Wir sind in Gedanken und Gebeten bei den Menschen in der Ukraine.

Die Ereignisse dort machen sprachlos. Sie fordern unseren Widerstand gegen jede Form von Gewalt und unseren entschiedenen Einsatz für den Frieden. Solche Solidarität richtet sich nicht gegen die Menschen in Russland. Es sind korrupte Oligarchen, die ihre eigenen Völker ausbeuten und unterdrücken, die ihre Gewalt dann auch nach außen tragen und gegen andere Völker und Länder richten. Unsere Solidarität gilt daher den Menschen in der Ukraine, aber ebenso den Menschen in Belarus und Russland, die in einen Krieg gezogen werden, der nicht der ihre ist. Sie gilt den Menschen in den Gefängnissen und Lagern beider Länder. Sie gilt allen, die in ihrem Einsatz für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einen hohen Preis zahlen. Sie gilt jetzt ganz konkret den Freunden und Kollegen aus der Ukraine und ihren Angehörigen.

Die wissenschaftliche Arbeit am Lehrstuhl gilt unter anderem dem Verständnis Europas, der Erneuerung von Demokratie, den Möglichkeiten von Versöhnung. Es geht um Dialog und um einen konstruktiven Umgang mit Konflikten in Kirche, Gesellschaft und Politik, der die verschiedenen Kulturen achtet und die persönliche Integrität jedes Menschen unbedingt respektiert. Solche Arbeit möchte einen kleinen Beitrag zur Überwindung von Gewalt leisten. Wo Waffen sprechen, scheint dies aussichtslos. Missbrauch, Übergriffigkeit und Gewalt zerstören das Vertrauen als Basis des Zusammenlebens. Der christliche Glaube schafft die Gewalt nicht aus der Welt, er ist ihr ausgesetzt. In seinem Zentrum steht die Hoffnung und das Bekenntnis, dass mitten in Ohnmacht und Gewalt die Liebe Gottes ihre Lebensmacht zeigt. Mit dem Kreuz Jesu und seiner Auferstehung verbindet sich der Glaube, dass Gottes Liebe in der Verwundbarkeit des Lebens den Tod und die Angst überwindet. Worte können solche Hoffnung nicht einholen. Indem sie im Leben bezeugt wird, kann sich etwas von ihrer Kraft zeigen und die Welt verändern. Letztlich aber bleibt die Hoffnung, dass Gottes Macht weiter reicht als alle Waffen des Todes.

Vom Schrei nach dem Frieden
ist hier die Luft ganz schwer,
Der Friede, der Friede, wo kommt denn der Friede her?

Der kommt nicht vom bloßen Fordern,
Der kommt nur, wenn wir ihn tun,
Und wenn in unseren Seelen die Mörderwaffen ruhn.

Wenn wir Gewalt verweigern, in Sprache, Not und Streit,
Wenn wir als Haltung Lieben,
Zeit unsrer Lebenszeit.


André Heller (*1947)

https://www.dfg-vk-bonn-rhein-sieg.de/index.php/gedanken-zum-frieden/friedens-gedichte/576-andre-heller-vom-schrei-nach-dem-frieden-

 

Staatstragende Schwüre die Statuen der Worte
der Frieden die Freiheit „la fraternité!“
doch plötzlich ein Stutzen ein Stolpern ein Sturz
in den Abgrund einer hohlen Phrase
in den Abgrund eines staunenden Verstehens
der Mund, weit geöffnet, zeigt die kariöse Wahrheit
hinter dem blütenweißen Lächeln
die Fäulnis der polierten Phrasen
der Frieden die Freiheit „la fraternité!“
zerfressen von der Karies des Krieges
dem Kapital.

Jacques Prévert, Le discours sur la paix; aus: Paroles, 1946, deutsche Nachdichtung von „Roterbaron“: literaturplanetonline.com/2018/03/14/antikriegsgedichte-von-jacques-prevert/