Universität und Schule im Dialog rund um den Fremdsprachenunterricht vom Kindergarten bis zum Abitur

Einblicke in wegweisende pädagogische Konzepte rund um den Fremdsprachenunterricht von der Kita bis zum Abitur bot eine Tagung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, welche die Professur für Didaktik der Englischen Sprache und Literatur für Studierenden, Lehrer und Erzieher unter dem Motto „Gemeinsam Lernen neu denken - Impulse für den Fremdsprachenunterricht“ veranstaltete.

Christian Heinz (Englischlehrer und Mitglied der Schulleitung am reformorientierten, über Bayern hinaus bekannten  Albrecht-Ernst Gymnasium  Öttingen), skizzierte als einer der Referenten den modernen Fremdsprachenunterricht als einen, der die Kompetenzorientierung der Schüler in den Mittelpunkt stellt und Lernsituationen schafft, in denen Individualisierung  und Differenzierung  möglich sind. Eindrucksvoll zeigte Heinz auf, wie Neue Medien individualisierten Englischunterricht ermöglichen und welches Lernpotenzial in diesem Ansatz steckt. Auf der anderen Seite wurde aber auch demonstriert, welche Konsequenzen diese radikale Neuorientierung des Lehr- und Lernkonzepts, welches das einzelne Kind und seine Förderung in den Mittelpunkt stellt, für die Unterrichtspraxis bedeutet. Der Lernort Schule müsse vollkommen anders gestaltet werden, Lernmaterialien neu konzipiert und die Lehrerrolle hin zu einem Lernbegleiter entwickelt werden. Die Zusammenarbeit zwischen der Professur für Englischdidaktik und dieser Schule findet bereits über gemeinsame Projekte zur Entwicklung von mediengestützten Lernmaterialien statt.

Charlotte Marcks und Gesa Remmers demonstrierten im zweiten Vortrag eindrucksvoll, wie an der katholischen Kindertagesstätte Edith Stein in Wolfsburg  mit einem so genannten Immersionskonzept schon drei-bis fünfjährige Kinder der englische Spracherwerb gelingt. Im Vordergrund steht dabei das Prinzip, den Kindern den Wunsch nach Lernen zu geben. Viel wichtiger als das Wissen an sich sei der Wille und die Möglichkeit, neues Wissen zu erlangen und dieses mit schon vorhandenem Wissen zu verknüpfen. In kleinen Filmausschnitten konnten die Teilnehmer sehen und hören, in welcher Art und Weise Englisch den Tagesablauf der Einrichtung bestimmt und welche großen Erfolge mit diesem Konzept zu verzeichnen sind. Seit 2007 besteht dieses Pilotprojekt bereits, das auf eine Initiative der Carl Hahn Familienstiftung zurückgeht, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von VW, der inzwischen sein großes Interesse bekundet habe, dieses Projekt durch die Professur für Englischdidaktik an der Katholischen Universität Eichstätt wissenschaftlich begleiten zu lassen.

Ein weiteres Schwerpunktthema bildete der sogenannte Marchtaler Plan, ein pädagogisches Konzept, dass insbesondere an katholischen Privatschulen im In-und Ausland zunehmend umgesetzt wird. Die Leiterin der Maria Ward Realschule Eichstätt, Prof. Dr. Barbara Staudigl stellte die Hauptprinzipien dieses Lernansatzes vor, der in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Obermarchtal in einer katholischen Schule in der Nähe von Ulm entwickelt wurde und inzwischen an den unterschiedlichsten Schularten Verbreitung finde. Ausgehend von einem christlichen Menschenbild sollen Schüler individuell gefördert und ohne Zwang von außen zu einer selbstständigen Lernhaltung geführt werden. Auf der Basis klarer Strukturen und Regeln werde dabei jedem Kind die Chance gegeben, auf individuelle Art Wissen und Kompetenzen zu erwerben. Im zweiten Teil des Vortrags demonstrierte Frau Rosmarie Müller als Englischlehrerin mit langjähriger Erfahrung mit dem Marchtaler Planungskonzept eindrucksvoll, auf welche Art und Weise  ein Kernelement  des Ansatzes, die Freie Stillarbeit, mit  Selbstlernmaterialien realisiert wird.

Den Schlusspunkt bildete der Erfahrungsbericht von Studierenden und Schülern über ein Tandem-Projekt, das seit 2011 zwischen dem Descartes Gymnasium Neuburg und der Professur für Englischdidaktik besteht und neue Formen der fachdidaktischen Praktikumsarbeit erprobt. In diesem Projekt betreut ein Studierender als Tutor jeweils einen Schüler der Oberstufe über einen längeren Zeitraum  (mindestens ein Semester) hinweg  im sogenannten W- oder P-Seminar. Durch diese Betreuung soll ein Kompetenzgewinn auf beiden Seiten gelingen: Studierende üben sich in der Komplexität der Lehrerrolle, insbesondere der Kontroll-und Korrekturfunktion und Schüler erfahren eine individuelle fachliche Betreuung und Hinführung zu wissenschaftlichem Arbeiten. In einem Begleitseminar erfolgt die wissenschaftliche Rückkoppelung und Reflexion.