Eichstätter Vorleseprojekt

Der Wal, der immer mehr wollte.

Eichstätter Grundschullehramtsstudierende fördern die Lesekompetenz von Zweitklässlern

Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2021), deren Ergebnisse erst kürzlich publiziert wurden, bestätigte die Befunde des nationalen IQB-Bildungstrends 2021. Die Zahl der Grundschulkinder mit Schwächen beim Leseverständnis hat sich deutlich erhöht. 25 Prozent der Kinder in der vierten Jahrgangsstufe erreichen nicht das Mindestniveau. Damit liegt Deutschland nicht nur unter dem Durchschnitt der EU-Staaten, sondern auch der 38 OECD-Staaten. Ein Grund dafür sei, so das Fazit der IGLU-Studie, dass an deutschen Grundschulen weniger Unterrichtszeit für Leseunterricht oder Leseaktivitäten verwendet werde. Daneben spielen jedoch auch die zunehmende Heterogenität in den Klassen sowie soziale Disparitäten eine Rolle. So weisen Kinder aus sozial und ökonomisch benachteiligten Familien häufiger Defizite in der Lesekompetenz auf.

Der Motivation zum Lesen und der Förderung der Lesefähigkeit von Kindern widmet sich das Eichstätter Vorleseprojekt des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt seit 2006. Initiiert von der damaligen Mitarbeiterin des Lehrstuhls Susanne Bucher lasen Studierende des Lehramts an Grundschulen zunächst regelmäßig schwerkranken Kindern der Kinderklinik St. Elisabeth in Neuburg/Donau vor. Im weiteren Verlauf wurde das Projekt von Edgar Mayer, damals Mitarbeiter des Lehrstuhls und heute Schulleiter der Kooperationsschule des Lehrstuhls, der Grundschule Stammham, ins Kinderdorf Marienstein verlegt, bis 2014 begleitet und bis zum Wintersemester 2022/23 von engagierten Studierenden fortgeführt (Groß und Klein in der Leseecke (donaukurier.de)). Unterstützt vom Schulleiter Josef Punz und seinen Lehrkräften organisierten die Studierenden Vorlesestunden und Aktivitäten rund ums Lesen für die Kinder. Sie beschäftigten sich mit passender und altersgerechter Kinderliteratur und erwarben praktische Erfahrungen in puncto Leseförderung. Vielfältige Materialien wurden erstellt, lesepädagogische und lesedidaktische Überlegungen angestellt und mit den Kindern erprobt. Für die Studierenden aber auch die Kinder in Marienstein war das Eichstätter Vorleseprojekt stets ein sehr geschätztes Highlight.

Inzwischen schien es an der Zeit, das Eichstätter Vorleseprojekt zu überarbeiten, neue methodische Ansätze zu probieren, digitale Medien einzubeziehen und vor allem neue Studierende mit Motivation und Interesse zu gewinnen. Mit Unterstützung von Frau Prof. Dr. Klaudia Schultheis überlegten und diskutierten zunächst vier Studierende des Lehramts an Grundschulen (Franziska Mader, Jonas Nerb, Johanna Schwarzer und Julian Zdarsky), wie ein Update des Eichstätter Vorleseprojekts aussehen könnte. Die Gruppe entschied sich für einen Projekttag, bei dem das Buch „Der Wal, der immer mehr wollte“ der bekannten englischen Kinderbuchautorin Rachel Bright im Mittelpunkt stehen sollte. Die Gruppe rekrutierte weitere Studierende (Alois Schuster, Isabel Fieger, Sarah Artner und Korbinian Hubel) und erhielt die Erlaubnis, das Projekt am 29. Juni 2023 an der Grundschule Stammham durchzuführen. Begleitet vom Schulleiter Edgar Mayer, der Konrektorin Doris Neumayer und der Praktikumslehrkraft Stephanie Stark entwickelten die Studierenden für die zweiten Klassen passend zum auswählten Buch verschiedene Lernstationen, mit denen die Kinder ihr Leseverständnis verbessern und vertiefen konnten. So nahmen die Kinder ein Hörbuch zur Geschichte des Wals auf und benutzen dabei Instrumente und ihre Stimmen, um die Tiere des Buches lebendig werden zu lassen. Sie erstellten Stop-Motion-Filme mit iPads. An weiteren Stationen stellten sie pantomimisch Teile der Geschichte nach, verfassten eigene Texte und schrieben die immateriellen Dinge, die ihnen selbst wichtig sind, auf Steine und legten sie in Schatzkisten.   

Abwechslungsreich setzten sich die Zweitklässler so mit dem Buch über den Wal, den materielle Dinge nicht glücklich machten, auseinander und arbeiteten einen Vormittag lang motiviert mit den Studierenden. Die Freude war groß, als die Studierenden zum Abschluss des Projekts jeder teilnehmenden Klasse ein Exemplar des Buches für die Klassenbibliothek überreichten.

Fortgeführt wird das Projekt im Wintersemester mit der Entwicklung einer digitalen Lesewerkstatt, bei der der Einsatz digitaler Medien zur Förderung der Lesekompetenz im Vordergrund steht.