sinn von Belehrung und Handlungsanweisung, sondern in einem tieferen Sinn, der den Blick auf das in der Liturgie vergegenwärtigte Pascha Christi lenkt. Der Kontakt mit dem Mysterium Christi ist die Energie­quelle für das Christsein im Alltag. Aus Christusbegegnung soll Christusförmigkeit wachsen. Es gilt, sensibel zu werden für die Tiefendimension der liturgischen Feiern, in denen Christus mit seinem Heilwerk real gegenwärtig ist und als der ewige Hohepriester fortfährt, unserem Heil zu dienen.

 

Zu der stärker wahrzunehmenden Tiefendimension unseres Gottesdienstes gehört die pneuma­tische Komponente. Der christliche Osten hat der Westkirche seine Geistvergessenheit vor­ge­halten. Das Konzil ist in die Schule des Ostens gegangen.

In Eichstätt, wo die ostkirchliche Liturgie und Spiritualität im Collegium Orientale eine Heim­statt hat, ist der passende Ort, daran zu erinnern. Die Bischöfe der katholischen Ostkirchen waren auf dem Konzil zahlenmäßig eine winzige Minderheit im Meer ihrer lateinischen Amtsbrüder. Aber ihr Einfluss war enorm.50 Die Intervention der orientalischen Bischöfe hat manches in Gang gebracht und vieles erleichtert. Ich darf hier nur an eine kleine, aber theologisch ungemein wichtige Ergänzung am Ende von Artikel 6 der Liturgiekonstitution erinnern. Im Text davor steht, dass die Kirche in Synergie mit und durch Christus dem Vater für das Heilswerk dankt. Die orientalischen Bischöfe haben erreicht, dass in letzter Minute vier Worte hinzugefügt wurden: „per virtutem Spiritus Sancti.”51 Die deutsche Übersetzung hat einen eigenen Satz daraus ge­macht: „All das aber geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes.” Die Liturgie ist ein geist­gewirktes Geschehen. Alle neuen Hochgebete weisen eine explizite Geist-Epiklese über die Gaben und die Mitfeiernden auf. Östlicher Einfluss steht auch im Hintergrund, wenn das Konzil die irdische Liturgie als vorausnehmende Teilnahme an der himmlischen Liturgie feiert (SC 8). Die eschatologische Dimension der Messfeier wurde verstärkt, etwa durch die aus der syrischen Tradition übernommene Gemeindeakklamation nach dem Einsetzungsbericht mit dem Ausblick auf das Kommen des Herrn in Herrlichkeit.52

 

Beim Gottesdienst sind wir nicht unter uns. Wir wurden von Gott zusammengerufen, um vor ihm zu stehen und ihm zu dienen (2. Hochgebet) und - das müsste zuerst genannt werden -, damit er uns und unserem Heil dient. Es wird heute oft über die Gottvergessenheit in unserer Gesellschaft geklagt.53 Die Liturgie müsste die Menschen vor Gott bringen und sie zu Gott hin öffnen. Das sollte schon im Eröffnungsteil der Messe geschehen. Was sein eigentliches Ziel ist, sagt die neue Grundordnung des Römischen Messbuchs in ihrem Kommentar zum liturgischen Gruß am Anfang der Messe:54 „Durch den Gruß zeigt der Priester der versammelten Gemeinschaft die Gegenwart des Herrn an.” Und die Antwort des Volkes darauf lässt das Gegenwärtigsein des Mysteriums der Kirche aufscheinen. Liturgie ist keine Vereinsversammlung. Ihr Träger ist das heilige Volk Gottes, das sich um Christus, sein Haupt, sammelt. Ich brauche nicht auszuführen, wie durch ausufernde Begrüßungen, unangebrachte Bedankungen, durch Themenansagen und Gestaltungshinweise diese Intention nicht selten verdunkelt, ja durchkreuzt wird. Die Messe hat ihr Thema. Schon an der Schwelle der Feier müssten die Versammelten die Gottespräsenz ahnen. Der Geist der Anbetung müsste die Feier durchziehen und der Sinn für das Heilige dürfte nicht durch einen nachlässigen Umgang mit Texten und Riten gemindert werden.

