Von KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien
Ein außergewöhnliches Semester liegt hinter uns. Im März haben sich die Ereignisse überschlagen. War unsere erste Rundmail in Sachen Corona-Virus noch eine vorsichtige Reisewarnung und ein Hinweis auf Hygieneregeln, so mussten wir nur wenige Tage später verkünden, dass der Semesterstart bayernweit verschoben wird. Und es ging noch weiter: Sämtliche Präsenzveranstaltungen wurden abgesagt, Einrichtungen und Gebäude geschlossen. Ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlagerte den Arbeitsplatz nach Hause. Eine Zeit lang war beim Blick aus meinem Bürofenster in der Sommerresidenz auf den sonst stark frequentierten Hofgarten kein Mensch zu sehen. Ein ungewohntes Bild einer Universität, die eigentlich von der Begegnung lebt und geprägt ist. Stattdessen wurde „Zoom“ zu einem unserer wichtigsten Werkzeuge.
Ein großer Dank an alle
Es waren seit Beginn der Corona-Krise bis heute für uns alle belastende Monate. Im Namen der Hochschulleitung sage ich Danke: Zunächst dem eigens gebildeten Krisenstab und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, im Facility-Management, in der Bibliothek und im Rechenzentrum, die dafür Sorge getragen haben, dass wir diese schwierige Situation so gut bewältigen und den universitären Betrieb zumindest eingeschränkt aufrecht erhalten konnten. Es war schön zu erleben, wie in dieser herausfordernden Zeit alle besonders eng zusammengearbeitet haben – natürlich nur sinnbildlich (social distancing!).
Allen Professorinnen und Professoren, dem akademischen Mittelbau, den Lehrbeauftragten und den Lehrstuhlsekretariaten danke ich dafür, dass der Lehrbetrieb innerhalb kurzer Zeit auf digitale Formate umgestellt werden konnte. Dass die Qualität in der Lehre, für die wir bekannt sind, darunter nicht allzu sehr gelitten hat, dafür sorgten die Taskforce Digitale Lehre und viele Kolleginnen und Kollegen mit kreativen Ideen. Das Corona-Semester hat der KU einen Digitalisierungsschub gegeben. Bei allen Einschränkungen, die mit der Pandemie verbunden sind, ist dies ein positiver Nebeneffekt.
Den Studierenden danke ich für ihr Verständnis, wenn nicht alles gleich reibungslos geklappt hat. Im Großen und Ganzen haben wir aber positive Rückmeldungen erhalten. Allerdings bekamen wir auch den Hinweis, dass der Workload in manchen Lehrveranstaltungen zu hoch angesetzt war – die Dozentinnen und Dozenten haben es mitunter wohl etwas zu gut gemeint… Das Sommersemester diente für alle dazu, Erfahrungen bei neuen Lehrformaten zu sammeln. Wir werden versuchen es im Wintersemester noch besser zu machen, denn wir werden nur schrittweise zur Normalität zurückkehren können. Das Wintersemester wird ein hybrides Semester sein, mit einer Mischung aus virtuellen Lehrveranstaltungen und solchen in Präsenz.
Kein verlorenes Semester
Von Beginn an stand dieses besondere Semester für die KU unter der Prämisse, dass es keine verlorene Zeit sein soll. Die Studierenden sollten ihr Studium fortsetzen und gegebenenfalls auch zu Ende bringen können. Und auch für die Universität als Ganzes war das Corona-Semester kein verlorenes Semester. Im Gegenteil: Gemeinsam können wir stolz darauf sein, wie gut sich die KU in den vergangenen Monaten weiterentwickelt hat.
Im Bereich Studium und Lehre sind unsere Qualitäten abermals von externen Fachleuten anerkannt worden. Der Stifterverband und die Volkswagen-Stiftung, die jährlich den Genius-Loci-Preis für Lehrexzellenz vergeben, haben die KU mit vier weiteren Universitäten für die diesjährige Auszeichnung nominiert. Jetzt heißt es Daumen drücken – die Entscheidung über die Sieger-Universität fällt im Herbst. Und noch eine Nominierung: Beim CHE-Ranking „Hochschulmanager(in) des Jahres“ ist die KU in der Endausscheidung. Ausschlaggebend für die Nominierung waren laut CHE die allgemein positive Entwicklung der KU sowie das Krisenmanagement während der Corona-Krise.
