Unsere Reihe "Alumni im Interview"

Anna Michel
© Bild: privat

Heute blickt Anna Michel mit uns im Interview zurück auf ihre Studienzeit in Eichstätt.

Liebe Frau Michel, herzlichen Dank für Ihre Zeit, einen Blick zurück auf Ihr Studium zu werfen. Was waren Ihre Gründe, das BA-Studium Religionspädagogik anzufangen? Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden und warum gerade Eichstätt?

Anna Michel: Schon seit meiner Jugend war ich in der Schönstattbewegung aktiv und der katholische Glaube war fester Bestandteil meines Lebens. Mit 22 Jahren durfte ich einige Zeit Aushilfs-Sakristanin im Trierer Dom sein und das hat mein Verhältnis zur Kirche als Institution massgeblich und positiv geprägt. Mehr noch als zuvor konnte ich das menschenfreundliche und familiäre Gesicht von Kirche durch die Menschen, denen ich begegnete, wahrnehmen und es wurde mir zum Anliegen, selbst so ein Mensch zu sein, der anderen die schönen Seiten des Glaubens aufzeigen und anbieten kann. Diesen Wunsch sah ich am stärksten im Beruf der Gemeindereferentin verwirklicht und so machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Studienort. Eichstätt war dabei – ehrlich gesagt – eher eine Zufallswahl, die ich aber nicht bereut habe.

Was hat Ihnen an Ihrem Studium in Eichstätt am besten gefallen? Warum würden Sie es weiterempfehlen?

Anna Michel: Wenn ich an die Zeit in Eichstätt zurückdenke, dann denke ich vor allem an Menschen, namentlich unsere Dozierenden, denen es jeweils ein grosses Anliegen war, den Studierenden zu helfen, nicht nur fachlich, sondern vor allem auch menschlich zu reifen. Ich empfand die Fach(hoch)schule in vielerlei Hinsicht als Lebens(hoch)schule.

Auch die grundsätzlich religiöse Atmosphäre in Eichstätt mit den zahlreichen und breit gefächerten spirituellen Angeboten empfand ich als Bereicherung neben dem Studium. Bei den Mentoratsabenden und in den gemeinsamen Räumlichkeiten der theologischen und religionspädagogischen Fakultät fanden auch viele fruchtbare Begegnungen mit den Studierenden der Theologie und den Priesteramtskandidaten statt. Durch die vielen unterschiedlichen Strömungen, die in Gesprächen und Diskussionen zur Sprache kamen, wurde jeder und jede herausgefordert, den eigenen Standpunkt argumentativ zu vertreten und dabei fremde Standpunkte mitdenken zu lernen, darüber nachzudenken und im wohlwollenden Diskurs miteinander – für eine Zukunft unseres Glaubens – weiterzudenken.

Welche Themen oder Lehrveranstaltungen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Was war Ihnen besonders wichtig?

Anna Michel: In lebhafter Erinnerung habe ich – neben den alttestamentlichen Vorlesungen, die zu meinen absoluten Lieblingsvorlesungen gehörten, weil sie mir eine ganz neue, reifere, aber nicht weniger ehrfürchtige Beziehung zur Bibel ermöglichten – vor allem die Einführungsveranstaltungen zu Philosophie und Wissenschaftstheorie. Nach den ersten Vorlesungen in diesen Fächern hatte ich das Gefühl an der «Uni» angekommen zu sein und hier wirklich viel dazu lernen zu können, gerade weil mich diese Fächer zu Beginn kognitiv sehr herausgefordert, zum Teil auch für einen kurzen Moment überfordert haben. Mit Vorlesungen, die den Wissensdurst und den Lerneifer zu wenig forderten, konnte ich nicht sehr viel anfangen. Ähnlich wie bei Idealen, die als Sterne immer ein Stück unerreichbar sind, aber gerade dadurch zum Streben anspornen, sollten universitäre Vorlesungen – meinem Empfinden nach –  immer einen Funken enthalten, der sich den Studierenden nicht auf den ersten Blick erschliesst, sondern etwas Anstrengung und Eigeninitiative von ihnen verlangt.

Haben Sie einen Tipp für unsere Studienanfänger*innen im BA Religionspädagogik?

Anna Michel: Bleibt von Anfang an «dran». Schreibt Eure Vorlesungsnotizen zu Hause ins Reine und durchdenkt das Gesagte nochmal für Euch. Diskutiert miteinander und – ganz wichtig – mit den Dozierenden! Hinterfragt das Gesagte und bleibt offen für das Echte.

Wo sehen Sie die Entwicklungsmöglichkeiten für den Studiengang, um einer zeitgerechten lebendigen Kirche und Gesellschaft Impulse zu geben?

Anna Michel: Durch die breit aufgestellte Fächerlandschaft des Studiengangs hinein in Bereiche der Pädagogik, Psychologie und Theologie hat die Fakultät die Chance Gedankenweite zu provozieren und Schwarz-Weiss-Kulturen, die jede und jeder in der einen oder anderen Weise in sich trägt, zu «verbunten». Menschen zu prägen, die die Vielfarbigkeit des Glaubens in sich tragen, bejahen und fördern können und deren inneres Wachstum durch Biotope des radikalen «Hinterfragen-dürfens» zuzulassen, ist meiner Meinung nach der grösste Beitrag, den der Studiengang leisten kann, wenn er es vermeidet, selbst in eine Richtung «abzudriften» und sich nicht selbst in gewissem Mass «radikalisiert», sondern auch im Lehrkörper Menschen verschiedener Spiritualitäten und Glaubensanschauungen zulässt.

Sie haben sich für den Berufsweg der Gemeindereferentin entschieden: wann denken Sie in Ihrem Berufsalltag an Ihr Studium? Woraus können Sie besonders schöpfen? Gibt es etwas, was rückblickend in einem anderen Licht erscheint?

Anna Michel: Im Berufsalltag, wenn ich v.a. mit „Alten Hasen“ zusammenkomme, spüre ich erst die besondere Andersartigkeit des Denkens, die mir durch mein Studium geschenkt wurde. Ein Professor hat immer wieder betont, dass die Botschaft Jesu und sein Ruf zur Umkehr eigentlich „korrekter“ übersetzt heissen müsste: Denkt anders! – Während des Studiums fiel mir die Veränderung meines Denkens nicht so sehr auf, doch jetzt – zurück im kirchlichen Alltag – erlebe ich, dass mich das Studium gelehrt hat nicht alles einfach hinzunehmen, weil das „eben so ist“, sondern nicht zu ruhen, bis ich weiss, warum es so ist oder angeblich sein soll. Das ist bisweilen anstrengend für meine Kolleginnen und Kollegen, aber ich spüre, dass dieses Hinterfragen des Warum wichtig ist, um den Geist und nicht nur die Form zu tradieren.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute Ihnen.

 

Unsere Reihe "Alumni im Interview": in regelmäßigen Abstäden geben ehemalige Studierende Einblicke in ihr Berufsleben und blicken auf ihr Studium an unserer Fakultät zurück. 

Wenn Sie selbst Alumna/Alumnus unserer Fakultät sind und unsere Reihe mit Ihren Erfahrungen bereichern wollen, nehmen Sie Kontakt zu uns auf: wenden Sie sich an Dr. Dorothea Pachale (dorothea.pachale@ku.de). Wir freuen uns, von Ihnen zu hören!