Die in Lüdenscheid 1993 geborene Autorin debütierte 2014 mit dem Roman Ruhrpottliebe. In den Folgejahren arbeitete sie als Psychiatriekrankenschwester im Ruhrgebiet, bis sie 2020 ein Studium des Literarischen Schreibens am Deutschen Literaturinstitut Leipzig aufnahm. Heute betreut sie suchtkranke Menschen in Lüdenscheid – und schreibt.
Die Laudatio auf Lena Schätte hielt Helmut Neundlinger vom Archiv der Zeitgenossen Krems im Rahmen der Preisverleihung im Festsaal des Allgäu Stern Hotels in Sonthofen. Dabei stieg er mit der Anfangspassage des eingereichten Textes ein: „Meine Mutter bringt uns Töchtern Dinge bei. Andere Dinge, als mit geradem Rücken am Esstisch zu sitzen, als Danke und Bitte zu sagen, andere Dinge als ihrem Sohn. Sie bringt uns bei, dass Schnaps Ärger bedeutet.“
Der Lobredner richtete das Augenmerkt auf das, was der Text nicht preisgibt: auf Ort und Zeit der Handlung wie auch Name und Alter der Protagonisten, im Grunde jegliche Form von Metainformation, die eine quasi-realistische Kulisse bieten würde. Das Reale des Textes sei dagegen „der Sog des Alkoholismus“. Der Text bezeuge, so Neundlinger, „eine Selbstauslöschung mit dramatischen Folgen für das gesamte System“: „Es ist nicht der autoritäre, der gewalttätige oder sexuell übergriffige Vater, sondern der Totalausfall, der umso schwerer wiegt, als er in nüchternem Zustand beständig ein Versprechen abgibt, das er letztlich nicht einlösen kann“.
Der Ausschnitt aus dem Roman wurde unter 552 eingereichten anonymisierten Texten von den Jurymitgliedern Hans Jürgen Balmes (S. Fischer Verlag), Heike Gfrereis (Deutsches Literaturarchiv Marbach), Sebastian Guggolz (Guggolz Verlag), Helmut Neundlinger (Archiv der Zeitgenossen Krems) und Friederike Reents (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) ausgewählt. Seit der Gründung der Deutschen Sebald Gesellschaft e.V. im Jahr 2019 vergibt diese alle zwei Jahre den mit 10.000 Euro dotierten W.-G.-Sebald-Literaturpreises. In der Vergangenheit erhielten Esther Kinsky 2020 den Preis für ihren Text Kalkstein und 2022 Kirsten Fuchs für Sneaker.
Der Namensgeber des Preises, der im Allgäu geborene deutsche Schriftsteller und Literaturwissenschaftler W. G. Sebald (1944-2001), der vor allem für seine Werke Die Ringe des Saturn (1995) und Austerlitz (2001) bekannt ist, schrieb über Menschen, die nach traumatischen Erlebnissen – oftmals hervorgerufen durch Fluchterfahrungen – versuchen, Orientierung und Struktur in ihrem Leben zurückzugewinnen. Immer wieder kritisierte der in den 1960er Jahren nach England ausgewanderte Autor in seinen Werken auch das Schweigen über den Holocaust. Für sein literarisches Schaffen als Autor erhielt er Preise, wie beispielsweise den Heinrich-Heine-Preis oder den Heinrich-Böll-Preis.