Die allgemeine Wiederzulassung der „alten Liturgie” sollte nach dem Willen des Gesetzgebers korrigierend auf unsere Gottesdienstpraxis wirken.55 Die beiden Ausdrucksformen des einen römischen Ritus sollen sich - so das Motu proprio „Summorum pontificum” gegenseitig befruchten. Ein Nebeneinander beider Formen wird meines Erachtens aber kein Dauerzustand sein können. Hier ist jetzt nicht der Ort, auszuloten, wie eine künftige Konvergenz aussehen könnte. Beim „usus antiquior” wäre wohl als erste Korrekturmaßnahme die Übernahme des erneuerten Wortgottesdienstes fällig.

Wichtiger aber als rituelle Korrekturmaßnahmen bleibt die spirituelle Daueraufgabe: „das christ­liche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen” (SC 1). Die beste Therapie, um dieses Ziel zu erreichen, heißt: mehr Mystagogie. Schon vor Jahren sagte Professor Balthasar Fischer in einem Vortrag: Unsere Liturgiepastoral wird „beherrscht sein müssen von der Be­mühung um die innere Aneignung des verständlich gewordenen Gottesdienstes, um das An­wachsen einer gottesdienstlichen Spiritualität.”56 Er empfahl die häufigere Predigt über Texte und Teile der Messe, nicht nur über die biblischen Lesungen. Und dann wörtlich: „So paradox es klingen mag: je innerlicher der Gottesdienst ist, um so wirkmächtiger ist er im Leben; oder sagen wir es besser, um einen pietistischen Unterton auszuschließen: je mehr aus der Außenwelt Innenwelt geworden ist.”57 Mit anderen Worten: Nicht in der äußeren Form, ob es sich um die erneuerte Liturgie oder den „usus antiquior” handelt, liegt das Heil. Es gilt in jedem Fall, durch die äußere Schale zum inneren Kern zu gelangen. Dort fließt die Quelle, aus welcher der Kirche immer neu die Kraft für ihren Dienst zuströmt und wo die Gläubigen die Energien für ihr Christ­sein im Alltag empfangen.


1       Joseph Card. Ratzinger, 40 Jahre Konstitution über die heilige Liturgie - Rückblick und Vorblick, in: Ders., Theologie und Liturgie. Die sakramentale Begründung christlicher Existenz (Gesammelte Schriften 11). Hg. von Gerhard Ludwig Müller in Verbindung mit dem Institut Papst Benedikt XVI., Regensburg: Rudolf Voderholzer, Christian Schaller, Garbriel Weiten, Freiburg-Basel-Wien 2008, S. 695-711, hier S. 695 (Erstveröffentlichung: LJ 53. 2003, S. 209-221).

2       So das Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode von 1985 (DEL 3. 5790); vgl. Editorial [Andreas Heinz], Die sichtbarste Frucht des Konzils, in: LJ 36 (1986), S. 1f.

3       1960 nahmen 46,3 % der Katholiken in Deutschland regelmäßig an der Sonntagsmesse teil; 2011 waren es nur noch 12,3 %; vgl. Michael N. Ebertz, Erosion der Gnadenanstalt? Zum Wandel der Sozialgestalt der Kirche, Frankfurt am Main 1998, S. 75; Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Katholische Kirche in Deutschland. Zahlen und Fakten 2011/2012 (Arbeitshilfen 257), Bonn 2012, S. 10.

4       Vgl. Winfried Haunerland, Gottesdienst in der Moderne. Liturgische Bewegung und das Zweite Vatikanische Konzil, in: Stephan Wahle, Helmut Hoping und Winfried Haunerland (Hg.), Römische Messe und Liturgie in der Moderne, Freiburg-Basel-Wien 2013, S. 15-39, hier S. 34-37.

5       Vgl. Ebertz, Erosion (wie Anm. 3).

6       Vgl. Andreas Wollbold, Die große Erleichterung. Warum die Liturgiereform so erfolgreich war, in: Dominus vobiscum. Glaube. Tradition. Kultur, Nr. 6 (April 2013), S. 4-18, hier S. 11.

7       Vgl. Ratzinger, 40 Jahre (wie Anm. 1), S. 695.

8       Vgl. ebda.

9       Vgl. Cuthbert Johnson, Prosper Guéranger. 1805-1875. A liutrgical theologian. An introduction to his liturgical writings and work. (StAns 89; ALit 9), Rome 1984.

