News am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur

In der Schule auf âventiure gehen – Mittelalter im Deutschunterricht

Erec, aventiure, Mittelalterliteratur und ... eine Realschule? Wie das zusammenpassen kann, zeigt das interdisziplinäre Projekt „MiDU“, das erstmals im Sommersemester 2023 durchgeführt wurde.

Bei MiDU – dem Akronym zu „Mittelalter im Deutschunterricht“ – handelt es sich um ein Lehrprojekt, das erstmals im Rahmen eines Deutschdidaktik-Seminars in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Ältere deutsche Literaturwissenschaft unter der Leitung von Dr. Christina Patz und Dr. Anna Kretzschmar-Schmid durchgeführt wurde. 

Wir – acht Lehramtsstudierende – tauchten in zwei Blockveranstaltungen zunächst in die Literatur des Mittelalters und die Grundlagen der Unterrichtsplanung ein, bevor es in Vierer-Gruppen ganz praxisorientiert weiterging: Unser Ziel war es, die Kinder der 5. Jahrgangsstufe der Maria-Ward-Realschule Eichstätt für die spannende Zeit des Mittelalters mitsamt seiner mittel­hoch­deutschen Sprache und Literatur zu begeistern. Der Fokus lag dabei auf der Vermittlung eines realistischen und historisch korrekten Mittelalterbildes und der Richtigstellung von oft romantisiert dargestellten Vorstellungen vom Mittelalter – selbstverständlich auf kindgerechte Weise. Also begannen wir mit einer kompetenzorientierten Unterrichtsplanung und dem Vorsatz, die Ältere deutsche Literatur didaktisch für die Schule aufzubereiten. Dabei sollten die Wissensstände der Kinder auch um die der damaligen Lebensverhältnisse erweitert werden.

Vielleicht stellt sich die Frage: „Wieso sollte denn das Mittelalter im Deutschunterricht einen Platz haben?“ und damit nach dem Mehrwert für die Schülerinnen. Die Kinder sollten – außerhalb des Lehrplans – in ihrer „Ritterzeit“ abgeholt werden, um das Interesse und die Begeisterung für diese Epoche zu erhalten und zu fördern, und so den Weg für eine intensivere Auseinandersetzung in den höheren Klassenstufen zu ebnen. Daher war es auch Ziel des Projekts, die Neugier auf das Mittelalter zu wecken oder zu verstärken, indem die Kinder auf selbstständige und spielerische Weise mit theoretischen und praktischen, vielseitigen mittelalterlichen Inhalten in Berührung kamen. Dabei war es uns wichtig, dass die Schülerinnen mit Freude ihr Sprachverständnis schulten, indem sie einen kleinen, altersgemäßen Einblick in die Sprachgeschichte des Deutschen erhielten und die mittelhochdeutsche Sprache auch selbst ausprobierten. Gleichzeitig stellte die Entwicklung eines ganzheitlichen Verständnisses der damaligen Zeit, vor allem der Lebensbedingungen und der Gesellschaftsstruktur, eine bedeutende Aufgabe in der Unterrichtsplanung und -umsetzung dar.

Unsere Stundenkonzepte konnten wir dann an zwei Freitagen (30.06. und 14.07.2023) praktisch in zwei fünften Klassen durchführen und erproben: Um 8 Uhr blickten wir in viele neugierige Kinderaugen und hatten direkt das Gefühl, die Kinder für unser Projekt begeistern zu können. Die Kinder waren sehr aufgeweckt und zeigten großes Interesse am Thema Mittelalter. Die anfängliche Anspannung aufgrund des hohen organisatorischen und auch zeitlichen Aufwands fiel bald von uns ab und im zweiten Durchgang betraten wir die Schule bereits mit einer gewissen Routine. Für uns von Vorteil war, dass wir durch die 14-tägige Pause die Möglichkeit hatten, unsere Stunden vom 30.06. noch einmal kritisch-konstruktiv Revue passieren zu lassen, zu reflektieren und zu optimieren, indem wir an kleinen inhaltlichen und organisatorischen Stellschrauben drehen konnten. Durch die Durchführung in zwei fünften Klassen erlebten wir auch, wie unterschiedlich bereits Stunden verlaufen, wenn es sich „nur“ um zwei Parallelklassen handelt. Das Highlight bildete das gemeinsame Öffnen der Schatztruhe, nachdem die Kinder ihr Wissen gemeinschaftlich zusammengetragen und so ein Lösungswort herausgefunden hatten, das sie direkt zum Schatz führte.