Erfolge in der Forschung
Auch in der Forschung können wir Erfolge vorweisen. Im Rahmen der Hightech-Initiative der bayerischen Staatsregierung haben wir den Zuschlag für eine Professur im Bereich Künstliche Intelligenz erhalten (Professur für Mathematik – Reliable Machine Learning). Zusammen mit den drei neuen Stiftungsprofessuren der Stadt Ingolstadt im Bereich Angewandte Mathematik und den sieben Tenure-Track-Professuren im Bereich Digitalisierung wachsen so neue Schwerpunkte an der KU im Bereich wichtiger Zukunftsthemen.
Besonders freuen wir uns über den Zuschlag für das erste DFG-finanzierte Graduiertenkolleg. Dank der Fördersumme von 3 Millionen Euro werden wir in den kommenden Jahren 20 Doktoranden und Postdocs im Projekt „Practicing Place: Soziokulturelle Praktiken und epistemische Konfigurationen“ beschäftigen können. Glückwunsch und großen Dank an alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an der Antragstellung beteiligt waren. Dass sich die Gruppe aus Vertretern der Geographie, der Soziologie, der Sprach- und Literaturwissenschaften und der Kunstgeschichte zusammensetzt, ist ein schönes Zeichen dafür, welche Chancen in der interdisziplinären Zusammenarbeit liegen.
In den vergangenen Monaten, die in allen gesellschaftlichen Bereichen von den Folgen der Corona-Pandemie geprägt waren, konnte man erleben, welche Bedeutung der Wissenschaft in einer solchen Situation zukommt, die von großer Ungewissheit geprägt ist. Natürlich waren zunächst die Virologen und Epidemologen gefragt. Sie erklärten uns, wie sich das Virus verbreitet und welche Folgen eine Infektion hat. Doch obwohl die KU keine medizinsche Fakultät hat, sind auch unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so häufig wie nie zuvor als Experten von den Medien angefragt worden – und das quer durch alle Fakultäten und Fachbereiche. Unsere Kolleginnen und Kollegen der WFI wurden zu ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise gefragt. Sie erklärten die Gründe für Lieferengpässe im Einzelhandel, bewerteten die Corona-bedingten Änderungen der Steuerpolitik oder die Folgen der Schließung von Schulen und Kindergärten aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Vertreterinnen und Vertreter der Psychologie und der Soziologie wurden bundesweit angefragt, die sozialen Auswirken des social distancing einzuordnen. Die Politikwissenschaft wurde gefragt, wie weit die Einschränkungen von Freiheiten und Grundrechten bei der Bekämpfung der Pandemie gehen dürfen. Die Journalistik nahm die Rolle der Medien und die Qualität ihrer Berichterstattung in den Blick. Vertreter aus dem Bereich Lehrerbildung und Pädagogik gaben Tipps zur Gestaltung des Schulalltags zu Hause und suchten nach Möglichkeiten, wie Lehramtsstudierende trotz Corona-Krise praktische Erfahrungen sammeln und Lehrkräfte unterstützen können. Das Zentralinstitut für Ehe und Familie erstellte eine Broschüre mit Ratschlägen für Familien, Paare und Singles. Der programmatische Titel: „Durchhalten trotz Corona-Krise“ (das Heft wurde u.a. von der Stadt Ingolstadt nachgedruckt und an die Bürger verteilt).
Die Liste ließe sich noch fortführen – auch weil der „Donaukurier“ gemeinsam mit der KU eine Serie umsetzte, bei der Fragen von Leserinnen und Lesern in Form von Experteninterviews beantwortet wurden. Wir haben eine Auswahl von Presseberichten in einem 50-seitigen Sonder-Pressespiegel zusammengefasst, der an die universitären Gremien verschickt wurde.
Orientierung in der Krise
Die Sammlung zeigt eindrucksvoll, dass die KU mit ihrem geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächerspektrum und ihrem katholischen Proprium einen starken Beitrag dazu leistet, dass die Wissenschaft in solch einer Krisenzeit Orientierung gibt. „Die KU will einen Dienst am Gemeinwohl leisten, indem sie die Herausforderungen von Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion und Umwelt ergründet und darauf reagiert“, schreiben wir in unserem jüngst veröffentlichten Leitbild (www.ku.de/die-ku/profil/leitbild). Die KU konnte in den vergangenen Monaten beweisen, wie wir gemeinsam unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nachkommen.
Ich wünsche Ihnen allen eine erholsame vorlesungsfreie Zeit. Ich hoffe, dass Sie Gelegenheit finden, sich von den Herausforderungen des Semesters zu erholen und Kraft zu tanken für das, was uns im
Wintersemester erwartet.