10     Daran erinnert hat kürzlich Klaus Peter Dannecker, Ostern vor 100 Jahren in Maria Laach, in: Gottesdienst 47 (2013), S. 62.

11     Vgl. Johannes Wagner, Fünfzig Jahre Liturgische Bewegung, in: Alfons Kirchgässner (Hg.), Unser Gottesdienst, Freiburg-Basel-Wien 1960, S. XI.

12     Vgl. zuletzt Haunerland, Gottesdienst (wie Anm. 4), S. 28-31 mit weiterführenden Literaturhinweisen S. 28 Anm. 40.

13     Vgl. Jacques Mortiau / Raymond Loonbeek, Dom Lambert Beauduin. Visionnaire et précurseur (1873-1960). Un moine au coeur libre, Paris 2005.

14     Vgl. Balthasar Fischer, Das „Mechelner Ereignis” vom 23. September 1909, in: LJ 9 (1959), S. 203-219.

15     Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg hat in seinem Vortrag auf dem Eucharistischen Kongress in Köln auf dieses Exponat hingewiesen; vgl. Clemens Mann, Kirche ist Volk Gottes vom Leib Christi her”, in: Die Tagespost vom 13. Juni 2013, S. 7.

16     Vgl. Gunda Brüske, Romano Guardini (1885-1968), in: Benedikt Kranemann / Klaus Raschzok (Hg.), Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Deutschsprachige Liturgiewissenschaft in Einzelporträts, 2 Bde (LQF 98), S. 418-431.

17     Vgl. Rudolf Pacik, Pius Parsch (1884-1954), in: Kranemann / Raschzok (Hg.), Gottesdienst (wie Anm. 16), S. 886-900.

18     Vgl. Andreas Poschmann, Das Leipziger Oratorium. Liturgie als Mitte einer lebendigen Gemeinde (Erfurter Theologische Studien 81), Leipzig 2001.

19     Vgl. Angelus A. Häußling OSB, Odo Casel OSB (1886-1948), in: Kranemann / Raschzok (Hg.), Gottesdienst (wie Anm. 16), S. 236-241.

20     Martin Conrad, Die „Krypta-Messe” in der Abtei Maria Laach. Neue Untersuchungen zu Anfang, Gestaltungsformen und Wirkungsgeschichte, in: ALw 41 (l999), S. 1-40.

21     Vgl. Andreas Heinz, Liturgiereform vor dem Konzil. Die Bedeutung Pius XII. (1939-1958) für die gottesdienstliche Erneuerung, in: Ders., Lebendiges Erbe. Beiträge zur abendländischen Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte (PiLiS 21), Tübingen 2010, S. 281-314.

22     Vgl. Andreas Heinz, Die Feier der Sakramente in der Sprache des Volkes. Zur Ritualereform vor dem Vaticanum II., in: Trierer Theologische Zeitschrift 102 (1993), S. 258-271.

23     Vgl. Hans Bernhard Meyer SJ, Eucharistie. Geschichte, Theologie, Pastoral. Mit einem Beitrag von Irmgard Pahl (GdK 4), Regensburg 1989, S. 499f.; ebd. Anm. 22 die einschlägigen Dokumente.

24     Vgl. ebd., S. 486-497.

25     Vgl. Balthasar Fischer, Die neuen römischen Riten der Erwachsenen- und Kindertaufe (1971), in: Ders., Redemptionis mysterium. Studien zur Osterfeier und zur christlichen Initiation. Hg. von Albert Gerhards und Andreas Heinz, Paderborn u. a. 1992, S. 201-209 (Erstveröffentlichung 1971); ebd. weitere Beiträge zu dieser Thematik; Andreas Heinz, La célébration de l’incorporation dans l’église après Vatican II. Un exemple d’une nouvelle orientation à partir de la tradition, in: Tradition et renouvellement en théologie. Actes du Colloque organisé à Metz avec la collaboration de la Faculté de Théologie de Trèves (21 et 22 octobre 1988), publiés par G. Remy, Metz 1990, S. 127-145.