Das Feedback der Schülerinnen der Maria-Ward Realschule, die nach den beiden Projekttagen ihre "Reise ins Mittelalter" beurteilen durften, fiel – erfreulicherweise – sehr positiv aus, auch die Verantwortlichen der Schulleitung zeigten sich sichtlich angetan von diesem Projekt. "Wir freuen uns sehr über die Kooperation von Schule und Universität. Das ist nicht nur für unsere Schüler:innen eine Bereicherung, sondern natürlich auch für die Studierenden Gewinn bringend, weil sie wertvolle Erfahrungen in einem geschützten Raum sammeln können", so Monika Helmstreit, Direktorin der Maria-Ward-Realschule Eichstätt. „Diese Offenheit seitens der Schule und das damit einhergehende Vertrauen sind nicht selbstverständlich“, wie Anna Kretzschmar-Schmid betont. Denn die beiden Dozentinnen, die das interdisziplinäre Projekt organisierten, gaben uns Studierenden so viel Orientierung und Beratung wie nötig, aber zugleich so viel Freiraum wie möglich. "Die selbstständige Entwicklung und eigenverantwortliche Umsetzung der Studierendenideen stellte einen wesentlichen Baustein unseres Konzepts dar", erklärt Christina Patz. So wurde uns Studierenden das mitgegeben, was wir später auch einmal in der Schule anbahnen wollen: Partizipationsmöglichkeiten und Eigenverantwortlichkeit, die Freude an Mitgestaltung (im demokratischen und durchaus auch politischen Sinn) und Kommunikation sowie Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Zusammenfassend können wir stolz sagen, dass es ein rundum gelungenes Projekt war. Besonders überrascht hat uns das große Interesse der Schülerinnen für die mittelalterliche Sprache, nachdem manch ein Studierender der Germanistik dem Mittelhochdeutschen eher mit Unbehagen begegnet. Nicht nur die Schülerinnen wuchsen an diesem Projekt, gerade auch wir Studierenden sammelten eine Menge Erfahrung für unser zukünftiges Berufsleben als Lehr­kräfte. Besonders die Mischung aus Informationstexten und Aufgaben, dem Einsatz von digitalen Medien, Tanz, Verkleidung und Spiel, sogar kleinen Theaterinszenierungen der Schülerinnen machte das Projekt für alle Beteiligten zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Herzlichen Dank an die Maria-Ward-Realschule Eichstätt für die Möglichkeit, ein solches Projekt durchführen zu können. Selbstverständlich gilt unser Dank auch ganz besonders den Schülerinnen der Klassen 5a und 5c für ihre Offenheit und Motivation an den beiden Projekttagen. Ihr wart spitze! Nicht zuletzt danken wir auch unseren Dozentinnen, Frau Dr. Patz und Frau Dr. Kretzschmar-Schmid, für die fachlichen und didaktischen Anregungen im Vorfeld sowie für die Unterstützung vor Ort.

Sarah Artner, Katja Gasteiger, Dorothee Geitner, Alina Haupt, Ronja Hermann, Franz Mitterreiter, Marina Steidle und Lina Wittmann

Mittelalter im Deutschunterricht (MiDU): Impressionen aus dem Projekt

MiDU 2023: Die beiden fünften Klassen der Maria-Ward-Realschule Eichstätt mit dem Seminar der KU
MiDU 2023: Die beiden fünften Klassen der Maria-Ward-Realschule Eichstätt mit dem Seminar der KU
MiDU 2023: Sprache und Literatur des Mittelalters entdecken
MiDU 2023: Sprache und Literatur des Mittelalters entdecken
MiDU 2023: Den Wortschatz des Mittelalters auf dem Tablet erkunden – mit von Studierenden entwickelten Lernspielen
MiDU 2023: Den Wortschatz des Mittelalters auf dem Tablet erkunden – mit von Studierenden entwickelten Lernspielen