Zu Neujahr 1459 verfasst der Priester Heinrich Kötzler aus Gerolzhofen eine als ‚Epistel‘ deklarierte spirituelle Unterweisung für die Mitglieder einer geistlichen Laienbruderschaft. Sie ist uns – bislang weitgehend unbeachtet – in der spätmittelalterlichen Eckhart-Handschrift Brs1 überliefert, die auch die Predigten 101–103 des Gottesgeburtszyklus enthält. Die vorliegende Studie stellt den ‚übersehenen Autor‘ Heinrich Kötzler, seine 'Epistel' und seine vielfältigen weiteren literarischen Zeugnisse erstmals vor. Seine Schriften werden dokumentiert und auf ihren literarischen und spirituellen Gehalt sowie ihre medialen Bedingungen hin untersucht. Autor und Werk können so in die volksprachige geistliche Literatur und den historischen Diskurs des 15. Jahrhunderts eingeordnet und ihr Anteil am „Mündigkeitsprozess der deutschsprachigen Welt“ (K. Ruh) aufgezeigt werden.