Gastvortrag: Prof. Stephan Leimgruber spricht in der KHG zur Sexualpädagogik.

Vortrag Prof. Leimgruber
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„Jugendliche lassen ihr Geschlecht nicht zu Hause. Sexualpädagogische Impulse aus christlicher Sicht für Schule und Religionsunterricht“ war der Titel des Vortrags, den der Münchner Religionspädagoge Prof. Dr. Stephan Leimgruber kürzlich in der KHG gehalten hat.

„Jugendliche lassen ihr Geschlecht nicht zu Hause. Sexualpädagogische Impulse aus christlicher Sicht für Schule und Religionsunterricht“ war der Titel des Vortrags, den der Münchner Religionspädagoge Prof. Dr. Stephan Leimgruber kürzlich in der KHG gehalten hat. Zu diesem Vortrag und einer anschließenden Podiumsdiskussion hatten Prof. Dr. Ulrich Kropač, Inhaber des Eichstätter Lehrstuhls für Religionsdidaktik, sowie das Mentorat und die Katholische Hochschulgemeinde eingeladen.

Leimgruber war erstaunt darüber, dass im vollbesetzten Saal hauptsächlich junge Leute saßen. Meist spreche er bei diesem Thema vor einem älteren Publikum. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Einstellung vieler heutiger Jugendlicher zur Sexualität mit der kirchlichen Sexualmoral schwer in Einklang zu bringen sei, schilderte Leimgruber zunächst die Geschichte des Dialogs zwischen Jugendverbänden und der Deutschen Bischofskonferenz. Nach einer 10-jährigen Stagnation sei dieser nach den Missbrauchsfällen wieder neu aufgenommen worden. Der neue Jugendkatechismus Youcat schlage teilweise neue Töne an: „Lust gilt darin als positiv“, so Leimgruber.

Nach sexualwissenschaftlichen Grundinformationen über körperliche und seelische Entwicklungen im Jugendalter zeigte er den großen Bedarf an Orientierungshilfe auf. „Die Kirche hätte hier ein riesiges Potential. Man überlässt dieses Feld aber meist ganz den anderen“, so Leimgruber. Dabei hätten Jugendliche eine sehr positive Einstellung zu Liebe, Freundschaft, Treue und Verantwortung und seien damit gar nicht so weit von christlichen Werten entfernt, wie es scheine. Sexualpädagogik versteht der Religionspädagoge daher primär im Sinne eines Beziehung-Lernens. Er trat aber auch dezidiert für eine Wertschätzung zölibatären Lebens ein. Sexualität diene im Jugendalter wesentlich zur Identitätsfindung und stelle eine Art Sprache der Liebe dar. In ihr verkörpere sich auch Lebensfreude. Leimgruber erkennt darin deshalb die Möglichkeit, Transzendenzerfahrungen zu machen, insbesondere auch bei der Erfahrung der Geburt eines Kindes.

In der Bibel sei Sexualität eine gute Gabe Gottes an den Menschen, wobei es durchaus Fehlformen gebe, die missbilligt werden. Leimgruber formulierte sieben Kompetenzen, die im Mittelpunkt seiner Sexualpädagogik stehen, u. a. Identitätskompetenz, ethische Kompetenz  sowie den kritischen Umgang mit Medien. Christliche Sexualpädagogik ruhe auf dem christlichen Menschenbild, das der Person Freiheit und Würde zuspreche. Trotz aller Selbstbestimmung sei Sexualbildung sinnvoll, diese solle aber auch Schonräume einräumen. Insbesondere sprach sich Leimgruber für eine Humanisierung der Sexualität aus. Die Auseinandersetzung mit kirchlichen Positionen müsse im Religionsunterricht stattfinden. Das Lernziel Liebe und Verantwortlichkeit sei jedoch grundsätzlich eine fächerübergreifende Aufgabe. Kinder und Jugendliche sollten ihre eigenen Gefühle ernstnehmen und artikulieren können.

Die anschließende Podiumsdiskussion moderierte Prof. Ulrich Kropač. Neben Leimgruber saßen Angelika Netter vom Referat Ehe und Familie der Diözese Eichstätt, die Sexualpädagogin und geistliche Bundesleiterin der KjG, Eva-Maria Düring aus Düsseldorf, sowie die studentische Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Hannah Lehner und der Religionspädagoge Prof. Dr. Uto Meier, der kurzfristig für den erkrankten Moraltheologen Prof. Dr. Bernhard Sill einsprang, auf dem Podium. Im Gespräch wurde auch ein Blick auf kirchliche Angebote gerichtet, insbesondere das erfolgreiche MFM-Projekt (Mädchen – Frauen – Meine Tage/Männer für Männer), das an vielen Schulen durchgeführt wird. „Die Eltern sind oft überrascht, dass die Kirche in dieser Hinsicht etwas anbietet“, so Angelika Netter. Jugendliche bräuchten Themen, an denen sie sich reiben können. „Wir sagen immer, dass kirchliche Sexualmoral einen Sinn hat und nicht gegen den Menschen ist“, so Netter. Ausgehend von zahlreichen Publikumsfragen wurden insbesondere auch die Phänomene vorehelicher und gleichgeschlechtlicher Sexualität kontrovers diskutiert. Zustimmung fand die Frage, ob die Kirche für junge Erwachsene in der Zeit zwischen Schulabgang und Eheschließung sexualpädagogische Angebote einrichten sollte.