26     Vgl. Balthasar Fischer, Die Intentionen bei der Reform des Erwachsenen- und Kindertaufritus (1971), in: Redemptionis (wie Anm. 25), S. 210-219.

27     Vgl. Walter Kasper, Die Liturgie der Kirche, Freiburg-Basel-Wien 2010, S. 67.

28     Vgl. Jürgen Bärsch, „Von größtem Gewicht für die Liturgiefeier ist die Heilige Schrift” (SC 24). Zur Bedeutung der Bibel im Kontext des Gottesdienstes, in: LJ 53 (2003), S. 222-241; Stephan Wahle, Von der Vormesse zur Liturgie des Wortes, in: Wahle / Hoping / Haunerland, Messe (wie Anm. 4), S. 346-377.

29     Vgl. Th. A. Vismans OP, Art. Bibel und Liturgie, in: LitWo, S. 261f.

30     Interview mit Maria [sic] Kardinal Martini „Der Papst und die Bischöfe müssen umkehren”, in: Christ und Welt, Ausgabe 27/2012.

31     Vgl. Klaus Peter Dannecker, Der Ambo. Überlegungen zur Entwicklung, Gestalt und Bedeutung, in: Heiliger Dienst 65 (2011), S. 90-104; Jürgen Bärsch, Am Tisch des Gotteswortes. Zum Ort der Verkündigung des Wortes Gottes im katholischen Gottesdienst, in: Ludwig Mödl (Hg.), Jahrbuch des Vereins für christliche Kunst in München 26 (2013), S. 18-37.

32     Vgl. Wahle, Liturgie des Wortes (wie Anm. 28).

33     Vgl. Meyer, Eucharistie (wie Anm. 23), S. 336f.

34     Kurt Kardinal Koch hatte in seinem Eröffnungsreferat bei der Tagung der Römischen Görres-Gesellschaft zum Thema „Operation am lebendigen Objekt. Roms Liturgiereformen von Trient bis zum Vatikanum II” hauptsächlich den Dialog mit der Orthodoxie im Blick und hat deshalb die „Wende zur Bibel” nicht besonders hervorgehoben; vgl. Ders., Roms Liturgiereformen in ökumenischer Perspektive, in: Osservatore Romano (dt) vom 25. Januar 2013, S. 6f. und vom 25. Januar, S. 11f.

35     Vgl. H. Grundmann, Religiöse Bewegungen im Mittelalter, Darmstadt 1961, S. 12-69.

36     Vgl. Uwe Michael Lang, Papst Benedikt XVI. und die Reform der Liturgie, in: Wahle / Hoping / Haunerland, Messe (wie Anm. 4), S. 178-198, hier S. 195f. Nach der Lektüre meines Aufsatzes „Ars celebrandi. Überlegungen zur Kunst, die Liturgie der Kirche zu feiern” [Erstveröffentlichung: QuLi 83. 2002, S. 107-126; Nachdruck: A. Heinz, Lebendiges Erbe, Tübingen 2010, S. 369-385] schrieb mir der damalige Präfekt der Glaubenskongregation: „Herzlich möchte ich Ihnen auch danken für Ihren Artikel über ‘Ars celebrandi’, den ich mit großer Freude gelesen habe. In allem Wesentlichen stimme ich Ihnen zu; über Details der besten praktischen Verwirklichung wird man immer auch diskutieren können. Besonders habe ich mich gefreut, dass Sie die Tür dafür öffnen, die gleiche Richtung von Priester und Volk beim Gebet als angemessenen Weg verstehen zu lernen.” Original im Besitz des Verfassers; gedruckt in: A. H.: Aus dem Vatikan ins Kylltal. Briefe von Joseph Card. Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., in: Heimatkalender 2012 Eifelkreis Bitburg-Prüm, S. 52-55, hier S. 54.

37     Vgl. dazu etwa Reinhard Meßner, Einige Defizite in der Performence der Eucharistie, in: Wahle / Hoping / Haunerland (Hg.), Messe (wie Anm. 4), S. 305-345, bes. S. 320f.; Albert Gerhards, Liturgischer Raum und Gebetsrichtung, in: ebd., S. 221-242, bes. S. 237-242.

