Zum Tode von Prof. Dr. Bernhard Mayer

Am 17. Oktober 2011, dem Gedenktag des Hl. Ignatius von Antiochien, verstarb Prof. Dr. Bernhard Mayer. Er war von 1972 bis 2004 Inhaber des Lehrstuhls für Neutestamentliche Wissenschaft zunächst an der Philosophisch-Theologischen Hochschule und nach Gründung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in der Theologischen Fakultät. Prof. Mayer begleitete die Entstehung und Fortentwicklung der Katholischen Universität von Anfang an mit großem Engagement und prägte auch die Theologische Fakultät. Zwei Amtszeiten (1981-1983 und 1990-1991), die erste in der Gründungsphase der Katholischen Universität, übte er das Amt des Dekans aus, arbeitete viele Jahre im Senat und im Fakultätsrat mit. Von 1986 bis 2002 war er Vorsitzender des Herausgeberausschusses der „Eichstätter Studien“, der wissenschaftlichen Schriftenreihe der Theologischen Fakultät.

Aus seinem vielfältigen wissenschaftlichen Engagement sind besonders zwei Tagungen zu nennen, die in der Fachwelt, aber aufgrund ihrer Thematik auch in einer breiten Öffentlichkeit großes Interesse fanden. 1991 führte er in Eichstätt ein Internationales Symposium zu den Schriften von Qumran durch, das sich insbesondere mit möglichen christlichen Spuren in den Qumranfunden befasste. Dabei spielte die damals gerade aktuelle Diskussion um das Fragment 7Q5 eine wichtige Rolle, das von einigen Wissenschaftlern als Abschnitt aus dem Markusevangelium angesehen wird. Prof. Mayer brachte Gegner und Befürworter dieser These zusammen.

In gleicher Weise organisierte er eine Tagung zu "Jericho und Qumran", auf der unter anderem auch Prof. Dr. Jürgen Zangenberg seine bis heute diskutierte These vertrat, Qumran sei keine religiöse Essener-Siedlung, sondern ein reines Wirtschaftszentrum gewesen. Ein wichtiges Ziel dieser Tagungen war es, Vertreter unterschiedlicher wissenschaftlicher Standpunkte zu aktuellen Themen miteinander ins Gespräch zu bringen, um durch diese Diskussionen die Qumran-Forschung voranzubringen.

Die Freude an der kontroversen wissenschaftlichen Diskussion hat sich Prof. Mayer bis zuletzt bewahrt. Im Rahmen seiner Abschiedsvorlesung im Oktober 2005 erhielt Prof. Mayer zum Dank für seinen Einsatz zugunsten der Studierenden und des wissenschaftlichen Nachwuchses und für sein Engagement in Lehre und Forschung eine Festschrift, deren Beiträge von den wissenschaftlichen Mitarbeitern und Assistenten an der Theologischen Fakultät stammten. Die Schrift wurde herausgegeben von seiner langjährigen Assistentin, Frau Dr. Maria Neubrand MC, die inzwischen Professorin an der Theologischen Fakultät in Paderborn ist.

Auch als Domkapitular mit der Zuständigkeit für das Referat Weltkirche hatte er das Wohl der Studenten im Blick, indem er vielen jungen Menschen vor allem aus Afrika und Osteuropa Studienmöglichkeiten in Eichstätt eröffnete.

Prof. Mayer erhielt viele Ehrungen. Einige seien aufgezählt: 1996 bekam er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 1998 wurde er Ehrenmitglied in der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, 2001 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Tscheljabinsk (Südural) verliehen und 2002 diejenige der kirgisisch-russischen Universität Bischkek. Von den Kollegen an der Universität wurde er sehr geschätzt wegen seiner Verlässlichkeit, seiner Loyalität und seiner klugen, ausgewogenen Urteile und Ratschläge.

In seiner Dissertation befasste sich Prof. Bernhard Mayer mit den Prädestinationsaussagen bei Paulus. Bei Paulus finden wir Trost angesichts des Abschieds von unserem Kollegen. So heißt es im Lesungstext des Todestages, des Gedenktages des Hl. Ignatius: „Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann“ (Phil 3,20f). Möge Christus Prof. Mayer Anteil geben an seinem Ostersieg und möge er ihm die Vollendung des Lebens schenken in der Herrlichkeit des Himmels!

Prof. Dr. Lothar Wehr (der Autor ist Nachfolger von Prof. Dr. Bernhard Mayer auf dem Lehrstuhl für Neutestamentliche Wissenschaft)