Über die Weltbildrevolution der Achsenzeit. Ein Kolloquium mit Jan Assmann

Am Mittwoch, den 16. Juni 2021 veranstaltete der Lehrstuhl für Theologie in Transformationsprozessen der Gegenwart gemeinsam mit dem KU Zentrum Religion, Kirche, Gesellschaft im Wandel (ZRKG) unter der Leitung von Dr. Klaus Viertbauer ein Kolloquium mit dem renommierten Ägyptologen und Kulturforscher Professor Dr. Dr. h. c. mult. Jan Assmann (Universität Heidelberg).

Ein Bericht von Dr. Klaus Viertbauer

Um zu zeigen, wie Religion das heutige Europaverständnis prägt, greift man in den letzten Jahren verstärkt auf die These der sogenannten „Weltbildrevolution der Achsenzeit“ zurück. Im Anschluss an Karl Jaspers Vom Ursprung und Ziel der Geschichte (1949) bezeichnet man die Zeitphase zwischen 800 und 200 vor Christus deshalb als „Achsenzeit“, da sich unabhängig voneinander in China, Indien, Orient und Okzident erstmals sogenannte Weltbilder herauskristallisierten.

In seiner höchst anregenden Diskussion mit etwa dreißig Studierenden, Professoren und Dozenten der KU Eichstätt-Ingolstadt ging Jan Assmann der Frage nach dem Konzept des Weltbildes nach. Dabei arbeitet Assmann den Unterschied zwischen deskriptiven und normativen Implikationen des Weltbildes heraus und erläuterte vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Forschungsdebatte in Abgrenzung zu Robert N. Bellah, Shmuel Eisenstadt oder Jürgen Habermas die Begriffe Transzendenz oder Monotheismus. Abschließend konkretisierte er seine These, gemäß der, das Aufkommen des Monotheismus stets mit einer neuen Qualität an Gewalt einhergeht, dahingehend, dass es sich um eine Gewalt nach innen und nicht – wie etwa von Samuel Huntington oder Peter Sloterdijk propagiert – gegen Anders- und Ungläubige handelt.

Professor Assmann zählt zu den renommiertesten Intellektuellen der Bundesrepublik. Seine Wirkung und weltweite Rezeption – die sich unter anderem in seinen Ehrendoktoraten der Yale University (2004) oder der Hebräischen Universität Jerusalem (2005) widerspiegelt – reicht weit über den vergleichsweise begrenzten Fachdiskurs der Ägyptologie hinaus: Auszeichnungen wie der „Thomas Mann Preis“ (2011), der „Balzan Preis“ (2017) oder der „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ (2019) bezeugen diese Einschätzung in eindrucksvoller Weise. Sein Schriftenverzeichnis umfasst über 50 Monografien und 600 Fachartikel. Seine Auseinandersetzung sowohl mit den Kulturwissenschaften wie auch der Theologie schlug sich in zahlreichen Publikationen und Tagungen nieder. Das Ehrendoktorat der Evangelisch Theologischen Fakultät Münster (1998) oder der Preis der Salzburger Hochschulwochen (2016) zeugen von der hohen Wertschätzung, die Assmann auch als Gesprächspartner der Theologie genießt. Zwischenzeitlich ist das Werk Assmanns selbst Gegenstand von einer ganzen Reihe von Qualifikationsarbeiten.