"Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren": auf dem Weg zur Wiederentdeckung des Tanzes in der christlichen Theologie

Vom 2. bis 6. März 2020 hat Dr. Riyako Hikota, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Theologie in den Transformationsprozessen der Gegenwart, an der internationalen interdisziplinären Konferenz "Dance with God or the Devil?: Interreligious and Intercultural Debates about Dance and Religion(s)" teilgenommen, die an der Augustana- Hochschule der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Neuendettelsau stattfand. Hier ist ihr Bericht.

Diese internationale interdisziplinäre Konferenz war ein höchst innovativer Versuch, der eine Wende in der christlichen Theologie signalisierte, das Verhältnis zwischen Theologie und Tanz in positiver Weise neu zu bestimmen. Der Titel der Konferenz sagt schon alles: "Tanz mit Gott oder mit dem Teufel?" In der (insbesondere westlichen) christlichen Tradition wurde Tanz lange Zeit eher als Versuchung zur Sünde denn als spiritueller Weg zu Gott behandelt, und es wurde lange Zeit eine Dichotomie zwischen Tanz und christlichem Glauben angenommen, so dass der christliche Gebrauch von Tanz bis vor kurzem sehr begrenzt war. Der Tanz ist im Vergleich zu anderen Kunstformen insofern einzigartig, als keine andere Form in ihrem Verhältnis zum Christentum eine solche Dichotomie erleiden musste. Diese Dichotomie ist eng mit einer ambivalenten Einstellung zum menschlichen Körper (insbesondere zum weiblichen Körper) und der Marginalisierung der indigenen Kultur verbunden, so dass diese neue Zusammenarbeit von Theologie und Tanz, also der Versuch, die seit langem bestehende Dichotomie zwischen Tanz und christlichem Glauben/Religion/Theologie zu überwinden, mit den so genannten postkolonialen, feministischen oder queeren Perspektiven einhergehen sollte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Zusammenarbeit von Christentum und Tanz ein weitreichendes Ziel hat, die westliche christliche Theologie zu "de-kolonialisieren".

Prof. Dr. Heike Walz, Inhaberin des Lehrstuhls für Interkulturelle Theologie, Missions- und Religionswissenschaft und derzeit Rektorin der Augustana-Hochschule, war mit der Organisation dieser einzigartigen Konferenz betraut und hat zunächst einen Überblick über die folgenden Diskussionen gegeben. Ausgehend von einer minimalen Arbeitsdefinition des Tanzes als "rhythmische Körperbewegung, meist zu Musik", hat Walz den Tanz als einen "Dritten Raum" (oder einen "Zwischenraum") vorgestellt, ein Konzept, das von dem indisch-amerikanischen postkolonialen Literaturwissenschaftler Homi Bahbha entlehnt ist und darauf hinweist, dass der Tanz in vielen Bereichen der Theologie und Religionswissenschaft einen neuen Einblick oder Ansatz bieten könnte: Tanz als Quelle von Wissen und Erkenntnis, Tanz als Begegnungspunkt in interreligiösen Dialogen, Tanz als Mittel zur Friedensstiftung usw. Diese Konferenz hat internationale Experten für Tanz in den Bereichen Religionswissenschaft, Bibelwissenschaft, Interkulturelle Theologie, Judaistik, Afrikanistik, Geschichte und Tanzwissenschaft zusammengebracht.

Die Besonderheit der Konferenz lag auch darin, dass sie diese theoretischen Überlegungen mit einigen praktischen Tanzworkshops sowie einer halbtägigen Exkursion nach Nürnberg kombiniert hat. Es gab Tanzworkshops zu argentinischem Tango, afrikanischem Tanz usw. Außerdem hatten wir während der Reise nach Nürnberg die Gelegenheit, Derwische zu treffen und ihren mystisch schwirrenden Tanz der Sufi-Tradition zu beobachten. Wir haben auch mit den Mitgliedern des interreligiösen Frauen-Tanzprojekts in Brücke-Köprü (Christlich-Islamische Begegnungen) interagiert. Diese Begegnungen haben den Teilnehmerinnen die spirituelle und emotionale Kraft des Tanzes als nonverbale Körperkunst nähergebracht.

So hat die fünftägige Konferenz den Teilnehmern eine Vielfalt an Ressourcen geboten, an denen sie weiterarbeiten können, was die Zusammenarbeit von christlicher Theologie und Tanz betrifft. Diese spannende Konferenz signalisiert einen Aufbruch und stellt sicherlich den Anfang für weitere Forschungen dar, darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der abschließenden Podiumsdiskussion einig. Ein teilnehmender Student hat gefragt: "Und wohin gehen wir von hier aus?" Um es konkret zu sagen: Wie verbreiten wir diese "gute Nachricht" effektiv weiter, dass der Tanz einen größeren Platz im Christentum haben kann? Es gibt viele mögliche Antworten und Richtungen, was spannend ist. Die Konferenz hat unter anderem deutlich gemacht, dass der Tanz zwischen Politik und Ästhetik angesiedelt ist. Mit Bezug auf die christliche Theologie können wir das Thema Tanz in der politischen Theologie oder der Theologie der Künste weiter einführen. So oder so muss die Diskussion über den Tanz mit der besonderen Aufmerksamkeit für "den Körper in der Diaspora" einhergehen. An das Ende dieses Berichts möchte ich die berühmten Worte von Pina Bausch stellen, die Prof. Dr. Walz zu Beginn der Konferenz zitiert und während dieser Konferenz immer wieder erwähnt hat: "Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren."