Arbeitsgemeinschaft Kirchengeschichte tagt in Eichstätt

Die Arbeitsgemeinschaft der Kirchenhistorikerinnen und Kirchenhistoriker im deutschsprachigen Raum zu Gast in Eichstätt

Wer gehört (nicht) dazu? Der Grundfrage nach Gruppenbildungen im Christentum widmete sich die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Kirchenhistorikerinnen und Kirchenhistoriker im deutschsprachigen Raum, die am 8. und 9. Mai 2023 an der KU stattfand. Durchaus vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher und innerkatholischer Grenzziehungen und Exklusionsmechanismen wurden dabei Konstruktion, Wandel und theologische Verarbeitung religiöser Grenzen diskutiert. Die Beispiele dazu boten aktuelle Forschungsprojekte sowohl der Alten als auch der Mittleren und Neuen Kirchengeschichte.

Den Anfang machte Stefan Metz (Tübingen), dessen Beitrag die Auseinandersetzung mit der römischen Schauspiel-Kultur bei Augustinus zum Thema hatte. Er konnte zeigen, dass der Bischof von Hippo in seinen Predigten einen christlichen Gegenentwurf zu den äußerlichen paganen spectacula entwickelte, der auf ein Glaubensleben durch innerliches Nachvollziehen zentraler christlicher Glaubensereignisse abzielte und damit vor allem eine gebildete christliche Hörerschaft ansprach.

Eine gänzlich andere Situation behandelte Matthias Simperl (Augsburg): Anhand der sekundären Verwendung von Texten und Dossiers des 4. Jahrhunderts ging er der Frage nach, inwiefern sich hier innerchristliche Grenzziehungen nach dem Konzil von Nizäa (325) widerspiegeln. Gezielte Zusammenstellungen von Texten wurden eingesetzt, um Grenzen auf polemische Weise zu verdeutlichen und theologische Gruppenidentitäten zu bestimmen. Die Kenntnis dieser Dossiers, die vorwiegend im Kontext kirchenrechtlicher Sammlungen überliefert sind, hilft auch, lokale kirchliche Entwicklungen, beispielsweise in Antiochia, besser zu verstehen.

Mit dem Beitrag von Christina Traxler (Wien) wurde ein wichtiges Thema für die Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit angesprochen: Das Verhältnis von römischer Zentrale und ortskirchlicher Peripherie in den Provinzial- und Diözesansynoden nach dem Konzil von Trient (1545-1563). Anhand der Salzburger Provinzialsynoden der Jahre um 1570 konnte sie aufzeigen, dass eine allzu detaillierte Absprache mit den römischen Kongregationen trotz der Förderung durch den päpstlichen Nuntius Ninguarda keineswegs zielführend war: Die Prozesse dauerten schlicht zu lang und konnten nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen geführt werden. Wäre also eine schärfere Grenzziehung zwischen Ortskirche und „Rom“ sinnvoller gewesen? Die noch bevorstehenden Archivstudien von Christina Traxler lassen noch reichlich Vergleichsmaterial für andere Diözesen erwarten.

Ganz unterschiedlichen Missionsgeschichten im Vergleich widmeten sich schließlich Jan Levin Propach und Sebastian Walser (beide München). Sie untersuchten Japan im 16. Jahrhundert sowie Togo im 19. Jahrhundert und fragten, inwiefern die Vermittlung christlicher Gottesvorstellungen in den jeweiligen Sprachen vor Ort gelingen konnte oder zwangsläufig scheitern musste. Wollten Missionare den Menschen, die sie für das Christentum zu gewinnen suchten, nicht ihre europäische Sprache aufzwingen, mussten sie zwangsläufig Kompromisse eingehen, die nicht selten unbefriedigend blieben: „Gott“ konnte zur inhaltsleeren Worthülse verkommen oder mit christentumsfremden Konnotationen versehen werden.

Die angeregten Diskussionen nach jedem Vortrag zeigten das rege Interesse der Gruppe an den Forschungsarbeiten und das Bemühen, Vorschläge zum Weiterdenken zu entwickeln. Nach den inhaltlichen Arbeiten trafen sich Professoren und (Post-)Doktorand*innen je separat, um aktuelle Entwicklungen im Fach und an den Hochschulen zu diskutieren und das nächste Treffen der Arbeitsgemeinschaft zu planen. Ein kirchenhistorischer Rundgang durch Eichstätt, gestaltet von Regina Meyer und Bernward Schmidt, schloss ein rundum gelungenes Jahrestreffen ab.