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Am 30. April 2021 fand nachmittags (deutsche Zeit) der erste Online-Workshop des Netzwerks MinGLA (Minderheiten germanischer Sprachen in Lateinamerika) statt. Es wurden zwei Mehrsprachigkeitskontexte aus Lateinamerika beleuchtet, zum einen in Süd-Brasilien und zum anderen in der Dominikanischen Republik. Im Anschluss an die Vorträge konnten die Teilnehmer/-innen aus verschiedenen Ländern (Chile, Argentinien, Brasilien, USA, Deutschland, Niederlande) die Diskussion in informeller Stimmung in Breakout-Rooms weiterführen. Im Folgenden werden Eindrücke von den beiden Vorträgen zusammengefasst.
Das Deutsche im Kontakt mit dem Portugiesischen in Südbrasilien
Prof. Dr. Marcelo Jacó Krug (Universität da Fronteira Sul, Santa Catarina, Brasilien) gab in seinem Beitrag „Sprachkontakt im Westen Santa Catarinas: Grammatikalisierung in den Kontaktvarietäten des Deutschen mit dem Portugiesischen“ einen Einblick in das mehrsprachige Sprachrepertoire südbrasilianischer Sprecher/-innen deutscher Varietäten im Kontakt mit dem Portugiesischen. Deutschsprachige Übersiedler gründeten erste Ansiedlungen im östlichen Küstengebiet Santa Catarinas. Die westliche Region Santa Catarinas fungierte laut dem Vortragenden ab dem Anfang des 20. Jahrhunderts als Zwischenstation der Nachfahren im Zuge der weiteren Binnen-Migration. Die meisten Eingewanderten kamen jedoch aus den Siedlungen, die im südlichen Rio Grande do Sul gegründet worden waren. Um die 1970er Jahre verzeichnete der Westen Santa Catarinas weitere Migrationsbewegungen nach Nordbrasilien. In seinem Beitrag behandelte Krug eine Varietät des Deutschen, die lokal meistens Deitsch oder Deutsch genannt wird.
Anhand von mündlichen und schriftlichen Daten aus dem Atlas Linguístico da Fronteira Sul (Sprachatlas der südlichen Grenze) sowie einer Briefsammlung (vgl. Steffen, Altenhofen und Thun 2019) gab Krug einen Überblick über Phänomene von Sprachmischung und Sprachschöpfung. Übertragungen vom (brasilianischen) Portugiesischen ins Deutsche finden sich häufig auf lexikalischer (Bergamotten ‚Mandarinen‘, aus dem südbr. pt. bergamota oder Futtermilho ‚Futtermais‘ pt. milho ‚Mais‘) und syntaktischer Ebene („bist du gut?“ ‚geht es dir gut?‘, pt. tu estás bem?). Gleichzeitig lassen sich gemischte Muster in lokaler Sprache feststellen, wie bereits ein Brief aus dem Jahr 1893 belegt: Aqui somos todos boms (wörtlich: „hier sind wir alle gute“), wo die Antwort „aqui estamos todos bem“ (zu dt. ‚Hier geht es uns allen gut‘) zu erwarten wäre..
→ Altenhofen, Cléo Vilson, Joachim Steffen, Harald Thun (ed.). 2019. Cartas de imigrantes de fala alemã: pontes de papel dos hunsriqueanos no Brasil. São Leopoldo: Oikos.
Deutsch-jüdisches Erbe in der Dominikanischen Republik
Im zweiten Vortrag des Workshops befasste sich Maike Rocker (Doktorandin an der Pennsylvania State University) mit dem Thema „From ‚tropical Zion‘ to vacation destination: Sosúa’s German-Jewish heritage“. Im Vordergrund ihrer Präsentation stand die Einwanderung deutscher Juden während der Nazi-Verfolgung 1939 in den Ort Sosúa in der Dominikanischen Republik. Von insgesamt ca. 750 Geflüchteten haben sich jedoch nur 450 Menschen dauerhaft im Einwanderungsland angesiedelt. Die Präsentation griff auf eine Publikation zurück (Schröer/ Rocker in Erscheinung), welche eine erstmalige soziolinguistische Untersuchung zu diesem noch kaum erforschten Thema darstellt.
Die heute eher geringe Anzahl von ca. 50 Nachfahren der jüdischen Eingewanderten, die noch in Sosúa leben, lässt sich auf die weitere Migration der Gemeinschaft vorwiegend in die USA, aber auch in andere lateinamerikanische Länder (z. B. Chile und Argentinien) zurückführen. Rocker betonte, dass die Gruppe weiterhin über soziale Medien oder regelmäßige Aufenthalte in Sosúa vernetzt ist. So bewährte sich eine deutsch-englisch-spanische Mehrsprachigkeit, wobei Deutsch von Anfang an die Verkehrssprache unter den Ankömmlingen aus verschiedenen Ländern war. In der Schule und in den Synagogen nahm allerdings im Laufe der Zeit der Gebrauch des Deutschen (und des Hebräischen) zugunsten des Spanischen oder des Englischen ab. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten nach Möglichkeit Nachfahren der betreffenden Gruppe in den USA bezüglich deren sprachlicher und kultureller Zugehörigkeit interviewen, so Rocker.
Interessierte an dem Forschungsprojekt können sich gerne bei Maike Rocker per E-Mail melden.
→ Schröer, Meike & Rocker, Maike (im Erscheinen): Deutsch als Fremd- und Herkunftssprache in der Dominikanischen Republik, InfoDAF – Germanistik in Lateinamerika.