Rückblick auf den 2. Eichstätter Ordensrechtstag

Charisma – Gemeinschaft – Recht. Aktuelle Fragestellungen des Ordensrechts

Am 16. Oktober 2025 fand an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in Kooperation mit der Theologischen Fakultät Trier der 2. Eichstätter Ordensrechtstag statt. Die Veranstaltung, die vom Bistum Eichstätt großzügig unterstützt wurde, stand unter dem Leitmotiv „Charisma – Gemeinschaft – Recht“. Rund fünfzig Teilnehmende aus Ordensgemeinschaften, kirchlichen Einrichtungen, Wissenschaft und Studium kamen zusammen, um aktuelle Fragen des Ordenslebens aus kirchenrechtlicher Perspektive zu beleuchten und gemeinsam praxisnahe Lösungsansätze zu entwickeln.

Die kanonische Visitation – mehr als Kontrolle

Den Auftakt bildete der Vortrag von Prof. DDr. Noach Heckel OSB (Theologische Fakultät Trier) zum Thema „Die kanonische Visitation von Ordensgemeinschaften – Mehr als Kontrolle: Sinn, Zweck und Best Practices“. Heckel machte deutlich, dass die Visitation ein zentrales kirchenrechtliches Instrument ist, das nicht in erster Linie der Kontrolle, sondern vor allem der Begleitung und Stärkung des gemeinschaftlichen Lebens dient. In diesem Zusammenhang regte er an, die Visitation als eine Art „Dienstleistung“ im besten Sinne zu verstehen – als geistlich wie strukturell unterstützenden Prozess.

Nach einer differenzierten Darstellung der verschiedenen Formen – von der apostolischen bis zur ordenseigenen Visitation – zeigte Heckel auf, wie Gemeinschaften im Eigenrecht klare Schritte und Schwerpunkte für die Durchführung von Visitationen verankern sollten. Ausgehend von seinen eigenen Erfahrungswerten gab er Impulse, wie solche Regelungen gestaltet werden können, damit eine Visitation zu einem fruchtbaren und gemeinschaftsstärkenden Vorgang wird.

In den anschließenden Kleingruppen wurden Erfahrungen und Herausforderungen ausgetauscht, insbesondere im Blick auf Fragen der Kommunikation, des Vertrauens und der gegenseitigen Wahrnehmung zwischen Leitung und Gemeinschaft.

Gemeinschaften in Vollendung – Zukunft kirchlichen Lebens im Wandel

Am Nachmittag beleuchteten Prof. Dr. Rafael M. Rieger OFM (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) und Sr. Dr. Franziska Mitterer (Schwestern vom Heiligen Kreuz, München) unter dem Titel „Gemeinschaften in Vollendung“ kirchenrechtliche Perspektiven angesichts sinkender Mitgliederzahlen und einer zunehmenden Überalterung in den Orden. Sie zeigten auf, dass sich viele Gemeinschaften gegenwärtig in einem tiefgreifenden Wandel befinden, der sowohl rechtliche als auch geistliche Fragen aufwirft.

Im Mittelpunkt standen Themen wie die Mitwirkung von Laien in Leitung und Verwaltung, die Neugestaltung des Gemeinschaftslebens in kleineren Strukturen sowie die rechtliche und geistliche Begleitung von Hausauflösungen und Zusammenlegungen. Beide Referierenden betonten, dass das Kirchenrecht in diesen Prozessen keine bloße Verwaltungsvorschrift, sondern ein Werkzeug der Verantwortung und pastoralen Klugheit sei, das den Gemeinschaften Orientierung und Stabilität geben könne. Veränderungen im Ordensleben müssten stets auch geistlich verstanden werden – nicht als Verlust, sondern als Möglichkeit zur Erneuerung und Vertiefung des gemeinsamen Charismas.

Ein Forum für Austausch und Ermutigung

Die Tagung wurde von Sr. Roswitha Heinrich OSF, ehemalige Generaloberin der Dillinger Franziskanerinnen, moderiert. Mit großer Fachkenntnis und reicher Erfahrung verstand sie es, die verschiedenen Diskussionsstränge zusammenzuführen und die Teilnehmenden achtsam durch den Tag zu begleiten.

Der 2. Eichstätter Ordensrechtstag bot erneut ein lebendiges Forum für den Dialog zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wissenschaft, Ordensleben und kirchlicher Verwaltung. Die rund fünfzig Teilnehmenden schätzten die offene Gesprächsatmosphäre und die Möglichkeit, eigene Erfahrungen einzubringen. In der abschließenden Reflexion wurde deutlich, dass rechtliche und geistliche Fragen im Ordensleben untrennbar miteinander verbunden sind und dass die Auseinandersetzung mit dem Kirchenrecht stets auch eine Einladung zur geistlichen Erneuerung darstellt.

Mit großem Interesse und Vorfreude blicken die Veranstaltenden bereits auf den 3. Eichstätter Ordensrechtstag, der am Donnerstag, dem 29. Oktober 2026, stattfinden wird. Auch die kommende Tagung soll wieder ein Ort sein, an dem Charisma, Gemeinschaft und Recht miteinander ins Gespräch kommen und neue Impulse für ein zukunftsfähiges Ordensleben gesetzt werden.

Text & Fotos: Philipp Endres, Wissenschaftlicher Mitarbeiter