News am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft

Stören - Intervenieren - Kooperieren: Lyrik im Museum

Wie kann man Literatur ausstellbar und sichtbar machen? Was machen Texte in Ausstellungen und welche Funktion haben sie überhaupt? Und wie können sie als Störung, Intervention oder Kooperation im gewöhnlichen Museumsbetrieb neues Publikum erreichen? Im Rahmen eines Blockseminars des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur in Zusammenarbeit mit dem Jura-Museum Eichstätt versuchten Studierende der KU Antworten auf diese Fragen zu finden. Dabei hatten sie die Möglichkeit, den Prozess der Vorbereitung einer für 2024 geplanten künstlerischen Intervention durch die Lyrikerin Sabine Scho im Jura-Museum zu begleiten und selbst Ausstellungskonzepte zu entwerfen und umzusetzen.

Im Juni 2022 fand unter Leitung von Prof. Dr. Friederike Reents (Neuere deutsche Literaturwissenschaft) in Kooperation mit dem Jura-Museum Eichstätt und der Lyrikerin Sabine Scho (Berlin/Rom) das Blockseminar „Lyrik im Museum: Theorie und Praxis des Literatur Ausstellens“ in den Räumen des Museums auf der Willibaldsburg und denen der KU Eichstätt-Ingolstadt statt. Im Zuge dessen gingen die Studierenden der Frage nach, wie Formen literarischer Installationen in einem naturwissenschaftlichen Museum Platz finden und vor dem Hintergrund der naturkundlichen Exponate wirken können.

Den Einstieg bildete eine Führung durch das Jura-Museum von der Museumsleiterin PD Dr. Christina Ifrim (Bildmitte, im Gespräch mit der Lyrikerin Sabine Scho, links im Bild). Der Schwerpunkt des auf der Willibaldsburg gelegenen Naturkundemuseums liegt auf den Fossilien der Solnhofener Plattenkalke.  Am prominentesten ist wohl das dort ausgestellte Original des Urvogels Archaeopteryx, der „Mona Lisa“ (Ifrim) der Paläontologie. Einen ebensolchen Urvogel hatte die Lyrikerin Sabine Scho bereits für ihre poetische Intervention im Naturkundemuseum Berlin im Jahr 2015 bedichtet. Im Anschluss an die Führung durch die Fossiliensammlung und das neu eröffnete Riff stellte die intermedial arbeitende Dichterin verschiedene ihrer poetischen Interventionen vor, neben denen im Museum für Naturkunde in Berlin auch die im Berliner Spreepark (2022).  Dabei berichtete sie von den Herausforderungen, die das Ausstellen von Lyrik etwa in einem naturwissenschaftlichen Museum mit sich bringt – beginnend bei strukturellen Fragen aber auch solchen, die einem Nebeneinander, einer (wechselseitigen) Bezugnahme der literarischen und naturwissenschaftlichen Exponate Rechnung tragen und ausgehend davon thematisieren, inwiefern literarische Texte im Museumsbetrieb stören, intervenieren oder auch kooperieren können.

Am darauffolgenden Tag sprachen die Gastrednerinnen Prof. Dr. Christine Ott (Lehrstuhl für Deutschdidaktik, KU) sowie Prof. Dr. Heike Gfrereis (Referentin für Literatur im öffentlichen Raum am Literaturmuseum der Moderne im Deutschen Literaturarchiv in  Marbach) über ihre Erfahrungen und über die Möglichkeiten, was Texte in Ausstellungen machen, dass sie durch diese Kontextualisierung als eine Art „Aufwachraum“ wirken können. Auf Basis dessen erhielten die Studierenden die Möglichkeit, selbst Konzepte zur Ausstellung von literarischen Texten, unter anderem denen von Sabine Scho, zu entwickeln.

Die praktischen Ergebnisse des dreitägigen Seminars werden in der Paul-Celan-Ausstellung (30.06.2022) und der Stefanie-Höfler-Ausstellung (18.07.2022) in der Zentralbibliothek der KU Eichstätt sowie der literarischen Intervention im Jura-Museum 2024 zu sehen sein.

SARA BÖLKE / CORA SPÄTH