38     Vgl. Jürgen Bärsch, Messbuchreform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in: Wahle / Hoping / Haunerland (Hg.), Messe (wie Anm. 4), S. 143-177, bes. S. 149f. Anm. 20 und 21.

39     Das Gespräch fand im Rahmen des Festaktes „50 Jahre Sacrosanctum Concilium” am 8. Juni 2013 im Maternus-Haus in Köln statt.

40     Zit. n. Andreas Heinz, Das „Konzilstagebuch” des Liturgiewissenschaftlers Balthasar Fischer (+ 2001). Eindrücke und Gedanken eines Zeitzeugen, in: LJ 62 (2012), S. 229-259, hier S. 257; zur Person vgl. Ders., Balthasar Fischer (1912-2001), in: Kranemann / Raschzok (Hg.), Gottesdienst (wie Anm. 16), S. 330-340.

41     Vgl. Andreas Heinz, Liturgiewissenschaftliche Forschung und liturgisches Leben der Pfarreien, in: Ders., Lebendiges Erbe, Tübingen 2010, S. 315-322 (Erstveröffentlichung: Brüssel/Paris 2003).

42     Darauf hat Kardinal Ratzinger in seinem Trierer Vortrag nachdrücklich hingewiesen; vgl. Ders., 40 Jahre (wie Anm. 1), S. 706f.

43     Ebd., S. 701.

44     Vgl. Winfried Haunerland, Mysterium paschale. Schlüsselbegriff liturgietheologischer Erneuerung, in: George Augustin / Kurt Kard. Koch (Hg.), Liturgie als Mitte des christlichen Lebens, Freiburg-Basel-Wien 2012, S. 189-209; Ders., Gottesdienst (wie Anm. 4), S. 31-34 (Lit.).

45     Ratzinger, 40 Jahre (wie Anm. 1), S. 701.

46     Das wird von ihren Befürwortern selbst eingeräumt; vgl. Wollbold, Erleichterung (wie Anm. 6), S. 5f.

47     Zit. n. dem „Konzilstagebuch” von Balthasar Fischer (wie Anm. 40), S. 242 Anm. 71.

48     Zit. n. Helmut Hoping, Mein Leib für euch gegeben. Geschichte und Theologie der Eucharistie, Freiburg-Basel-Wien 2011, S. 400f.

49     Vgl. Bärsch, Messbuchreform (wie Anm. 38), S. 156f.

50     Besonders die Interventionen des melkitischen Patriarchen Maximos IV. beeindruckten; vgl. Lutfi Laham / Clemens Carl, Art. Maximos IV., in: Michael Quisinsky und Peter Walter (Hg.), Personenlexikon zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Freiburg-Basel-Wien 2012, S. 188-190 (Lit.).

51     Vgl. Emil Joseph Lengeling (Hg.), Die Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie. Lateinisch-deutscher Text mit einem Kommentar von E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster 1964, S. 18.

52     Vgl. Andreas Heinz, Anamnetische Gemeindeakklamation im Hochgebet, in: Ders. / Heinrich Rennings (Hg.), Gratias agamus. Studien zum Eucharistischen Hochgebet, Freiburg-Basel-Wien 1992, S. 129-147, bes. S. 138-140.

53     Vgl. die Beiträge des anlässlich des 50-jährigen Bestehens des „Liturgischen Jahrbuchs” am 1. und 2. März 2001 in Trier veranstalteten Kolloquiums zum Thema „Die Frage nach Gott und die Antwort der Liturgie”, in: LJ 51 (2001), S. 1-75.

54     Vgl. Grundordnung des Römischen Messbuchs. Vorabpublikation zum Deutschen Messbuch (3. Auflage). (Arbeitshilfen 215), Bonn 2007, Nr. 50 (S. 40); Andreas Heinz, Ars celebrandi (wie Anm. 36), S. 376f.

55     Zu diesem Fragenkomplex vgl. Hoping, Mein Leib (wie Anm. 48), S. 350-359, bes. S. 358f.

56     Zit. n. Andreas Heinz, Balthasar Fischer (1912-2001). Professor der Liturgiewissenschaft im Dienst der Kirche und der Erneuerung ihres Gottesdienstes, in: Trierer Theologische Zeitschrift 120 (2011), S. 129-149, hier S. 148.

57     Ebd., S. 149.