Es ist ein festes Versprechen der gesetzlichen Rentenversicherung: Wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin stirbt, bekommt der überlebende Partner eine Hinterbliebenenrente gezahlt. Diese Leistung hat ihre Wurzeln in der Einführung der Reichsversicherungsordnung 1911 und sollte von Beginn an insbesondere Frauen absichern, die im Rahmen eines traditionellen Alleinernährer-Modells nicht oder kaum erwerbstätig waren. Daher der Beiname „Witwenrente“, auch wenn sie 1986 offiziell auf Witwer ausgedehnt wurde.
So traditionell das System ist, so weit entfernt sei es von der heutigen Lebensrealität, argumentieren Experten. Im Sinne einer gleichberechtigten Partnerschaft und einer Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen verweisen sie auf das Modell des Rentensplittings. „Die Idee lautet: Wir nehmen die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften und teilen sie halb-halb zwischen den Eheleuten auf“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Jörg Althammer vom Lehrstuhl für Wirtschaftsethik und Sozialpolitik. „Das funktioniert nach dem Prinzip der Zugewinngemeinschaft.“ Möglich ist dieses Rentensplitting in Deutschland bereits seit 2002 – allerdings nur freiwillig und unter bestimmten Voraussetzungen. In der Praxis wird es kaum genutzt. „Die Frage ist jetzt, ob man die Hinterbliebenenrente durch das Rentensplitting ersetzt oder ergänzt“, so Althammer.
Ein solcher Modellwechsel hätte wahrscheinlich weitreichende Folgen. Denn für viele Frauen – vor allem aus älteren Jahrgängen – ist die Witwenrente ein entscheidender Teil ihrer Alterssicherung. „Die Befürchtung ist, dass bei einer Streichung die Altersarmut von Frauen steigt“, sagt Althammer. Definitiv sei so eine Reform nur mit langer Übergangszeit planbar, da die künftigen Betroffenen Gelegenheit haben müssen, ihre Lebensplanung daran anzupassen. Gleichzeitig stellt auch er klar: „Das aktuelle Modell passt nicht zum modernen Verständnis einer partnerschaftlichen Ehe.“ Zudem sei eine Rentenreform notwendig, um angesichts der demografischen Entwicklung die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten.